Es war einmal unten am Gebirge ein Edelmann, der war ein wüster, hochmütiger Geselle, plagte und mißhandelte seine Bauern und meinte, dazu wären sie nun einmal auf der Welt. Dieser befahl eines Tages einem Bauern, daß er eine überaus große Eiche, die eben geschlagen worden war, aus dem Walde holen und im Schloßhofe abladen solle. Mit dem Edelmanne war nicht zu spaßen, das wußte der arme Schelm wohl, an welchen dieser Befehl erging, und darum zog er auch sogleich sein Rößlein aus dem Stalle, obschon er wußte, daß es ein Ding der Unmöglichkeit sei, die schwere Eiche allein von der Stelle zu bringen. Er gab sich auch alle Mühe, sie nur vom Platze zu bewegen, aber es war doch vergebliche Arbeit. Da seufzte und jammerte der arme Bauer, denn er wußte nun, daß ihm der Edelmann nur etwas habe am Zeuge flicken wollen, — wie das Sprichwort heißt, — und daß er jetzt seinen Zorn an ihm auslassen würde, weil er die aufgetragene Arbeit nicht verrichten konnte.
Wie er noch so voller Betrübnis dasteht, kommt ein Mann im Walde gegangen und fragt den Bauer, warum er denn so traurig sei. „Ach,“ erwidert dieser, „ihr könnt mir ja auch nicht helfen;“ endlich aber erzählt er doch dem Fremden die Geschichte.
„Ei, sei doch nur getrost, mein Bauer,“ sagt dieser darauf; „gehe ruhig heim, ich will dir den Baum schon an Ort und Stelle schaffen.“
Der Fremde aber war Rübezahl, und ich glaube, es macht ihm keiner das Stückchen nach, welches er jetzt ins Werk setzte. Er nahm die Eiche mit ihren großen, weit ausgespreizten Ästen in eine Hand und trug sie wie einen Spazierstab bis in das Dorf. Dort legt er sie vor das Hoftor des Edelmannes, so daß niemand aus- und eingehen kann. Da befiehlt der Herr, die Eiche zu zersägen, aber sie ist wie von Eisen, und obgleich die Arbeiter alle Kraft daran wenden, bringen sie doch auch kein Spänchen davon ab.
Nun bleibt dem Edelmann freilich nichts weiter übrig, als ein neues Tor durch die Mauer zu brechen; da das aber viel Geld kostete, ließ er den Bauer kommen, der sollte es zur Strafe bezahlen. Als aber dieser die Geschichte erzählte, die ihm mit der Eiche begegnet war, merkte der gestrenge Herr gar wohl, daß Rübezahl hier die Hand im Spiele habe; vor dem hatte er so große Furcht, daß er den Bauer ruhig gehen ließ, und seit jener Zeit auch vorsichtiger und milder wurde. In so großen Respekt hatte sich der Berggeist schon in der ganzen Gegend zu setzen gewußt.