Wir schreiben das Jahr 4099. Auf dem Planeten Storinal, dessen Oberfläche Großteils von Wasser bedeckt ist und dessen einzige Landmassen aus zwei Kontinenten und großen Inseln besteht, tobt ein schrecklicher Krieg. Noch kann sich das Kaiserreich gegen die Expansionsabsichten der Allianz verteidigen, doch wie lange wird es seiner Marine noch gelingen, die Angriffe zurück zu schlagen?
Die zwei Sonnen standen hoch am Himmel und schickten ihre Strahlen hinab zu den blauten Fluten des Ozeans. Das Wasser glitzerte unter ihren Berührungen als bestünde es aus Tausenden Edelsteinen und lenkte mit diesem Anblick von der sengenden Hitze ab.
Der schnittige Bug des Torpedozerstörers durchbrach die Seen und teilte die Fläche als Diamanten mit seinen präzisen Linien, so dass sein Schatten ihre wahre Gestalt offenbarte. Stolz prangte die Bezeichnung IKS vor dem Namen und die Flagge des Kaiserreiches hing, wenn auch recht schlapp, von der Spitze des Mastes. Die beiden Buggeschütztürme streckten ihre langen Läufe vor dem Brückenturm in die Luft und vereitelten mit ihrem Anstrich, dass sie es dem Wasser gleichtaten und ein verräterisches Glitzern verursachten.
Hinter dem Turm drehte sich die Vierlings-Flak auf dem Aufbau, während die Geschützbedienung verzweifelt versuchten, eine Stellung zu finden, in der die Sonnen nicht ganz so grell durch das durchsichtige Geschützdach schimmerten. Dahinter prangten das Quartett aus Vierlingsrohrsätzen für die Torpedos, zwei auf jeder Seite, und trotz der Hitze arbeiteten ein paar Crewmitglieder daran, einen der Torpedos zu kontrollieren. Anders die Freiwächter, die es sich im Schatten der beiden Heckgeschütze gemütlich gemacht hatten, wobei hin und wieder ein harmloses Gerangel darüber ausbrach, wer wo sitzen oder liegen durfte. Doch dank der Hitze fehlte es jedem an der Lust, selbst gröbste Beleidigungen, sofern jemand genug Energie aufbrachte solche auszustoßen, in eine handgreifliche Auseinandersetzung ausarten zu lassen.
Korvettenkapitän William Hoffmann stand neben dem Rudergänger auf der Brücke und ließ seinen Blick über den Bug des Schiffes und die See davor gleiten.
Die Temperatur hier am südlichsten Rand des Hoheitsgebietes von Jao waren immer schon recht hoch gewesen. Doch scheinbar hatte das Wetter nun entschieden, auch seinen Teil am Krieg beizutragen und während dieses Jahr im Norden über den Inseln Jaos und dem Kontinent, den die Allianz ihr eigen nannte, immer wieder Eisberge den Schiffen das Leben schwer machten, waren die Temperaturen hier unten hoch genug geklettert um auch dem Wasser eine angenehme Temperatur zu geben.
"Welcher Kurs liegt an?" wollte William wissen und versuchte dabei nicht einmal, seine eigene Schwäche zu überspielen. "Eins-Sechs-Null" meldete der Steuermann und ließ seine Hände dabei über den hölzernen Rand des Steuerrads wandern. "Drehen sie auf Eins-Sechs-Fünf!" befahl der Kommandant und trat dann nach hinten zum Kartentisch. Die Navigatorin, Leutnant Emily Chang, machte bereitwillig Platz, während sie noch den neuen Kurs auf der Karte verzeichnete. "Wie lange noch, bis wir kehrtmachen können?" wollte Hoffmann wissen und die Offizierin schloss kurz die Augen. Stumm murmelte sie ein paar Berechnungen, dann blickte sie den Kapitän an und erwiderte: "Bei gleich bleibender Geschwindigkeit heute Nacht. Ungefähr um Zweiundzwanzig Uhr sollten wir den Rand unseres Patrouillengebietes erreichen und kehrt machen Sir." "Danke Leutnant" bestätigte William, bevor er sich zu dem Schott begab, hinter dem die Treppe lag: "Sagen sie ihrer Ablösung sie soll mich um Neun holen!" Dann verließ er die Brücke und ließ die Anwesenden wieder alleine. Vor allem dem derzeitigen Wachoffizier schien dies zu behagen, hatte er nun schließlich nicht mehr das Gefühl, dass ihm der Kommandant über die Schulter blickte. Doch auch ohne den zusätzlichen Angstschweiß klebte sein Uniformhemd immer noch an seinem Rücken und auch das Barometer zeugte davon, dass es nicht kühler geworden war.
***
Das nervtötende Piepen der Bordsprechanlage riss William aus seinem Dösen und sofort richtete sich der Korvettenkapitän auf und griff nach dem Gerät.
"Kapitän, hier Brücke, dringender Funkspruch Sir" kam die kurze Mitteilung des Wachoffiziers und unterband jeglichen Ärger des Kommandanten darüber, viel zu früh geweckt worden zu sein. Denn der Zeiger der Uhr an der Wand seiner Kajüte zeigte erst kurz nach Acht. "Ich bin sofort da!" versicherte William und unterbrach die Verbindung.
Wenig später stand er in voller Uniform auf der Brücke und ließ sich über die Lage informieren. "Der Kreuzer SCHWERT DER KAISERIN hat ein U-Boot der Allianz in Sektor Vier-G gestellt und mit einem Begleitzerstörer die Verfolgung aufgenommen. Sie sind zuversichtlich, es zu stellen und zum Auftauchen zu zwingen oder zu versenken" meldete der Wachoffizier: "Dieses U-Boot sollte sich mit einem Kriegsschiff der Allianz treffen und durch den angeschlagenen Kurs konnte eine ungefähre Position ausgemacht werden. Wir haben nun, zusammen mit den Zerstörern FALKE und GAZELLE den Auftrag erhalten das Schiff zu suchen und es aufzuhalten bis wir den Verband um das Schlachtschiff EHRE heranführen können." "Wenn einer unserer größeren Brocken angefordert wird, dann muss es sich entweder um ein wichtiges oder ein verdammt kampfstarkes Schiff handeln" stellte Hoffmann leise für sich fest und wandte sich dann lauter an die Navigatorin: "Suchkurs berechnen für alle Maschinen auf Dreiviertel Kraft!" Die Angesprochene bestätigte und machte sich sofort an die Arbeit. Unterdessen wandte sich William an den
Wachoffizier: "Ich gehe wieder in meine Kajüte. Verdoppeln sie den Ausguck und die Schichten am Horchgerät! Wenn da draußen ein Schiff der Allianz herumschippert, dann will ich es finden!" "Jawohl Sir" kam auch sogleich die Bestätigung und wenig später verließ William erneut die Brücke. Ein wenig wollte der Korvettenkapitän noch schlafen um dann, wenn es wirklich soweit war, in Bestform zu sein.
***
Die Frau am Horchgerät hatte den Kopf schräg gelegt und ihre Augen blickten leer an die Wand des Raumes, der die empfindlichen Geräte enthielt. William musterte die Unteroffizierin noch einen Augenblick, dann wandte er sich um und schritt den Gang entlang nach vorne, zum Bugmagazin. Zwar hatte er das Schiff noch nicht in Gefechtsbereitschaft versetzen lassen, doch es tummelten sich bereits deutlich mehr Mannschaftsmitglieder in den Gängen als üblich.
