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Schlupps der Handwerksbursch:Des Kaisers Bote

时间:2023-07-31来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Schlupps der Handwerksbursch
Wieder fuhr Schlupps im Lande umher. Da kam er eines Abends in ein Dorf, das abseits von der großen Straße am Fuße eines Berges lag. Den Hang hinauf kletterten die Häuschen, von denen eines hoch oben auf einem Bergvorsprung stand und mit blinkenden Scheiben in die Sonne blinzelte. »Hier wird schwer ein Unterkommen zu finden sein,« dachte Schlupps; denn ein Wirtshaus schien weit und breit nicht zu sehen. »Werd im Freien nächtigen müssen,« dachte er, »wie so manches Mal schon.« Da sah er einen Mann eilends den zackigen Bergpfad herabspringen und winkte ihm. Der Laufende stutzte, als er einen Fremden sah; denn einen solchen führte der Zufall selten her. – Nur manchmal kam armes Hudelvolk vorüber oder ein Troß Landsknechte, die sich meistens herumtrieben und einen Anführer suchten, der sie warb. Waren lauter Gäste, die scheel angesehen wurden und mancher machte drei Kreuze hinterher, wenn sie abzogen. Aber der vor ihm stand, war ein Herrischer, fein angezogen, der mit Pferd und Wagen allein daherkam und ihm scharf in die Augen schaute.
 
»Kann ich hier Nachtherberge finden?« Der Gefragte sah den Fremden an, kraute sich den Kopf und meinte: »Wohl. Ein Krug ist im Dorf. Ob er dem Herrn gefällt, ist eine andere Sache. Unansehnlich ist’s da und laut geht es heute zu. Gemeindewahl ist bald. Ausspann könnte der Herr dort halten.«
 
»Gibt’s da ein Bett?« fragte Schlupps. »Geben mag’s [108]schon eins. Rat’ aber nicht dazu; denn die Wirtin ist keine gute. Sie steht mit der Reinlichkeit auf gespanntem Fuß und kann das Waschen nicht übermäßig leiden.«
 
»Wo kann ich sonst nächtigen?« »Wenn’s eine Streu tut, ist mir der Herr willkommen.« »Wer seid Ihr?« forschte Schlupps. In des Mannes Wesen war etwas, was ihm zusagte. Er hatte ein ehrliches Gesicht und in den Augen leuchtete es auf wie von verhaltener Schelmerei. »Scheint eine Art Vetter von mir,« dachte Schlupps.
 
»Bin der Schweinehirt. Da oben das ist mein Häuschen.« Er wies hinauf zu der höchstgelegenen Hütte. »Weit hinauf,« meinte der Fremde. »Ist gut, wenn man weit ab von den Menschen haust,« nickte der andere. »Habt einen guten Platz als Hirte, langt es zum Auskommen?« fragte Schlupps. »Knapp geht’s bei uns zu. Wißt, die Bauern zahlen nicht gern. Zwei Gulden im Jahr und das Essen für mich und mein Weib, aber gar wenig. ›Damit Ihr nicht so fett werdet wie unsere Schweine,‹ hat der Schultheiß gesagt und gelacht.« »Und wie lebt Ihr davon?« »Wie’s halt geht. Die Kathrin, mein Weib, schafft noch im Feld und spinnt. Ich tu, was ich kann. Viel ist’s nicht mehr. Mein rechter Arm ist steif. Mit dem linken kann ich schreiben; da verdien’ ich ab und zu etwas bei den Bauern, denn von denen ist keiner des Schreibens kundig.« »Was?« rief Schlupps. »Ihr seid der Einzige im Ort, der lesen und schreiben kann?« »Ei freilich. Ein fremder alter Mann hat’s mich gewiesen. Hab ihn einmal vor Jahren in meine Hütte aufgenommen, weil er gar so elend und [109]verlassen war, noch ärmer als wir. Hat mich nicht gereut, was ich an ihm getan. Der konnte erzählen. Das war eine Lust, ihm zuzuhören. Man wurde nicht müd, wenn er sprach und wußte nicht, wann der Abend aufhörte und die Nacht anfing. Manchmal haben wir bis zum Morgen gesessen, der Alte und ich, und geschwatzt.«
 
