Seit Ende Mai läuft die Fortsetzung des amerikanischen Films „Kung Fu Panda" in den chinesischen Kinos. Der erste Teil hatte im Jahre 2008 weltweit beachtliche Erfolge erzielt, auch in China. Neben einer Nominierung für den Oscar wurde „Kung Fu Panda" 2009 für einen Golden Globe vorgeschlagen. Zudem gelang es dem Animationsfilm für Jung und Alt in Deutschland, in nur 20 Tagen mehr als zwei Millionen Besucher anzuziehen und damit den „Box Office Germany Award" einzuheimsen. Weltweit spielte die Geschichte um den niedlichen Panda Po 600 Millionen US-Dollar ein, an den chinesischen Kinokassen schaffte er es auf immerhin 20 Millionen Dollar. Für einen Kinobesuch zum Kindertag 2011 bietet sich die Fortsetzung „Kung Fu Panda 2" nun förmlich an. Die Produzenten und Kinobesitzer hoffen darauf, dass der Streifen Gesamteinnahmen von 600 Millionen Yuan RMB in die Kinokassen spülen wird. Die Kinomitarbeitern Zou Jing erklärt hierzu:
„In den ersten acht Tagen hat 'Kung Fu Panda 2' bereits 300 Millionen Yuan eingespielt und ist damit der erste Zeichentrickfilm, der in China jemals die Grenze von 200 Millionen Yuan überschritten hat. Das ist bis jetzt keinem anderen Trickfilm gelungen. Aber das ist auch kein Wunder, denn die Hauptfigur des Pandabären Po ist ein echter Hit."
Doch außer einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte ranken sich auch Konflikte um den Animationsfilm. So diskutieren etwa viele chinesische Kinofans darüber, ob sie sich dafür schämen sollten, dass die erfolgreichen Kinohits der „Kung Fu Panda"-Reihe aus den USA stammen. Obwohl sich nahezu alle Kinobesucher prächtig amüsieren, drängt sich immer wieder die Frage auf: Warum wird ein Film mit so vielen chinesischen Charakteristika eigentlich im Ausland produziert? Warum gelingt es China nicht, einen vergleichbaren und international erfolgreichen Kassenschlager zu produzieren? So schreibt etwa ein Online-Kolumnist: „Wieso versuchen chinesische Künstler nicht selbst, ein solches Werk zu schaffen?"
In den Augen des Schriftstellers Han Han, der schon in jungen Jahren zu großem Ruhm gelangte, ist dies nicht etwa auf rückständige Techniken zurückzuführen. Vielmehr führe der Mangel an Kreativität und originellen Ideen dazu, dass der chinesische Trickfilm stagniere und die Chinesen sich dem westlichen Zeichentrickfilm zuwendeten. Eines der Erfolgsrezepte des westlichen Trickfilms sieht Han Han in einem Zitat aus dem Hause Disney zum Film „Mulan". Demnach sei die alles entscheidende Frage: „Wie kann man eine Zeichentrickfigur anziehender gestalten, ohne dass ein Kind hinter ihr das belehrende Gesicht eines Erwachsenen erkennt?"
Der chinesische Künstler Zhao Bandi hingegen vertritt eine völlig gegensätzliche Position. Obwohl er zugibt, die Filme niemals gesehen zu haben, rief Zhao zu einem Boykott der Kinokassen auf. In einem gemeinsamen Brief mit Professor Kong Qingdong von der Peking-Universität bezeichnete er „Kung Fu Panda" als eine „kulturelle Invasion durch die vereinigten Staaten". Eltern und Kinder sollten sich dieser „Gehirnwäsche" entziehen, so Zhao Bandi weiter. Dem Papier zufolge hätten die Filmproduzenten den Panda sowie die Kampfkunst Chinas missbraucht, um einen altmodischen Streifen zu drehen und damit Profite im chinesischen Inland einzuheimsen. Oder, wie Zhao es selbst formuliert: „Sie starren wie Tiger auf die Brieftaschen der Chinesen".
Die überwiegende Mehrheit der chinesischen Bevölkerung jedoch lehnt derartige Aussagen glücklicherweise ab.
Zhou Qiaoxin gehört zu jenen, die den Film im Kino gesehen haben.
