英语英语 日语日语 韩语韩语 法语法语 西班牙语西班牙语 意大利语意大利语 阿拉伯语阿拉伯语 葡萄牙语葡萄牙语 越南语越南语 俄语俄语 芬兰语芬兰语 泰语泰语 丹麦语 丹麦语 对外汉语 对外汉语
返回首页
当前位置:首页 »德语阅读 » 德语故事 » 德语童话故事 » 正文

Estnische Märchen:7. Aschen-Trine.

时间:2022-04-13来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Estnische Märchen
Einmal lebte ein reicher Mann mit seiner Frau und einer einzigen Tochter, welche die Eltern mehr als ihren Augapfel liebten, und deshalb auf's zärtlichste erzogen; und die gute Tochter war dieser Liebe werth. Die Mutter hatte einst einen Traum gehabt, aus dem sie auf ein schweres Mißgeschick schloß, und sie hätte viel darum gegeben, wenn Jemand ihr den Traum richtig hätte deuten können. Aber noch ehe sie einen klugen Traumdeuter fand, erkrankte sie schwer an einer Brustentzündung und fühlte schon am andern Tage ihre Todesstunde herannahen. Der Mann war fortgegangen um Aerzte[S 50] zu holen, da rief die Frau ihr Töchterchen an ihr Bett, streichelte ihm die Wangen und sagte mit betrübter Miene: »Der Himmel ruft mich aus dieser Welt ab zur Ruhe; ich muß in's Grab und dich Lämmchen zurücklassen. Dein Vater und ein anderer höherer im Himmel werden für dich Sorge tragen, und mein mütterliches Auge wird von jener Welt her über dich wachen. Wenn du ein frommes und gutes Kind bleibst, so werden unsere Herzen ewig vereinigt bleiben, denn auch Tod und Grab können die Liebesbande zwischen Mutter und Kind nicht zerreißen. Pflanze auf meinem Grabhügel zum Schmuck eine Eberesche, damit die Vögel im Herbste Beeren darauf finden und dir gutes dafür erweisen, wenn du keine andern Freunde mehr haben solltest. Sollte dein Herz einmal einen heimlichen Wunsch hegen, dann schüttle den Wipfel der Eberesche, damit ich Kunde davon erhalte; oder sollten bittere Stunden in dein Leben treten, dann schlüpfe unter den Schatten der Eberesche, welche dich trostreich aufnehmen wird wie der Schooß einer Mutter und deinem betrübten Herzen Erquickung bringen wird.« Nicht lange darnach und noch ehe der Vater von seinem Gange nach dem Arzte zurück war, schlossen sich die Augen der guten Mutter auf immer. Das Töchterchen weinte bitterlich und wollte weder bei Tage noch bei Nacht aus der Nähe der Todten weichen, bis der Mutter kalter Leichnam in den Sarg gelegt und zu Grabe getragen wurde. Die Tochter pflanzte eine Eberesche auf das Grab, grub die Wurzeln in die Erde und feuchtete sie mit ihren Thränen; und als später das Naß der Wolke dazu kam, wuchs der Baum in die Höhe, daß es eine Lust war zu sehen. Das Kind setzte sich gar oft unter diesen der Mutter geweihten Baum, der ihm jetzt der liebste Platz auf Erden geworden war.
 
Den nächsten Herbst ging der Vater wieder auf die Freite und brachte nach einigen Wochen eine neue Heerdeskönigin in's Haus. Allein er hatte nicht daran gedacht, beim Freien darauf zu sehen, ob die Frau auch eine Mutter für seine Tochter werden könne. — Zwar wird es einem vermöglichen Wittwer nicht schwer, eine Frau zu bekommen, aber selten ist der Fall, daß die Waise in ihr eine Mutter findet. — Die Stiefmutter hatte zwei Töchter aus ihrer ersten Ehe; sie brachte dieselben mit in's Haus und da Blut doch immer dicker ist als Wasser, so war es selbstverständlich, daß des Mannes Tochter auf keine goldenen Tage zu hoffen hatte. — Die Mutter achtete ihre Töchter für golden, des Mannes Tochter für irden, und als die Goldtöchter das sahen, faßten sie auch flugs den Gedanken: wir sind die Gebieterinnen, sie ist unsere Sclavin! Da indessen ein[S 51] neuer Besen immer gut fegt, so zeigte die neuvermählte Wittwe ihrer Stieftochter in den ersten Tagen nach der Hochzeit ein freundliches Gesicht, und dasselbe thaten zum Schein ihre beiden Töchter — aber die Freundlichkeit kam nicht von Herzen. Ihre Herzen waren hart und voll von Stolz und Tücke und anderen sündhaften Regungen, so daß darin für den Keim der Liebe kein Raum blieb, sich zu entfalten. Der armen Tochter des Mannes wurde das Leben von Tag zu Tag saurer gemacht, aber der Vater hatte weder Augen zu sehen noch ein Herz, seines Kindes Leid zu fühlen. »Was hat sich die unnütze Brotratte[21] im Zimmer umherzutreiben!« sagte die Stiefmutter. »Ist nicht in der Küche am Heerde Platz genug? Die Traghölzer um den Hals und Wasser vom Brunnen geholt, dann in den Stall, an den Back- und Wasch-Trog! Wer Brot essen will, muß seinen Bissen auch verdienen können.« Dazu prahlten die Töchter noch: »Ja, sie soll unsere Leib-Magd sein.« Darauf wurden der Waise alle guten Kleider weggenommen, die Truhe der verstorbenen Mutter wurde geleert, aller Putz den Töchtern der Stiefmutter ausgeliefert und der Tochter des Mannes ein alter grauer Kittel angezogen, in welchem sie vom Morgen bis zum Abend, mit Asche und Staub bedeckt, die häusliche Arbeit thun mußte. Da sie nun weder glatt gekämmt, noch sauber sein konnte, so schalten die Stiefmutter und die Stiefschwestern sie Aschen-Trine. Sie fügten der Waise Leid und Verdruß zu, wo sie nur konnten und machten sie auch heimlich beim Vater schlecht, so daß das Kind auch bei ihm keine Hülfe fand, wenn es ihm einmal seine Noth klagte. Aschen-Trine duldete lange Zeit schweigend, sie weinte und betete, ging aber nicht zu der auf der Mutter Grab gepflanzten Eberesche, um ihres Herzens Kummer auszuschütten. Da begab es sich, als sie eines Tages am Bache Wäsche spülte, daß eine Elster vom Wipfel eines Baumes herunter sprach: »Thörichtes Kind, thörichtes Kind! Warum gehst du nicht zur Eberesche, Klage zu führen und um Rath zu bitten, wie du dir deine schwere Lage erleichtern könntest.« — Diese Worte riefen ihr die letzte Rede der sterbenden Mutter in's Gedächtniß zurück und sie beschloß, so bald als möglich ihre Bitte bei der Eberesche anzubringen. Bei Tage war es ganz unmöglich, aber in der Nacht, wo die andern schliefen, stand sie heimlich vom Lager auf, zog sich an, ging zum Grabe der Mutter, setzte sich auf den Grabhügel und begann die Eberesche zu schütteln. Ein Stimmchen fragte: »Ist dein Herz noch rein und fromm wie sonst,[S 52] oder bist du schon in Sünde verfallen?« Trine erwiderte: »Gott allein sieht und erforscht des Herzens Trachten, soviel meine Seele weiß, lastet keine Sünde auf ihr.« Jetzt fühlte sie, als ob unsichtbare Hände ihr Haupt und Wangen streichelten, die Stimme aber rief im Säuseln der Luft: »Wenn dein Leben gar zu dornig wird und du mit der Arbeit nicht mehr fertig werden kannst, dann rufe dir Hahn und Henne zu Hülfe!« Das Mädchen konnte anfangs nicht recht begreifen, was für Helfer ihr diese Hausvögel werden könnten; auf dem Heimwege aber fiel ihr ein, wie die Halbschwestern ihr oft zum Schabernack die Erbsen und Linsen in die Asche streuten, aus welcher sie dann Korn für Korn heraussuchen mußte, um Speise zu kochen. Da wollte sie doch einmal Spaßes halber versuchen, ob nicht die Schnäbel der bezeichneten Helfer ihr die zeitraubende Arbeit erleichtern könnten.
 
Inzwischen hatte der König ein prächtiges Fest vorbereitet und überallhin Boten ausgesandt, welche im ganzen Reiche öffentlich kund machen und auf Wegen und Stegen ausrufen sollten: daß alle jungen blühenden Mädchen zwischen sechzehn und zwanzig Jahren zum Freudenfeste des Königs kommen sollten, welches drei Tage hinter einander dauern würde, weil sein einziger Sohn gesonnen sei zu freien, und sich aus der Mädchenschaar diejenige auszusuchen, welche ihm die hübscheste und verständigste zu sein dünkte. O du liebe Zeit! Was hob da für ein Treiben an überall! Zum Glück war nicht befohlen worden, die Taufscheine mitzubringen, so daß auch diejenigen hinkommen konnten, ihr Glück zu versuchen, die schon eine Kleinigkeit über die Zwanzig hinaus geschritten waren.
 
Der Aschen-Trine Stiefschwestern, die Goldtöchterchen der Mutter, sollten beide auf des Königs Fest gehen; da hatte denn die Waise vom Morgen bis zum Abend zu thun: sie wusch und plättete Kleider, nähte neuen Putz und mußte dabei noch alle übrigen häuslichen Geschäfte besorgen. Und als ob es daran noch nicht genug wäre, warf die ältere Stiefschwester eine Schüssel voll Linsen in die Asche und rief: »Lies sie heraus und setze sie auf's Feuer!« Zum Glück fiel der Trine die am Grabe der Mutter erhaltene Weisung ein, darum sagte sie:
 
»Hähnelein und Hennelein!
Kommt die Linsen lesen fein!«
Augenblicklich waren die gerufenen Hülfsarbeiter da und begannen zu lesen und in kurzer Zeit hatten sie die letzten Körner aus der Asche gescharrt und mit ihren Schnäbeln in die Schüssel gethan. Als dann[S 53] der erste Tag des Festes anbrach, mußte Aschen-Trine die Schwestern schmücken, ihren Kopf kämmen, ihr Antlitz waschen und sie prächtig ankleiden, wofür sie zum Danke nur Schimpfreden und mehr als eine Maulschelle erhielt, so daß ihr Augen und Ohren brannten. Aschen-Trine ertrug den Frevel geduldig und seufzte nur zuweilen zum Himmel auf; als aber die Stiefschwestern nun auf's Fest gegangen waren und sie allein mit der Stiefmutter zu Hause geblieben war, da stieg ein heißes Verlangen in ihrem Herzen auf, welches ihr die Thränen in die Augen trieb. Sie wäre auch gar gern zum Feste gegangen, wenn sie Erlaubniß erhalten oder Kleider gehabt hätte, in denen sie sich unter die andern Gäste hätte mischen können.
 
Als sie sich recht satt geweint und dadurch den ersten Kummer beschwichtigt hatte, nahm sie den Strickstrumpf zur Hand und setze sich auf die kleine Bank am Heerde, wo ihr das Herz allmählich wieder leicht wurde. Sie gedachte der verstorbenen Mutter und bat Gott, ihr auch einst die Ruhe im Grabe zu verleihen, so lange sie aber noch hier im Staube wandle, gelobte sie Alles fromm zu dulden, bis sie einst in einer besseren Welt wieder in den Armen der Mutter ruhen werde. Plötzlich hörte sie ihren Namen rufen; als sie aber die Augen aufschlug, sah sie Niemanden. Nach einer Weile sagte das unsichtbare Stimmchen: »Geh und schüttle die Eberesche!« Aschen-Trine eilte das Geheiß zu erfüllen. Nachdem sie den Baum ein paar Mal geschüttelt hatte, wurde es hell und auf dem Wipfel saß ein ellenhohes Frauenbild in Goldgewändern, ein kleines Körbchen in der einen und ein goldenes Stäbchen in der anderen Hand. Die kleine Fremde fragte das Mädchen nach diesem und jenem, wie es ihr bis jetzt ergangen sei, und als sie Bescheid erhalten, ließ sie sich zur Erde nieder. Sie streichelte der Waise die Wangen und sagte tröstend: »Binnen kurzem wirst du bessere Tage erleben, du mußt aber heute auf des Königs Fest gehen.« Aschen-Trine sah sie ungläubig an und hielt die Rede für Spott.
 