»So wißt Ihr gewiß mehr als alle im Dorf,« neckte Schlupps. »Wär auch nicht viel,« meinte der andere bedächtig. »Denken nicht von hier bis dahin. Lassen sich die Sonne in den Mund scheinen und tun nur, was ihnen schadet. Aber unsereins darf nicht reden, und wenn er zehnmal sieht, wie sie das Dorf in Grund und Boden wirtschaften. Bin ja nur ein Schweinehirt.« – Ein spöttisches Lächeln flog über sein Gesicht.
 
»Wer war bisher Schultheiß?« forschte Schlupps, der anfing, seine Laune zu spüren.
 
»Der Reichste, der am längsten im Dorf sitzt. Er ist Herr von dem großen Hause drüben, auf dem die Wetterfahne knarrt. Der Waldsepp wird er geheißen; denn sein ist der größte Wald landaus, landein.« – – »Und wen machen sie jetzt zum Schulzen?«
 
»Wohl den Büchsenmichel. Heißt so, weil er tagaus, tagein die Büchse auf der Schulter hängen hat. Bei den Reichen geht das Amt reihum; die Andern haben das Zusehen. Jetzt sitzen die Mannsleut im Wirtshaus, die Kleinbauern, die Häusler und die Taglöhner und lassen sich sagen, für wen sie nächstens die Hand hochhalten sollen. Stimmen doch nur zu ihrem Schaden. Bekommen aber jeder ein [110]Maß Wein frei vom Büchsenmichel und wären im Stand und verkauften für den Trunk ihre Seligkeit.«
 
»Könnt Euch doch gleich sein, Schweinehirt, wer Schulze wird,« warf Schlupps nachlässig hin und hielt seine Pferde fest, die ungeduldig mit den Hufen scharrten. »O nein, Herr,« rief der Hirte eifrig. »Seht, da hat der Büchsenmichel die Jagd an sich genommen und zahlt der Gemeinde ein Spottgeld dafür. Das Wild läuft in die Felder, macht alle Saaten zunichte, und keiner darf eine Wildsau abfangen. Gleich macht er ihm den Prozeß und es kostet eine harte Buße. Wenn’s ein ganz armer ist, der nicht zahlen kann, oft Leib und Leben. Der Waldsepp schlägt den Wald ab, wo er will, daß die Lawinen herunterstürzen und alles umeinandreißen können, und ist bald kein Baum mehr da, der sie aufhält. Und dort, wo der Wildbach herunterstürzt und im Frühjahr den Dung von den Feldern spült und das gute Erdreich fortschwemmt, da müßte ein Gemäuer gemacht werden aus Steinen und Reisig. Ist aber zu nichts Geld da und keiner kümmert sich darum. Die Reichen wollen nicht zahlen und die Armen haben’s nicht dazu. Zum Schulhaus langt’s schon gar nicht. Der letzte Schulmeister hat sich müssen als Knecht verdingen, um nicht Hungers zu sterben. Das Schulhaus ist verfallen und die Kinder wachsen auf, daß Gott erbarm. Hätten wir einen Schultheiß wie sich’s gehört, der an den Kaiser schreibt, damit Recht und Ordnung herkäme, es wäre eine Freud, was aus unserm Dorf werden könnte. Aber so – – ein Jammer ist’s.«
 
[111]Er brach ab und hielt erschreckt inne. Wie konnte er sich nur verleiten lassen, so frei heraus zu sprechen, noch gar zu einem Fremden. Einem Herrn! Wer weiß, was der für einer war und ob er es nicht mit denen hielt, die Reichtum und Ehren hatten. Aber jetzt klang die Stimme des Junkers gütig: »Schweinehirt, Ihr gefallt mir. Sagt mir noch, was tut Ihr denn mit den Gebrechlichen und Kranken, den Waislein und Heimatlosen?«
 
