Jedes Jahr, genauer gesagt vier Tage vor Ostern, am Gründonnerstag, herrschte reges Treiben im Hasenland. Alle Hasen, die hier lebten und das waren nicht wenige, versammelten sich im Tal, um beim alljährlichen Eierbemalen zu helfen, selbst die Junghasen mussten mithelfen. Es wurde Tag und Nacht gearbeitet. Am Karsamstag wurden dann alle Eier ausgeliefert, manchmal erst spät in der Nacht und der Sonntagvormittag diente dann zur allgemeinen Erholung. In diesem Jahr jedoch, lief alles anders.
Im Ferienlager der Junghasen hatten Menschen sämtliche Zelte niedergetrampelt, als diese im See gebadet hatten.
Pinky, der älteste, hatte es zuerst bemerkt. Alles war verwüstet und ihre gesamten Vorräte verschwunden.
Wütend rannte Pinky hin und her. "Das gibt es doch nicht. So eine Gemeinheit", schimpfte er laut. Er war vor Wut ganz Rot im Gesicht. "Na, wartet", schrie er und fuchtelte wild mit den Armen. "Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt. Dieses Jahr werdet ihr keine Ostereier bekommen."
"He, Pinky. Was redest du da?" , begann ein anderer. "Das geht doch überhaupt nicht. Wie willst du das denn anstellen?" Neugierig trat die Gruppe näher.
"Das ist doch furchtbar einfach." Pinky sah in die Runde. "Wir helfen doch beim Eierbemalen und dieses Mal werden wir eben nicht helfen, wir streiken!" Fest blickte er in die Gesichter, auf denen sich mehr und mehr Neugier und auch Entschlossenheit zeigte. "Genau", rief ein anderer begeistert aus. "Wir werden es ihnen zeigen. Aber wie sollen wir das anstellen?" Alle Augen richteten sich auf Pinky. "Wir werden Plakate bemalen und wenn wir morgen nach Haus kommen, werden es alle lesen können. Immerhin sind wir viel mehr Kinder, als Erwachsene", triumphierte er. Sein Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Sie brachen die Zelte ab, zumindest was davon noch übrig geblieben war und machten sich frohen Mutes auf den Heimweg.
"Sie kommen. Sie kommen!" Aufgeregt hielt der Späher im Hasenlager nach den Jungen Ausschau. Durch das große Fernrohr sah er sie kommen. Doch was war das? Er sah noch einmal hindurch. Wir Streiken! Und keine Ostereier dieses Jahr! Oh, nein, dachte er und rannte flugs ins Lager zurück.
"Die Kinder sind wieder da", rief er nach allen Seiten. "Sie kommen." Die Hasen liefen aufgeregt durcheinander. Endlich würden sie ihre Kinder wieder in die Arme schließen können. "Seht doch", rief der Späher und reichte das Fernrohr herum. "Was gibt es denn da zu sehen?", polterte Caesar los. Er war nämlich der Älteste hier und mit seinem langen, weißen Bart, wirkte er sehr respekteinflößend. Die anderen rückten respektvoll zur Seite, während er dem Späher das Fernrohr aus der Hand nahm.
"Das gibt es nicht", murmelte er. "Das kann doch nicht wahr sein?" Seine Stimme klang bei den letzten Worten gefährlich leise. Er nahm das Rohr herunter und sah sich um. Gespannt warteten sie. Niemand traute sich etwas zu sagen.
"Sie streiken. Sie wollen keine Eier bemalen." Ungläubig schüttelte er den Kopf.
"Was? Aufgeregt redeten nun alle durcheinander. Manche ruderten wild mit den Armen. "Leute", versuchte Caesar sie zu beruhigen. "Seit doch ruhig. Wir können doch nicht alle durcheinander reden." Langsam verstummten die Gespräche. "Wir müssen vor allem Ruhe bewahren und überlegen was wir tun können", begann Caesar. "Hat jemand eine Idee?" Betretenes Schweigen. "Wir könnten für die Kinder einen Jahrmarkt veranstalten", meldete sich eine Häsin. "Das müsste sie doch überzeugen, oder?"
"Ja. Klasse. Toll", jubelte die Menge und alle klatschten vor Freude in die Hände. "Also, gut", nickte Caesar. "Veranstalten wir einen Jahrmarkt, Ostersonntag."
Derweil waren die jungen Hasen näher gekommen und auch ihre Stimmen waren nun ganz deutlich zu hören. Sie hielten die Plakate fest in der Hand und riefen immer wieder: " Wir streiken! Wir streiken! Wir streiken!" Direkt vor Caesar kamen sie, angeführt von Pinky, zum Stehen.
"Kinder", begann er freudig. "Wie war es im Lager?"
"Es war das schrecklichste Zeltlager, überhaupt", schnaubte Pinky. "Jemand hat unsere Zelte zertrampelt und unser Essen gestohlen und deswegen wollen wir das die Menschenkinder keine Ostereier bekommen, dieses Jahr."
"Ja. Ja", nickten die Junghasen zustimmend. "So, so." Caesar schaute ihn eindringlich an. "Woher wisst ihr denn, dass es Menschen waren?" Betreten blickte Pinky zu Boden. Der Alte hatte Recht. Sie konnten es nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Schließlich hatte keiner von ihnen etwas gesehen. "Und selbst wenn es so gewesen ist", fuhr Caesar leise fort. "Ihr seid auch nicht immer brav gewesen und trotzdem habt ihr Geschenke bekommen." Die jungen Hasen wagten nicht einander anzusehen, so sehr schämten sie sich.
"Und was nun?", fragte Pinky verlegen. "Wollt ihr uns beim Eierbemalen nun helfen, oder nicht? Wir haben auch eine Überraschung für euch." Fragend sah Caesar ihn an. "Natürlich, helfen wir" gab Pinky kleinlaut zur Antwort." Caesar wandte sich nun an alle. "Am Ostersonntag veranstalten wir einen Jahrmarkt. Mit Karussellfahren und Zuckerwatte. Alle Hasenkinder sind eingeladen."
So endete der Hasenstreik und Pinky hatte eines gelernt; wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen.