Boguslai, Fürst von Nowgorod, wurde achtzig Jahre alt, und regierte sechzig Jahre ruhig und glücklich. Sein einziger Sohn Wassilie war bei seinem Tode zwanzig Jahre alt. Von der väterlichen strengen Zucht befreit, unter Aufsicht einer zärtlichen, ihn halb vergötternden Mutter, ließ er seiner starken feurigen Natur den Zügel, und richtete mancherlei Unheil an.. Er war fast den ganzen Tag auf der Straße und kurzweilte mit Jünglingen und Männern; aber wer sich mit ihm einließ, der kam gewöhnlich schlimm dabei weg, denn wessen Hand er fasste, der war um seine Hand, und wessen Kopf er antastete, der war um seinen Kopf.
Über dergleichen tolle Kurzweil des jungen Fürstlein fingen die Nowgoroder an zu murren, und die Posadniks versammelten sich auf dem Rathause, um Rat zu pflegen. Nach gefasstem Beschluss traten sie vor die Mutter Wassilis und redeten sie also an: "Du bist eine brave Frau, Amelpha Timophejewna, und so halte doch dein liebes Söhnlein Wassili Boguslawitsch besser in Zucht, dass er nicht auf die Straße geht und nach seiner Art kurzweilt; denn schon ist unsere große Stadt durch seine Kurzweil an Menschen ärmer geworden." -
Über diese Rede ward die brave Matrone sehr bekümmert und versprach den Posadniks, ihren Waska in Zukunft besser in Zucht zu halten. Darauf tat sie ihnen eine Ehre an und ließ sie höflich von sich. Nun berief sie ihren lieben Waska vor sich und ermahnte ihn mit folgenden Worten: "Ach, mein teures Kind, gehe doch nicht mehr auf die Straße, um mit den Männern und Jünglingen von Nowgorod zu kurzweilen. Du hast Ritterstärke aber du weißt sie nicht zu gebrauchen; denn wen du bei der Hand fassest, der ist um seine Hand, und wen du am Kopfe nimmst, der ist um seinen Kopf. Darüber murrt das Volk, und die Posadniks sind bei mir gewesen, um sich zu beklagen. Bedenke, wenn sie gegen uns aufständen, was könnten wir machen? Du bist eine vaterlose Weise und ich eine arme Witwe; und so groß deine Stärke auch ist, vermagst du wohl gegen Tausende zu stehen? Sind nicht die Männer von Nowgorod ohne Zahl? Höre mein gutes Wort, liebes Kind, und folge deiner Mutter." - Wassili Boguslajewitsch hörte die Ermahnungen seiner Mutter still und ehrfurchtsvoll an, und nachdem sie ausgeredet hatte, neigte er sich vor ihr bis zur Erde und antwortete ihr mit bescheidener Miene Folgendes: "Liebe Mutter, ich fürchte nicht die Posadniks und die Männer von Nowgorod; wohl aber fürcht' ich deine mütterliche Ermahnung und dein gutes Wort. Ich verspreche dir, nicht mehr auf die Straße zu gehen, um Kurzweil zu treiben. Aber wie soll ich mich sonst belustigen? Wie soll ich die Stärke meiner Arme versuchen? Du hast mich nicht geboren, um hinter dem Ofen zu sitzen, und nicht umsonst hat mir das Schicksal Ritterstärke verliehen. O, wenn meine Zeit kommt, will ich die Posadniks schon demütigen, und das ganze Land der Russen soll sich vor mir beugen. Aber jetzt steh' ich noch unter deiner Zucht, und so erlaube mir, Kameraden zu wählen, mit denen ich scherzen und kurzweil und die Kraft meiner Arme versuchen kann. Gib mir Bier und Met, damit ich die Mutigen und Starken laden kann, und so Kameraden finde, die nach meiner Hand sind." - Diese Bitte wurde ihm gewährt, und Amelpha Timophejewna ließ vor die Tore des Schlosses Fässer mit Met und Bier stellen, und schwere goldne Trinkgeschirre daran hängen, und sandte Herolde aus, die durch die Straßen von Nowgorod gingen und ausriefen: "Wer herrlich und in Freuden leben will, und Lust hat, bunte Kleider zu tragen, der komme auf das Schloss zu Wassili Boguslajewitsch; aber er berate sich zuvor mit seiner Stärke und prüfe die Festigkeit seiner Knochen, denn Wassili Boguslajewitsch liebt nur die Mutigen und Starken." -