Kurz musste der Kommandant über die nicht zu unterbindende Verbreitung neuer Informationen durch die Schiffseigene Gerüchteküche schmunzeln, dann trat er durch das nächste Schott und wurde wieder ernst, als er das Magazin erreicht hatte. Die derzeitige Schicht war mitten in einer unplanmäßigen Überprüfung der Munitionsvorräte und Aufzüge, die den gefräßigen Mäulern der Geschütze neue Granaten zuführen würden. Normalerweise hätte der Korvettenkapitän geargwöhnt, dass sich der Schichtleiter ein Lob verdingen wollte, doch Angesichts eines vielleicht schon bald statt findenden Kampfes mit einem noch unbekannten Schiff, lag die Vermutung näher, dass der Magazinführer diese kleine Überprüfung ganz von selbst angeleiert hatte. Oder der Artillerieoffizier hatte ihm auf die Finger geklopft. Wie auch immer, es schien hier alles bereit zu sein, wenn die Alarmsirenen allen verkündeten, dass das Schiff klar zum Gefecht gemacht werden sollte. Also bedachte Hoffmann den Magazinführer mit einem zufriedenen Nicken und stieg dann hinauf zum Oberdeck.
Nachdem der Kommandant einen prüfenden Blick auf die Torpedorohre geworfen hatte, enterte er persönlich zum freien Deck oberhalb der Brücke auf. Hier drängte sich nun die doppelte Anzahl an Männern und Frauen an der Reling und suchte mit ihren Gläsern die Kimm ab. Einen Augenblick lang begnügte sich William damit, einem jüngeren Mannschaftsmitglied über die Schulter zu blicken. Als dieses sichtlich nervös wurde, klopfte ihm der Korvettenkapitän aufmunternd auf eben jene Schulter und stieg dann hinab zur Brücke.
Als wäre es kein Zufall sondern perfektes Timing knackte genau in dem Moment, als Hoffmann die Brücke betrat der Lautsprecher der Bordsprechanlage und die Stimme des Ausguckes im Mastkorb war zu hören: "Rauchfahne Zwanzig Grad Steuerbord." "Ruder fünf Grad nach Steuerbord!" befahl William, bevor er sich zum Brückenmaat umwandte: "Alarmieren sie das Horchgerät, auch wenn der Kontakt noch zu weit weg ist! Und dann fragen sie nach, ob erkannt wurde, wohin er dreht!" Das verhältnismäßige leise und sicherlich lang erlernte Flüstern des Maates ignorierend, griff der Kommandant zu seinem Fernglas und versuchte den Kontakt ebenfalls zu entdecken. Natürlich lag die Brücke tiefer als der Ausguck, doch nach kurzem Suchen hatte er ihn und zufrieden brummte er zum Wachoffizier hinüber: "Ja, das ist eindeutig keiner von uns. Ansonsten hätte man uns sicherlich informiert." "Ziel ungefähr bei Kurs Eins-Acht-Null" meldete der Brückenmaat nun: "Horchgerät meldet Kontakt erfasst, aber nur schwach." "Sollen die Ohren aufsperren da unten und die Augen da oben" erklärte William und ließ ein breites Grinsen sehen: "Nicht das uns der Bursche durch die Lappen geht. Signalmaat, wir setzen einen kurzen Spruch an die Flottenzentrale und die Kommandanten der FALKE und GAZELLE ab. Haben Kontakt plus Uhrzeit und Koordinaten!" "Haben wir ihn Sir?"
wollte der EO wissen, der gerade die Zentrale betreten hatte. Deutlich sichtbare Spuren zeigten, dass der Offizier sich eindeutig ebenfalls ausgeruht hatte. "Mit ziemlicher Sicherheit Mr. Wang" stellte Hoffmann fest:
"Wir ziehen uns noch etwas näher ran und lassen dann klarmachen zum Gefecht!"
"Verstanden Sir" bestätigte der Angesprochene, während er sich ebenfalls ein Glas angelegte um das Ziel einer ersten Musterung zu unterziehen.
Die Entfernung zwischen den Schiffen schrumpfte rasch und schon bald war das Deck vom Getrappel vieler Stiefel erfüllt, als die Alarmsirenen heulten.
Dann rasselten die Klarmeldungen nur so aus dem Lautsprecher auf der Brücke.
"Maschinenraum bereit!" "Buggeschütz Eins Klar!" "Buggeschütz Zwei Klar!"
"Horchgerät bereit!" "Heckgeschütz Zwei Klar!" "Flakgefechtsstand Klar!"