Der Hirt sah hoch, streckte den Arm aus und wies auf den Gottesacker. »Da können’s hin, oder in die weite Welt. Für unnütze Brotesser ist kein Platz im Ort, hat der Schultheiß gesagt.«
 
»So, so, bläst der Wind daher? Da ist es an der Zeit, daß ich gekommen bin,« murmelte Schlupps. »Wißt, Schweinehirt, muß mir Eure Mannsleut einmal in der Nähe besehen. Zeigt mir das Wirtshaus.«
 
Wie er in die Gaststube trat, die niedrig und verräuchert war, da hob alles erstaunt die Kopfe, als der herrische Junker mit hallenden Schritten zu einem Tische ging und laut rief: »Wirt, Einen vom Besten! Aber rasch!« Kaum aber stand der Becher vor dem Herrn, so trank der nur einen kurzen Schluck und sagte zu dem Nächstsitzenden: »Gebt’s weiter!« Das ließ sich der nicht zweimal sagen, tat einen kräftigen Zug und ließ den Becher herumgehen. Die Bauern tranken und staunten, rissen die Augen auf, stießen sich an und schoben die Zipfelmütze hin und her. Das war ihnen noch nicht vorgekommen. Ein vornehmer Herr, der so gemein tat, daß er unter ihnen saß, einen Wein nach [112]dem andern ihnen vorsetzen ließ und zuhörte, was sie redeten. Doch jetzt erhob sich der Junker und sprach laut: »Männer! Ich komme weit her. Des Kaisers Kanzler schickt mich, daß ich in seinem Lande nach dem Rechten sehe; ihm berichte von allem, was sich zuträgt und wie seine Untertanen nach Zucht und Sitte leben. So wißt: Jeder Ortsschultheiß soll mir in einer Schrift kund tun, wie es zugeht in seinem Dorf. Ob der Schullehrer die Kinder unterweist und sie in Gottesfurcht und Tugend heranzieht. Wie die Felder gedeihen; ob Ihr dem Wildschaden steuert, daß nicht der Fleiß zunichte gemacht wird und statt der Menschen die Wildschweine das Kraut und die Rüben fressen. Tut auch zu wissen, wie Ihr für die Armen sorgt, ob Ihr ein Spittel für die Kranken habt und ein Kloster für die Gottwilligen. Schreibt alles genau; denn der Kaiser läßt hintennach alles wohl untersuchen. Sollte aber in dem Schreiben etwas stehen, was nicht vor seinen strengen Richtern für wahr befunden wird, dann läßt er den Schultheiß binden und gefangen setzen. Und der Prozeß ist gar kurz. Des Seilers Tochter macht Hochzeit mit ihm und der Galgen ist schon da, an dem er baumeln muß.« Den reichen Bauern, die eben noch mit vollen roten Backen dagesessen, wurden die Gesichter schmal und spitz, als sie das hörten. Die Kleinbauern und Häuslerleut aber erhoben die Köpfe und sahen sich schmunzelnd an. »Möchte jetzt nicht der Büchsenmichel sein, und der Waldsepp ist auch nicht zu beneiden,« dachte mancher von ihnen schadenfroh. »Wißt, Herr,« kam jetzt der Wirt näher, »mit dem [115]Schultheiß sind wir eben schlimm dran. Der’s bislang gewesen, ist es seit einer Woche nimmer, und einen neuen haben wir noch nicht. Konnten keinen finden. Will sich keiner dazu hergeben, ein so saures Amt zu verwalten.« Dabei blinzelte er dem Büchsenmichel zu, als wollte er sagen: laß mich nur machen.
»Nehmt den Gescheitesten am Ort,« sagte der Fremde.
 
