Boya hatte von klein auf eine Vorliebe und eine Belastung für Musik. Deshalb lernte er bei Meister Wu Zither spielen.
Nach drei Jahren bemerkte der Meister, dass Boya sein Instrument recht gut beherrschte, aber seiner Musik gleichwohl noch immer etwas fehlte: Sie hatte keine Seele. Boya hatte - so schien es - beim Spielen noch keine Empfindung, die in seiner Musik hätte zum Ausdruck kommen müssen.
Eines Tages sagte Meister Wu zu Boya: "In ein paar Tagen bringe ich dich zu meinem Lehrer. Bei ihm kannst du Neues lernen. Ich habe es mit ihm schon ausgemacht, dass er dich zunächst einmal anhört und dann entscheidet, ob er dich weiterhin lehrt. Er wohnt an der Küste gegenüber der Insel Penglai."
Kurze Zeit später kamen beider dort an. "Ich hole jetzt meinen Lehrer.", sagte Meister Wu zu Boya. "Warte hier! Du kannst ja einstweilen ein wenig Zither üben."
Das tat Boya. Aber nach einer Weile hatte er genug davon. Er legte seine Zither beiseite und schaute zu der Insel Penglai hinüber.
Eine Gruppe von Bergen, deren Gipfel leicht im Dunst verschwammen, stieg aus dem Meer. Sanft fielen die Hänge in ein tiefes stilles Tal mit saftigen Wiesen und schattigen Wäldern. Doch am Ufer brachen sie steil ab in die türkisfarbene Flut. Dort gischten Wellen weißglitzernd hoch an den Felsen.
Auch an seiner eigenen Küste bemerkte Boya eine ähnlich zauberhafte Landschaft. Ein Bächlein schlängelte sich durch die Wiesen und plätscherte gerade zu seinen Füßen dahin, um sich bald darauf über einen kleinen Wasserfall ins Meer zu stürzen. Und aus einem nahen Wäldchen hörte Boya Vogelgezwitscher.
Die Schönheit der Natur überwältigte ihn. Er fühlte eine grenzenlose Freue in sich aufsteigen.
Da nahm er seine Zither wieder zur Hand und begann zu spielen. Sein Gemüt war so erfüllt von all der Schönheit, dass es überfloss. Er spielte so schön wie nie zuvor.
Inzwischen war Meister Wu leise hinter ihn getreten und hörte ihm bewegt zu. Als Boya endete, klatschte Meister Wu in die Hände und sagte fröhlich: Bravo, Boya, jetzt hast du endlich den Sinn des Spiels erfasst."
Und Boya entgegnete: "Danke, Meister. Nun weiß ich, wer Ihr Lehrmeister war und warum Sie mich hier gebracht haben."