Das kleine Frauenzimmer nahm jetzt ein Hühnerei aus dem Korbe und berührte es mit dem goldenen Stäbchen — sofort stand eine schöne Kutsche auf dem Rasen. Dann nahm sie wieder sechs junge Mäuse heraus, und verwandelte sie in sechs schöne isabellfarbene Pferde, welche vor die Kutsche gespannt wurden. Aus einem schwarzen Käfer wurde dann ein Kutscher gemacht und zwei bunte Schmetterlinge wurden in Diener verwandelt. Diese baten Aschen-Trine, sich in die Kutsche zu setzen und auf des Königs Fest zu fahren. Wie durfte aber die Waise in schmutzigen Kleidern zum Feste kommen?[S 54] Die kleine Zauberin, oder was sie sonst sein mochte, berührte mit ihrem Goldstäbchen Trinen's Kopf und siehe! augenblicklich war sie zum stattlichsten deutschen Fräulein geworden, das man nur sehen konnte; ihre alten schlechten Kleider waren in einen kostbaren Anzug verwandelt, der ganz aus Sammt und Seide bestand und von Gold und Silber schimmerte. Am schönsten aber war ein goldener Kranz auf dem Haupte, der von Edelsteinen funkelte, die wie die Sterne am Himmel glänzten.
 
Die kleine Zauberin mahnte: »Fahre jetzt zum Feste und genieße mit den Andern alles Wohlsein und Vergnügen, damit das Andenken an die vergangenen Leidenstage in deinem Herzen erlösche und die Freude darin aufdämmere. Wenn aber der Hahn um Mitternacht drei Mal kräht, dann darfst du keinen Augenblick länger bleiben, sondern mußt nach Hause eilen, als ob es dir auf den Nägeln brenne[22]. Sonst hört die Zauberkraft auf, und Kutsche, Pferde, Kutscher, Diener und du selbst verwandeln sich wieder in das, was sie vorher waren. Darum vergiß meine Mahnung nicht, sonst geräthst du in Schande und verscherzest dein Glück.«
 
Aschen-Trine versprach die Zeit genau in Obacht zu nehmen; setzte sich in die Kutsche und fuhr in gestrecktem Galopp auf des Königs Fest. Als sie aber in den Festsaal trat, war es als ob die Sonne aufgegangen wäre, so daß alle andern Fräulein und Damen neben ihr erbleichten, wie der Mond und die Sterne in der lichten Morgenröthe. Die Stiefschwestern erkannten sie zwar nicht in dieser Pracht und Schönheit, aber doch drohte ihr Herz vor Neid zu bersten. Der Sohn des Königs hatte für keine Andere mehr Auge noch Ohr, sondern wollte der Aschen-Trine keinen Augenblick von der Seite weichen; mit ihr unterhielt er sich auf's Angenehmste, mit ihr scherzte und tanzte er, als ob sonst Niemand weiter im Saale wäre. Auch der alte König und seine Gemahlin beeiferten sich dem stattlichen Fräulein, an dem sie eine Schwiegertochter zu bekommen hofften, alle Ehre zu erweisen. Aschen-Trine war wie im Himmel, so daß die Freude ihr nicht Zeit ließ, an irgend etwas Anderes zu denken, als das Glück des Augenblickes zu genießen. Beinahe hätte sie die Mahnung der kleinen Zauberin gänzlich vergessen, hätte nicht der Hahnenschrei um Mitternacht sie aufgescheucht und angetrieben nach Hause zu eilen. Als sie den Saal verließ, krähte der Hahn schon zum zweiten Male, aber ehe sie sich in die Kutsche setzen konnte, hatte er zum dritten[S 55] Male gerufen. In demselben Augenblicke verschwanden aber auch Kutscher, Pferde und Diener, als wären sie in die Erde gesunken; Aschen-Trine fühlte sich wieder in ihren alten schmutzigen staubigen Kleidern und eilte nun in vollem Laufe nach Hause — mit solcher Hast, daß ihr der Kopf rauchte und der Schweiß von den Wangen troff. Sie warf sich dann auf ihr Lager am Heerde, dachte an die schmeichelhafte Ehre, welche ihr im Hause des Königs erwiesen worden und konnte lange den Schlaf nicht finden. Endlich entschlummerte sie und schlief ruhig bis zum Morgen, obwohl bunte Träume das glückselige Fest ihr wieder vor Augen brachten.
 