»Das hab ich allweil auch gesagt; bin ganz der Meinung des Herrn,« schwindelte der Wirt. »Aber wer ist der Gescheiteste? Keiner will ein Dummer, jeder ein Kluger sein, und keiner läßt den andern mehr gelten als er selbst ist.« »So nehmt den, der am besten mit der Feder und der Rede Bescheid weiß; nicht so viel hat, daß er sich mehr dünkt als die Andern. Einen, der alle im Dorf kennt, weiß, wie’s jedem zu Sinn ist und bei den Kleinen und Großen wohl angeschrieben ist. Weiset ihn auch an, aufzuschreiben, wie es um Euer Geld steht und ob Ihr für die Landsknechte unseres Herrn Kaisers eine tüchtige Ladung Goldgulden schicken könnt. Denn der Türke steht vor dem Lande, und wenn er herkommt, bleibt nichts niet- und nagelfest. Er brennt Euch die Häuser über den Köpfen weg. Also richtet Euch ein: in zwei Tagen komme ich und hole mir Bescheid.«
 
Dabei zahlte er und verließ das Wirtshaus, wo die Bauern dasaßen, als hätte sie einer vor den Kopf geschlagen, vor sich hinstierten und kein Wort zu sagen wußten.
 
Der Fremde hatte seine Kutsche bestiegen und war fortgefahren, hinaus in eine einsame Jagdhütte, die ihm der [116]Schweinehirte beschrieben und die einst einem hohen Herrn als Landaufenthalt gedient hatte. Jetzt lag sie einsam und verlassen, und nur manchmal stellte ein Fuhrmann seinen Wagen unter, wenn die Nacht ihn auf der Fahrt überraschte, oder wenn er das Geld im Wirtshaus sparen wollte. Die Bauern aber wunderten sich, wo der fremde Herr mit einmal hingekommen war und gingen am andern Morgen mit verstörten Gesichtern umher. Hatten sie bisher Zwist miteinander gehabt, weil jeder von ihnen Schultheiß sein wollte, so wichen sie jetzt einander aus, weil jeder sich fürchtete, der andere wolle ihm zureden, das Amt zu übernehmen, und keiner die Schrift an den Kaiser aufsetzen konnte.
 
Heimlich aber schlichen sie auf Umwegen zu dem Schweinehirten und baten ihn um Gotteswillen, doch für dieses Mal Schultheiß zu spielen und ihnen zulieb das Amt anzutreten. »Tut’s, Simmel,« sagte der Waldsepp. »Habt ein Einsehen. Was kann Euch denn geschehen?« »Meint Ihr?« rief des Simmels Weib. »Mein Mann dürfte leichter hängen als Ihr? Wenn er jetzt dem Kaiser alles schreibt, wie’s hier zugegangen ist im Dorf und wie Ihr gehaust habt, vermeint Ihr, der wird ihn strafen? Weit gefehlt! Euch geht’s an den Kopf und so könnt Ihr es gleich auf Euch nehmen und wieder Schultheiß spielen.« »Weib, schweigt still und laßt Euren Mann reden,« entfuhr es dem Sepp. »Simmel, überlegt nicht lang. Auf Geld soll es uns nicht ankommen.«
 
Während dessen ging ein Handwerksbursche von Haus zu [117]Haus, bat um einen Zehrpfennig und erzählte dabei, wie er weit herkomme und ob sie schon gehört hätten, daß der Türke nahe sei, senge und brenne und alles mitnähme. Hab und Gut, die Ochsen aus dem Stall und die Kleider aus der Truhe. Und da die Männer alle auf dem Felde schafften und nur das Weibervolk daheim war, so entstand bald am Brunnen ein Schwatzen und Wehklagen. Die Weiber liefen zueinander, jammerten und schrien und dann rannten sie heim und packten, was sie erreichen konnten, um es mitzunehmen, wenn der Türke käme. Da trug eine die Mulde voll Brot, das sie vom Bäcker geholt hatte und das noch dampfte, denn sie wollte nicht warten, bis es gar war, sondern hatte es gleich aus dem Backofen gerissen und war damit fortgelaufen. Eine andere trug heulend ein mächtiges Bündel Stroh auf dem Rücken, darin hatte sie ihr Kindchen gebunden, daß es im Walde weich liege. Ein Drittes schleppte keuchend eine leere Waschbütte herbei, wußte selbst nicht wozu, und eine Alte hatte eine Gans fest unter den Arm gepackt und zerrte in einem Netz Hühner und Enten mit. Es war ein Durcheinander, ein Heulen und Schreien, ein Laufen und Rennen. Betten flogen aus dem Fenster und unten auf der Gasse stürzten sich die Buben darauf und schleiften sie durch Pfützen und Moor über Stock und Stein. Der alte Küster humpelte in die Kirche, faßte den Glockenstrick und schwang ihn mit aller Macht, daß die alte Glocke, die schon einen Sprung hatte, jammervoll hinausklang auf die Felder, und die Kinder liefen hin und her, schwenkten ihre Stäbe und schrieen: »Der [118]Türk! der Türk!« Und wäre er wirklich dagewesen, so hätte es nicht können schlimmer zugehen, denn die Furcht machte mehr Not und Unruh als der Krieg und der Feind.
 