"Heckgeschütz Eins Klar!" "Schadenskontrollteams bereit!" "Hier Torpedoffizier, Torpedowaffe bereit!"
"Ausgezeichnet, ich bin zufrieden!" erklärte William, während er seinen eigenen Helm aufsetzte und dann zum Gegner hinüber blickte. Dieser hatte sie inzwischen ebenfalls bemerkt und schon kam die Meldung aus dem Horchraum:
"Antriebsgeräusch wird lauter, Gegner versucht abzulaufen. Identifiziert als Kreuzer der Allianz." "Das hat er sich wohl so gedacht, aber so leicht machen wir es ihm nicht" stellte der Kommandant fest und nickte dann: "Alle Maschinen volle Kraft! Ruder, zwanzig Grad Backbord und schön aufpassen!"
Dann wandte sich Hoffmann an seinen EO: "Wenn das da drüber ein Kreuzer ist hat er ein paar schwere Geschütze mit größerer Reichweite als unsere Stücke.
Wenn der Kommandant klug ist, dann versucht er ein wenig beizudrehen und uns eins zu verpassen, damit er in Ruhe abhauen kann." "Und wir sind dann noch immer außerhalb seiner Reichweite" erwiderte der Angesprochene: "Das ist nicht gut." "Aber auch nicht zu schlecht. Wenn wir ihn zwingen weiter von seinem Kurs abzudrehen, um uns unter Feuer zu nehmen, dann haben wir oder unsere anderen Schiffe bessere Möglichkeit ihn einzuholen" erklärte Hoffmann und nickte dann dem Steuermann zu: "Noch Zehn nach Backbord, aber schön langsam, damits der andere nicht gleich spitzkriegt!" Nachdem der Mann am Ruder bestätigt hatte, hob William erneut das Glas und blickte zu dem Kreuzer hinüber.
Und wirklich dauerte es nicht lange, bis dieser ebenfalls seinen Kurs änderte und inzwischen war er nahe genug, um die schweren Zwillingstürme auf
Vor- und Achterdeck zu erkennen. Langsam drehten sich die Geschütze nun dem kleineren Schiff zu und die Rohre hoben sich deutlich sichtbar in den Himmel. "Torpedorohrsätze an Steuerbord klar machen! Viererfächer für Eins, Zweierfächer für Zwei!" gab der Korvettenkapitän seine Befehle an den Brückenmaat, der sie an die richtigen Stellen weiter leitete und sich dabei seinen einzelnen Kopfhörer an das Ohr presste um nur ja keine Meldung von unten zu verpassen. Beinahe hätte er ihn jedoch fallen lassen, als es beim Gegner donnerte und Rauchwolken vom Abschuss seiner Geschütze kündeten. Wie von der Tarantel gestochen kreiselte Hoffmann zum Steuermann herum: "Hart Steuerbord, beide Maschinen wahnsinnige Fahrt voraus!" "Frage vom Artillerieoffizier für Feuerfreigabe?" meldete der Brückenmaat und William nickte kurz und hart: "Feuer frei, soll was rüberjagen, wenn er kann! Aber hoch zielen!"
Mit deutlich lauterem Knall, aber kleinerer Rauchentwicklung erwiderten wenig später die beiden Buggeschütze des Zerstörers das Feuer. Doch noch lagen beide Treffer zu kurz. Ein passender Ausgleich, denn durch das Ausweichmanöver und die hohe Geschwindigkeit lagen die Treffer des Gegners zu weit und ließen lediglich Wasser über das Achterdeck spritzen. "Er dreht bei" stellte der EO fest: "Verdammt der kommt herum um uns mit allem richtig in die Mangel zu nehmen." "Soll er es doch versuchen" erwiderte der Kommandant mit einem schiefen Grinsen: "Frage Torpedoffizier, Rohre klar?"
"Torpedooffizier meldet Rohrsätze an Steuerbord bereit" kam kurz darauf die Erwiderung.
