Auf einmal sahen sich die Kinder verlassen und fingen an zu weinen und aus Leibeskräften zu schreien. Der kleine Däumling ließ sie schreien, weil er wußte, wie sie nach Hause zurückfinden könnten. Denn unterwegs hatte er die kleinen, weißen Kieselsteine fallen lassen, die er in seiner Tasche trug. Er sagte deshalb zu seinen Brüdern:
»Fürchtet euch nicht! Vater und Mutter haben uns verlassen, aber ich werde euch heimführen. Folgt mir nur!«
Und sie folgten ihm. Er führte sie auf demselben Wege, auf dem sie in den Wald gekommen, zu ihrem Hause zurück. Zuerst wagten sie nicht, hineinzugehen. Sie lehnten sich alle an die Tür, um zu hören, was Vater und Mutter sprachen.
Kaum waren der Holzhacker und seine Frau nach Hause gekommen, da schickte ihnen der Herr des Dorfes die zehn Taler zurück, die er ihnen schon lange schuldig war, und mit denen sie nicht mehr gerechnet hatten. Das rettete den armen Leuten das Leben, denn sie waren am Verhungern. Sogleich schickte der Holzhacker seine Frau zum Fleischer, und weil sie schon lange kein Fleisch gegessen hatten, kaufte sie dreimal soviel, wie sie für sich zu einem Abendessen brauchten. Als sie nun satt waren, sagte die Frau:
»Wo mögen jetzt unsere armen Kinder sein? Wie würde ihnen das schmecken, was wir hier übrig haben, aber du, Wilhelm, hast sie ja durchaus umbringen wollen. Immer habe ich gesagt, wir würden es noch bereuen. Wie mag es ihnen jetzt in dem finsteren Walde gehen? Ach, mein Gott, die Wölfe haben sie vielleicht schon gefressen! Du bist wahrhaftig ein Unmensch, daß du deine eigenen Kinder so umgebracht hast.«
Der Mann verlor schließlich die Geduld, denn mehr als zwanzigmal wiederholte sie, daß sie recht gehabt habe und daß er es noch bereuen würde. Am Ende drohte er ihr, sie zu schlagen, wenn sie nicht den Mund halte.
Und doch war der Holzhacker nicht weniger betrübt als seine Frau. Aber sie machte ihm den Kopf heiß, und er gehörte zu jenen Männern, die Frauen gerne haben, wenn sie sanfte Reden führen, die aber empört sind, wenn sie immer recht haben wollen.
Bittere Tränen vergoß seine Frau:
»Ach, wo sind jetzt meine Kinder, meine armen Kinder?«
Einmal rief sie das so laut, daß die Knaben, die an der Tür horchten, alle miteinander zu schreien anfingen:
»Wir sind wieder da! Wir sind wieder da!«
So schnell sie konnte, lief die Frau und machte ihnen die Tür auf. Unter tausend Küssen rief sie:
»Wie bin ich froh, daß ich euch wiederhabe, liebe Kinder! Ihr seid gewiß müde und habt großen Hunger; und du, Peterle, wie schmutzig bist du denn! Komm, ich will dich waschen!«