"Rasch, Ernst, kleide dich an, und komme sogleich herunter!"
"Was ist geschehen, Vater?"
"Geschwind, mein Junge! Der Ohio ist über Nacht gestiegen, das Dorf ist unter Wasser, und wir müssen unser Haus verlassen."
Mit einem Satz war Ernst aus dem Bette und fuhr wie der Blitz in seine Kleider. Dann lief er die Treppe hinunter in die Wohnstube. Hier stand das Wasser schon über zwei Fuß hoch. Auf einem Tische am Fenster war der Vater mit den Seinen. Die Mutter hielt die kleine Rosa an der Hand und trug das Jüngste, ein herziges Büblein, auf dem Arme. Sie hatte Tränen im Auge, der Vater aber sprach ihr Mut zu. Endlich kam ein Mann in einem Kahn, alle stiegen hinein, und durch dieselben Straßen, durch welche gestern noch Leute gegangen und Wagen gefahren waren, ruderten sie jetzt im Rachen dem Lande zu. Nachdem sie eine hochgelegene Stelle erreicht hatten, stiegen sie aus. Der Bootsmann ging mit dem Vater, der Mutter und den zwei Kleinen den Hügel hinauf nach einem Hause. Dort wollten sie ein Unterkommen suchen.
"Du kannst dableiben und auf meinen Kahn achtgeben," sagte der Bootsmann zu Ernst. Das war dem Knaben gerade recht. Jetzt erst schaute er sich um. Welch ein Anblick! Nach dem Flusse zu sah man nur Wasser. So weit das Auge reichte, schien alles ein großer See zu sein. Drüben am anderen Ufer, ganz in der Ferne guckten die Wipfel der Bäume und die Schornsteine aus der Flut empor. Ganz in der Nähe stand das Bretterhaus der alten Frau Werner, welche sehr arm war und von guten Leuten unterstützt wurde. Schon hatte das Wasser den zweiten Stock erreicht und stieg immer höher und höher.GERETTET.
Während Ernst das Häuschen der Frau Werner betrachtete, kam es ihm vor, als rufe jemand um Hilfe. Richtig, jetzt öffnete die alte Frau einen Laden und schaute heraus. Als sie ringsum nichts als Wasser erblickte, klagte und jammerte sie laut und rang die Hände.
Ernst sah alles und dachte nach, was er wohl tun könne. Ja, so ging es! Er wollte rasch den Hügel hinauflaufen und den Vater und den Bootsmann rufen. Aber siehe da! Die Flut trieb einen mächtigen Baumstamm gerade auf das Häuschen zu. Wenn er gegen dasselbe stieß, löste es sich gewiß los, schwamm in der Strömung fort, und dann wäre die alte Frau verloren.
Da sprang Ernst in den Kahn, stieß vom Ufer und steuerte nach dem Häuschen. Frau Werner stieg aus dem Fenster in den Rachen, und der Knabe ruderte, so rasch er konnte, an das Ufer zurück. Als er sich demselben näherte, kam sein Vater gerade wieder vom Hügel herab.