Eine plötzliche Erschütterung ließ das Deck schwanken und William konnte sich mit Mühe am Ruderstand fangen. Ein schneller Blick aus den Bugfenstern genügte ihm um zu erkennen, dass der Gegner inzwischen besser zielte. Ein Treffer war knapp neben dem Backbordbug eingeschlagen und hatte, obwohl es ein Fehlschuss war, das Schiff dennoch beschädigt. "Wassereinbruch im Bugmagazin! Versorgung der Geschütze abgerissen!" meldete der Brückenmaat und handelte sich einen wütenden Blick des Kommandanten ein. Auch wenn die Wut nicht ihm, sondern dem Gegner galt. "Jetzt gilt es" knurrte der EO, während er nach Backbord trat um den Schaden genauer unter die Lupe zu nehmen. "Horchraum meldet, Gegner dreht wieder auf alten Kurs" kam erneut eine Meldung und diesmal zauberte sie ein wölfisches Grinsen auf das Gesicht des Kommandanten. "Hart Backbord! Backbordmaschine aus, Steuerbordmaschine volle Kraft!" die Stimme des Korvettenkapitäns schnitt durch weitere Schadensmeldungen und den erneuten Donner der gegnerischen Geschütze, der bis zu ihnen herüber wehte: "Torpedooffizier hat Feuerfreigabe sobald der Gegner im Zielkreuz liegt! Viererfächer raus und dann gleich den ersten Zweierfächer!"
Die Befehle wurden sofort weitergegeben und nun kreuzten die beiden Kriegsschiffe erneut umeinander. Der Zerstörer war kleiner, schneller und hatte einen geringeren Wendekreis als der Gegner. Während der Kreuzer noch auf seinen alten Kurs einschwenkte, schwang der Bug des kleineren Schiffes herum und richtete die Steuerbordseite und die dort montierten Torpedorohre auf den Kurs des Gegners. Mit einem leichten Ruck schossen die vier Torpedos des ersten Rohrsatzes hinaus und machten sich auf den Weg, den Kurs des Gegners zu kreuzen. Der ersten Zweierfächer des zweiten Satzes sprang kurz danach heraus und zielte direkt auf die Breitseite. Leider war der Kreuzer schon zu nahe und ein zu hoch gezielter Treffer aus seinem Steuerbordgeschütz löschte die beiden Rohrsätze, den Torpedooffizier und fast seine gesamte Mannschaft aus. Doch es war schon zu spät. Zwei Torpedos des Quintettes gingen zwar am Bug vorbei, doch die anderen beiden schlugen direkt unter dem breiten Anker und dem ersten Buggeschütz in den Rumpf des Kreuzers ein. Der Zweierfächer rammte sich direkt unter der Brücke einen Weg durch die stählerne Haut und eine gewaltige, vierfache Explosion erschütterte beide Schiffe.
"Gegner hat starke Schlagseite Sir. Er .." begann der Brückenmaat zu melden und seine nächsten Worte wurden ihm von den Lippen gerissen, als ein weiterer Treffer knapp hinter der Brücke einschlug.
Als sich William aufrappelte und seine Ohren wieder in der Lage waren, etwas zu hören, drang das ununterbrochene Donnern der Vierlingsflak an sein Ohr.
Anscheinend funktionierte das Geschütz nicht nur noch, sondern erwiderte nun ebenfalls das Feuer des angeschlagenen Gegners. `Zu schlimm kann es nicht stehen, wenn wir noch kämpfen können` stellte der Kommandant fest und wandte sich dann an den Ruderoffizier: "Beide Maschinen, volle Kraft voraus!
Steuerbord Vierzig Grad! Wir dürfen den Gegner nicht abtreiben lassen, sonst zieht er uns mit seinen schweren Kanonen mit ins Verderben." "Sir, Torpedowaffe ausgefallen. Schwere Schäden Mittschiffs, aber keine Lecks.
