Der Gemeindearbeiter Willi Wondraschek schwebte auf Wolke Nummero Sieben. Er kauerte in freudiger Erwartung hinter dem dichten Buschwerk einer abgelegenen Ecke des Stadtparks. Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr, dann hob er seinen russischen Armeefeldstecher an die Augen und begann, das weitläufige Gelände zu inspizieren. Nach kurzem Suchen hatte er den steingrauen Kiesweg im Blick, der sich durch die üppigen Rasenflächen zwischen Buschwerk und Blumenbeeten hindurch schlängelte. Er sah einige wenige Spaziergänger, meist Rentner, die den sonnigen Sommervormittag genossen. Er versuchte die Gesichter zu erkennen, während seine Spannung stieg.
Endlich! - Hinter einer kleinen Baumgruppe tauchte ein kleiner, rundlicher Herr in einem hellen Sommeranzug auf. Er schlenderte betont lässig den Kiesweg entlang, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Er hielt den Kopf gesenkt, als sei er tief in Gedanken versunken. Doch weil Willi Wondraschek die Gläser seines Feldstechers scharf gestellt hatte, entging ihm nicht, wie der Mann aus den Augenwinkeln die Umgebung angestrengt absuchte. "Aber, aber, Herr Vanderbylt", murmelte Wondraschek grinsend, "immer schön locker bleiben!"
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Karl Vanderbylt schlenderte missmutig den Kiesweg hinunter. In der Jackentasche trug er ein kleines Päckchen mit zwanzigtausend Euro. Es war eine Menge Geld für einen kleinen Amtsleiter, der nur einmal bei einer unzulässigen Genehmigung beide Augen zugedrückt hatte und nun dafür bluten musste. Ein Stempel und eine Unterschrift gegen einen prall gefüllten Briefumschlag - und schon saß er tief in der Tinte. Wer hatte bloß von der Angelegenheit Wind bekommen? Wer war es, der ihn erpresste? Wie auch immer: Es ging um Bestechlichkeit im Amt, und das würde ihn unweigerlich seinen Job kosten. Karl Vanderbylt sah keine andere Möglichkeit als zu zahlen.
Als er aufblickte, sah er, dass die Parkbank schon besetzt war. Ein junger Mann hatte sich dort in die Sonne gesetzt und las Zeitung, ausgerechnet neben dem Papierkorb. "So'n Mist!", fluchte Vanderbylt leise und schlenderte an der Bank vorbei.
Auch Willi Wondraschek hatte registriert, dass die Bank besetzt war. Er seufzte.
Nun gut, dann musste er eben noch ein bisschen warten. Willi war geduldig, hatte Ausdauer. Als Gemeindearbeiter hatte er mit der Zeit gelernt, auch dann die Nerven zu behalten, wenn nichts zu tun war. Er behielt die Bank im Auge. Nach einer Weile faltete der junge Mann seine Zeitung zusammen, stopfte sie in den Papierkorb, erhob sich und trabte fort.
Kaum war er außer Sichtweite, machte Amtsleiter Karl Vanderbylt auf dem Absatz kehrt. Er lief schnell zurück. Rücksichtslos schob er sich an einer jungen Dame vorbei, die ebenfalls die Bank ansteuerte und ließ sich ächzend neben dem Papierkorb nieder. Den wütenden Blick der jungen Frau übersah er geflissentlich. Er zog eine Zeitung aus der Jackentasche, entfaltete sie, hob die Augenbrauen und begann interessiert zu lesen.
So sah es jedenfalls von weitem aus. Willi Wondraschek grinste in seinem sicheren Versteck, wusste er doch, dass den Amtsleiter dort hinten auf der Parkbank ganz andere Sorgen quälten. So war es für ihn auch nicht erstaunlich, dass Karl Vanderbylt bereits nach zwei Minuten die Zeitung wieder zusammenfaltete, im Papierkorb deponierte und davoneilte. "Nun bin ich dran", murmelte der Gemeindearbeiter und verstaute den Feldstecher in seinem kleinen Rucksack, nachdem Vanderbylt aus dem Blickfeld verschwunden war. Er verließ sein Versteck und machte sich auf den Weg zur Parkbank. Doch schon von weitem musste er erkennen, dass die unerschöpfliche Geduld eines Gemeindearbeiters schon wieder gefragt war. Denn nun saß dort eine junge Frau. Sie hatte die Beine ausgestreckt und hielt ihr hübsches Gesicht in die wärmende Sonne.
Tief erleichtert stellte Wondraschek fest, dass die Frau bereits nach kurzer Zeit das Feld wieder räumte. Kaum hatte er sich endlich den Sitzplatz erobert, musterte er angespannt die Umgebung. Es war nun kein Mensch mehr in unmittelbarer Nähe zu sehen. Sein Herz begann zu klopfen. Sein Ziel lag in greifbarer Nähe! Er fasste in den Papierkorb und durchwühlte hektisch das Zeitungspapier. Da war es! Er zog ein kleines Päckchen hervor und steckte es hastig in seinen Rucksack. Gehetzt blickte er noch einmal um sich und eilte dann mit schnellen Schritten davon.
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Die junge Frau hatte es sich auf ihrem Balkon in ihrer Hängematte bequem gemacht. Sie genoss die milde Luft des Sommerabends. Sie griff nach ihrer Handtasche und zog das kleine Päckchen heraus. "Jetzt noch einen kleinen Kick", seufzte sie und staunte nicht schlecht, als die vielen Geldscheine herausflatterten.
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Als seine Frau in die Laube kam, saß Wondraschek mit geschlossenen Augen am Tisch, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Vor sich hatte er einen schneeweißen Hügel modelliert. "Was ist das für ein Pulver?" fragte sie.