Die Stiefschwestern waren erst gegen Mittag erwacht, so sehr hatte das Fest sie ermüdet. Als sie aus dem Bette stiegen, mußte Aschen-Trine sie waschen, anziehen und kämmen, wobei sie von nichts Anderem sprachen, als von dem gestrigen Feste beim Könige und von dem unbekannten fremden Fräulein, dessen Schönheit, Pracht und zierlicher Anstand die andern so sehr überstrahlt hatten, daß von dem Augenblicke an, wo sie über die Schwelle getreten war, des Königssohnes Augen sich nicht mehr von ihr gewendet hatten. War sie überhaupt eines sterblichen Menschen Kind gewesen, so konnte sie nur eines steinreichen Königes Tochter, etwa aus Land Kungla[23] sein. Als sie fortgegangen, sei der Königssohn mißmuthig geworden, und habe nicht mehr getanzt, noch mit irgend Jemand sich unterhalten. Der Aschen-Trine hüpfte das Herz vor Freude, als sie solches vernahm, sie brachte deshalb dreimal mehr Zeit als gewöhnlich damit zu, ihre Stiefschwestern anzukleiden und achtete weder ihre Schimpfreden noch ihre Schläge: Alles glitt von ihr ab wie Wasser, das auf eine Gans gegossen wird. Am Heerde hatte sie den Tag über keinen andern Gedanken als an das gestern genossene Vergnügen und an den Königssohn, der — sie zweifelte kaum — ein Auge auf sie geworfen hatte.
 
Als nun am Abend die Stiefschwestern wieder zum Feste gingen, blieb Aschen-Trine ruhig zu Hause und ging auch nicht wieder die Eberesche zu schütteln, da sie Alles der Fürsorge des himmlischen Vaters überlassen wollte. Noch vor Mitternacht kamen die Schwestern von des Königes Fest zurück und sprachen davon, daß der Königssohn die Flügel habe hängen lassen, mit Niemanden getanzt noch gesprochen, sondern nur unverwandten Blickes nach der Thür gesehen habe, ob nicht das Fräulein von gestern wieder kommen würde. Der König hatte des[S 56]halb erklärt, sein Sohn sei unwohl und der dritte Tag des Festes könne nicht gefeiert werden.
 
Wir haben vergessen zu erwähnen, daß Aschen-Trine bei ihrem raschen Ausbruch aus dem Festsaale einen ihrer goldenen Schuhe draußen an der Schwelle verloren hatte. Am andern Morgen hatte der Königssohn den verlorenen Schuh gefunden und die Hoffnung gefaßt, dadurch dem Mädchen auf die Spur zu kommen. Seine Sehnsucht ließ ihm nicht Tag noch Nacht Ruhe; er wäre eher in den Tod gegangen, als daß er die unbekannte fremde Dame für immer aufgegeben hätte, aber wo sollte er sein Liebchen finden? — Nach einigen Tagen ertheilte er Befehl, in Stadt und Land überall zu verkünden, daß es sein fester Entschluß sei, diejenige Jungfrau zu seiner Gemahlin zu machen, deren Fuß in den zurückgelassenen goldenen Schuh passen würde. Auf diesen Ruf eilten nun alle jungen Mädchen herbei, ihr Heil zu versuchen, ob ihr Fuß so gebaut sei, daß er sie zur Gemahlin des Königssohnes machen könne.
 