Achtergeschütze und Flak haben Feuer eröffnet." "Sollen weiterfeuern, immer drauf!" befahl Hoffmann: "Der Funker soll unseren anderen Zerstörern unsere Position und Lage melden! Wäre schön, wenn die noch rechtzeitig mitmischen könnten." Der letzte Satz war den EO gerichtet, der sich gerade damit abmühte, dem Bootsmann zu helfen die Schadensberichte in einem Diagramm einzuzeichnen. Als dieser nur bestätigend nickte, wandte sich der Kommandant wieder dem Gegner zu.
War es ein Glückstreffer oder vom Artillerieoffizier wohl gezielt, auf jeden Fall hatte ein Geschoss aus einem der Heckgeschütze den Heckturm des Gegners genau zwischen den Rohren getroffen und beide schwer demoliert. Nun zuckte nur mehr vereinzeltes Feuer aus den Flakwaffen des Kreuzers herüber, da er die Mittschiffsgeschütze in diesem Winkel nicht einsetzen konnte. Und bald würde er sie auch nicht mehr einsetzen wollen, denn das Schiff bekam immer mehr Schlagseite. Scheinbar hatten die Torpedotreffer auch ein paar Schotten erwischt und nun wurden mehr Abteilungen als in so einem Fall üblich geflutet. "Funker, Senden sie Frage nach Kapitulation hinüber!" befahl
William: "Wenn sie antworten, sollen unsere Geschütze das Feuer einstellen!
Wenn nicht wird weitergefeuert!"
***
Korvettenkapitän William Hoffmann stand am Kai und blickte zu den Überresten des Zerstörers, auf dem er vor nicht einmal vier Tagen in den Kampf gefahren war. Treffer hatten das Oberdeck zwischen Brückenturm und Heckgeschützen ausgeweidet und deutlich war der Riss im Rumpf unterhalb des ersten Geschützturmes im Bug zu erkennen. Eine lange Liste an kleineren Schäden war dazu gekommen und hatte dazu geführt, dass er in den nächsten kaiserlichen Hafen eingelaufen war.
Ein Geräusch ließ Hoffmann herumfahren und sofort salutierte er vor der Frau in Uniform, die da zu ihm trat. Admiral Melissa Kerner erwiderte den Gruß mit einem schmalen Lächeln und blickte dann ebenfalls zu dem Zerstörer. "Da haben sie verdammtes Glück gehabt" stellte sie schließlich fest: "Aber ehrlich gesagt habe ich auch nichts anderes von ihnen erwartet." "Danke Ma`am" erwiderte William: "Allerdings fürchte ich, wird das Schiff eine Weile im Dock verbringen müssen. Und mein Schicksal scheint nun ebenfalls in der Schwebe zu liegen." "Oh, da wäre ich nicht so sicher" erwiderte die Admiralin und nun wurde ihr Lächeln breiter: "Ihre Aktion hat ihnen die Aufmerksamkeit einiger Leute eingebracht. Und nicht nur das, Fregattenkapitän." Es dauerte einen Moment bevor Hoffmann den vermeintlichen Fehler seiner Vorgesetzten als das erkannte, was es in Wirklichkeit war.
Eine Beförderung.
"Danke Ma`am" erwiderte er nun: "Sie wissen nicht zufällig, ob ..." "Ob sie auch ein neues Schiff bekommen werden?" vollendete Kerner und legte nun dem frisch beförderten Offizier die Hand auf die Schulter: "Na mal sehen." Dabei schritt sie nun vor ihm vorbei und drehte Hoffmann herum, so dass sein Blick auf die andere Seite des Hafens fiel. Dort genoss der hochgezogene Rumpf eines Kreuzers die letzten Sonnenstrahlen des Nachmittags. Geschütztürme prangten an Bug und Heck und dazwischen spiegelte sich das Licht auf den Kanzeln von Flakgeschützen. Nun erwiderte William das breite Lächeln der Admiralin, während er seinen Blick über den Rumpf des Schiffes wandern ließ.
Eindeutig ein neues Schiff, frisch von der Werft und stolz prangte die Flagge des Kaiserreiches an seinem Mast. Ein guter Lohn und eine neue Aufgabe.