Vom Felde her aber eilten auf das Geläut die Männer herbei mit Sicheln und Sensen, mit Dreschflegeln und Äxten und rotteten sich unter der Linde zusammen. Gerade kamen die Großbauern von der Beratung beim Schweinehirten zurück, blieben stehen und nahmen erstaunt wahr, wie das Volk unter der Linde stand und schrie und tobte. »Ihr kommt uns gerade recht,« rief ein junger Bursche mit funkelnden Augen. »Jetzt gebt Eure Goldgulden heraus für des Kaisers Soldaten. Der Türk kommt.« »Geld raus! Geld raus!« schrien einige und hielten die Sensen hoch. Die Weiber heulten und kreischten. »Der Türk! der Türk!« und vermeinten schon, ihn vor sich zu sehen. »Gebt Ruhe!« klang es laut über den Platz. Der Schweinehirt war auf eine Bank gestiegen, die vor dem Wirtshaus stand. »Gebt Ruhe! Schämt Ihr Euch nicht, so wüst zu tun? Was wollt Ihr eigentlich? Sprecht und sagt deutlich, was Ihr begehrt!«
 
»Einen andern Schultheiß!« riefen einige. »Einen andern Schultheiß,« stimmten die andern zu, und die Großbauern schrien: »Da habt Ihr den Rechten. Der Schweinehirte soll es für dieses Mal sein.« »Wir wollen, daß die Armen auch einmal an die Reihe kommen,« ließ sich der Waldsepp vernehmen. »Wählt den Simmel!«
 
Der wollte Einwendungen machen und heruntersteigen; [119]aber starke Arme hielten ihn auf der Bank fest, und Arm und Reich schrie: »Du mußt! Du mußt!«
 
Da sah der Simmel um sich, winkte, daß es plötzlich stille ward und sagte ruhig: »Also Männer. Ihr wollt, daß ich Schultheiß werde und Recht hier zu sagen habe. So schwört mir vorerst, daß alles geschieht, wie ich es verlange.«
 
»Wir schwören!« klang es einstimmig, und die Großbauern schrien es am lautesten. Mit dem Schweinehirten wollten sie schon fertig werden. Der mußte doch tun, was sie wollten, wenn er nur erst die Schrift an den Kaiser aufgesetzt hatte.
 
»So bestimme ich,« rief der neue Schultheiß, »daß jeder Großbauer hundert Goldgulden an die Gemeindekasse zahlt!« »Hoho!« schrie der Büchsenmichel wie besessen. »Die Wahl gilt nicht.« »Wohl gilt’s!« riefen die Kleinbauern und hielten die Sensen hoch. »Wohl gilt’s!« rief der Simmel mit starker Stimme. »Habt es ja selbst so gewollt. Geht heim und holt das Geld auf der Stelle und einige von Euch gehen mit.«
 