In dem schönsten der Gemächer des Königssohnes stand der hübsche goldene Schuh auf einem seidenen Kissen; dahin wurden die Mädchen, hoch und nieder, eine nach der andern geführt, damit jegliche den Schuh anpassen könne. Aber der Einen war der Schuh zu lang, der Andern wieder zu kurz, der Dritten zu eng, so daß keiner Einzigen Fuß hineinpaßte. Manche Zehe und manche Hacke mußte Pein leiden, ohne daß es half. Eines Tages waren auch Aschen-Trine's Stiefschwestern hingegangen, ihr Glück zu versuchen. Nach ihrer Meinung hatten sie so kleine Füße, daß ihnen schon der Frauenschuh[24] hätte passen müssen. Darum schoben, stopften, drückten und stießen sie mit Gewalt den Fuß in den goldenen Schuh, daß das Blut unter den Zehen durchschien. Aber alle ihre Mühe war umsonst. Die jüngere Schwester sagte mit Nasenrümpfen: »Das ist ein dummer Schuh, den man zum Schabernack gemacht hat und in den kein menschlicher Fuß hineingeht.« Im nächsten Augenblicke schon sollte ihre Rede Lügen gestraft werden.
 
Groß war nämlich der Schwestern Erstaunen, als plötzlich die Thür aufging und — Aschen-Trine eintrat, in ihrem alltäglichen mit Staub und Asche bedeckten Anzuge, den sie immer am Heerde trug. Zornig gaben die Schwestern Befehl, das schmutzige Ding hinauszuwerfen, aber noch ehe Jemand diesem Befehl nachkommen konnte, hatte Aschen-Trine schon ihren Fuß in den goldenen Schuh gesteckt,[S 57] der ihr paßte wie angegossen. Und ehe die Zuschauer noch Zeit hatten, sich von ihrem Erstaunen zu erholen, begab sich etwas noch Seltsameres vor ihren Augen. Das Gemach erfüllte sich plötzlich mit dichtem Nebel, so daß man keinen Schritt weit vor sich sehen konnte. Aus dem Nebel schimmerte dann plötzlich etwas wie ein helles Feuer hervor, und aus diesem entwickelte sich die glänzende Gestalt der kleinen Zauberin; sie berührte mit dem Goldstäbchen Aschen-Trine, deren geringe Hülle mit Gedankenschnelle von ihr abfiel, so daß sie als die leuchtende Jungfrau da stand, welche an jenem ersten Festabend dem Königssohne als die lieblichste von allen erschienen war. Dieser stürzte nun jauchzend auf die schöne Jungfrau zu und umarmte sie mit den Worten: »Diese Jungfrau hat Gott mir zur Gefährtin geschaffen.«
 
Die kleine Zauberin, oder wer sie sein mochte, schenkte der Aschen-Trine eine so große Mitgift, daß man sie fuhrenweise in die Stadt bringen mußte, wo dann ein prächtiges Hochzeitsfest gefeiert wurde, welches einen vollen Monat dauerte. So war aus der verachteten Waise die Gemahlin eines Königssohnes geworden. Ihre Stiefschwestern wollten vor Neid bersten, daß die Aschen-Trine sich so hoch über sie erhoben hatte — Aschen-Trine, welche sie bis dahin schlimmer als den Hofhund gehalten hatten. Aber Aschen-Trinen's gutes Herz mochte ihnen nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern verzieh ihnen all' ihr Unrecht, ja sie that ihnen noch obendrein Gutes, als sie nach des Schwiegervaters Tode Königin geworden war.
 
Obwohl sie nun schon längst unter dem Rasen ruht, so lebt doch ihr Andenken noch ungeschwächt im Munde des Volkes, und sie wird gepriesen als die beste und auch als die schönste der Königinnen. 
顶一下
顶一下
(0)
0%
踩一下
(0)
0%
关键词标签
热门搜索
论坛新贴