„Ich rate jenen, die einen Boykott befürworten, dazu, den Film erst einmal anzusehen, bevor sie sich eine Meinung bilden. Obwohl der Film reich an Slapstickeinlagen ist, entspricht er doch dem Geist der Kampfkunstepen. Wenn der Boykott sich um die Frage der Einnahmen dreht, dann empfehle ich den Investoren, ihre Einnahmen an die chinesischen Erdbebengebiete zu spenden."
Der Filmkritiker Tian Jinshuang sieht die chinesischen Kampfkunstregisseure durch „Kung Fu Panda" bloßgestellt. Es sei westlichen Produzenten gelungen, die chinesische Filmindustrie auf ihrem ureigenen Gebiet, der Kultur Chinas, in den Schatten zu stellen. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass Tian den Boykott befürworten würde. Vielmehr ist er der Ansicht, dass der Film reich an Elementen der chinesischen Kampfkunst sei und viele Innovationen beinhalte. Alles andere sei in seinen Augen purer Nationalismus, so Tian. Ein Kinobesucher sieht in Zhao Bandis Boykottaufruf vor allem Eigennutz.
„Das ganze Verhalten Zhao Bandis ist reine Provokation. Er will berühmt werden und ist deswegen so radikal. Seine Ideen sind extrem engstirnig. Pandas gehören nach Sichuan, nach China, aber auch in die ganze Welt. Jeder hat doch das Recht, die Früchte des gesamten Weltkulturerbes zu genießen. Wir sollten uns damit beschäftigen, wie man den Panda schützen kann und vielleicht, wie man ihn auf verantwortliche Weise kommerziell vermarkten kann, aber nicht, wer das tut."
Und so fällt das Urteil zu „Kung Fu Panda 2" erwartungsgemäß sehr gut aus. Wang Dongwan aus der Provinz Sichuan hat den Film erst vor kurzem gesehen.
„Wem der erste Teil gefallen hat, der wird auch die Fortsetzung mögen. Po ist knuffig wie eh und je, der ganze Film ist noch humorvoller. Die Handlung wirkt straff und wird in einem angenehmen Tempo erzählt. Außerdem ist es erfreulich, dass die 3D-Technik in diesem Film ausnahmsweise sinnvoll verwendet wird. Zudem kann der zweite Teil mit vielen traditionellen chinesischen Elementen wie Kung Fu, Pandas, Nudeln, Landschaften, Schattenboxen, Tempeln, Kalligraphie oder Akupunktur und Schattenspiel aufwarten. Sogar der Geist des Zen-Buddhimus wird angesprochen. Der Zuschauer sieht Bilder der lokalen Spezialitäten wie Mapo-Tofu oder Sichuan-Nudeln, aber auch der hiesigen Sehenswürdigkeiten wie dem Qingcheng-Berg. Mir gibt das ein Gefühl der Vertrautheit."
All diesen Elementen scheint es also zu gelingen, die Lücke zwischen der amerikanischen Produktion und seinem chinesischen Publikum zu schließen. Einem westlichen Publikum hingegen kann der Film einige typisch chinesische Elemente näher bringen. Die Filmmusik hält sich weitestgehend an die Vorgaben des ersten Teils, entwickelt diese aber auf gelungene Art und Weise weiter und untermalt den Film perfekt.
Natürlich gibt es stets Bedenken, dass Fortsetzungen niemals an ihre Vorgänger heranreichen. Auch in diesem Fall lässt sich argumentieren, dass die Gags und Action-Szenen nach einem identischen Muster entworfen sind. Zudem scheinen die 3D-Effekte teilweise überflüssig, das gesamte Szenario ist ein wenig unübersichtlich. Doch im Großen und Ganzen brennt „Kung Fu Panda 2" ein Feuerwerk der guten Laune ab. Es handelt sich um eine liebevoll produzierte Fortsetzung des ersten Teils, die den Charme ihres Vorgängers nicht vermissen lässt. Der Gedanke eines Boykotts erscheint also äußerst abwegig – vor allem vor dem Hintergrund fehlender chinesischer Alternativen, die das hiesige Publikum begeistern und die ihm eigene Kultur fördern könnten.