Da blieb den Bauern nichts übrig, als zähneknirschend umzukehren und das Geld zu holen, und bald häufte sich ein Goldberg auf dem Holztisch vor dem Wirtshaus. Der Wirt mußte einen Sack herbeibringen; in den wurde das Gold gefüllt und dann mit Wachs und Siegel fest verschlossen. »Haben die Großen zahlen müssen, so kommen jetzt auch die Kleinen an die Reihe,« rief der neue Schultheiß. »Kleinbauern! Ihr habt jeder eine Fuhre Bauholz [120]zu fahren für ein neues Schulhaus, und Ihr Häusler,« wandte er sich an diese, »müßt jeder zwei Tage im Monat daran arbeiten. Denn das gibt’s nicht bei uns,« setzte er hinzu, »daß einer annimmt und nichts dafür tut. Ist die Schule doch für alle Kinder im Dorf ohne Unterschied. Und wer etwas annimmt, ohne etwas dafür wieder zu geben, der leidet an Seele und Leib Schaden; denn er meint, er müsse nur das Maul auftun, und die gebratenen Tauben fliegen ihm dann hinein. Er verlernt das Arbeiten und das Wollen und weiß nicht, daß er sich selbst helfen kann.« »Recht hat er,« schrie der Waldsepp, der sich freute, daß die reichen Bauern nicht alles allein zahlen mußten, sondern daß die andern auch den neuen Herrn im Dorf zu spüren hatten.
 
»So ist des Kaisers Meinung!« klang es plötzlich. Der Junker im braunen Wams war herzugetreten. Da flogen die Kappen vom Kopf, und die Sensen und Sicheln sanken herunter.
 
»Werd’s dem Kaiser berichten, wie Ihr Ordnung und Recht im Dorfe geschaffen habt,« sagte er mit fester Stimme. »Eine große Freude wird es dem Herrn gewähren; denn nur wo Recht und Zucht herrscht, kann ein Land gedeihen.« »Herr,« bat der Simmel, »wollt Ihr nicht das Geld für des Kaisers Heer gleich mitnehmen?« »Nein, nein,« wehrte der Junker. »Wenn’s an der Zeit ist, wird es der Kaiser schon holen lassen. Einstweilen verwendet davon für Eure Gemeinde und tut damit, was not ist. Laßt Eure Kinder tüchtig lernen. Erzieht sie zu rechtschaffenen, [121]aufrechten Männern und haltet alles so, daß Ihr vor des Kaisers Kanzler mit Ehren bestehen könnt.«
 
»So bitten wir Euch, Herr, etwas als Geschenk von uns anzunehmen, als Wegzehrung. Denn wäret Ihr nicht gekommen, so läg unser Dorf noch im Argen, und Ordnung und Zucht hätten nie Einkehr gehalten. Jetzt versprech ich Euch: Anders soll es werden und alle Vierteljahr werd ich dem Kaiser in einer Schrift Kunde geben, wie es bei uns zugeht.«
 
Damit reckte sich der Simmel hoch und sah herausfordernd um sich, und man konnte zum ersten Male sehen, was für ein hoch gewachsener Mann er eigentlich war, und wie hell seine Augen leuchteten. Denn bis dahin war er immer gebückt gegangen, als drücke ihn seine Niedrigkeit und Armut, und als müßten seine Augen den Erdboden suchen, anstatt in die Sonne zu sehen. Jetzt schaute er die Menge an, als wollte er sagen: »Ich bin Schultheiß, hütet Euch wohl.« Und die Bauern duckten die Köpfe. Der Schweinehirt machte ihnen Sorge. Mit dem war nicht gut anbinden, das merkten sie jetzt und bereuten im Stillen ihre Angst, die sie geheißen hatte, ihn zu wählen. Fiel ihnen aber der Türke und des Kaisers Kanzler ein, dann lief es ihnen kalt über den Rücken. Dann schon lieber den Simmel zum Schulzen.
 
»Hoher Herr!« bat jetzt der Schultheiß eindringlich. »Weiset unsre Gabe nicht zurück. Ihr habt sie redlich verdient. Wenn Ihr nicht bei uns eingekehrt wäret, hätt’ es in unserm Dorf noch lange bös ausgesehen. Und nicht, weil [122]Ihr des Kaisers Bote seid, sondern weil Ihr ein Herz für alle habt und für das Recht eintretet, wollen wir Euch erkenntlich sein.«
 
Da nahm der fremde Junker etliche Goldstücke an, bestieg seinen Wagen und fuhr davon. Der Schweinehirte aber blieb Schultheiß und das Dorf gedieh unter seiner Hand. 
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