Elektrizität war in den fünfziger Jahren ein kostbares Gut. In den meisten Zimmern war die Deckenlampe der einzige Stromverbraucher. Der Stromgeiz der Bürger ging so weit, dass sich die Elektrizitätswerke gezwungen sahen, in Zeitschriften für den 'Pfennigspaß Strom' zu werben, um die Bürger zu bewegen, mehr elektrische Energie zu verbrauchen.
Auch unser neues Haus war nach heutigen Gesichtspunkten erbärmlich elektrifiziert. Lediglich im Wohnzimmer, im Schlafzimmer der Eltern und in unserer Küche befand sich je eine Steckdose. Letztere war erst 1955, ein Jahr nach Fertigstellung des Hauses, nachträglich installiert worden, als Mutter zu ihrem Geburtstag einen Elektroherd erhalten hatte. Verbunden war das aufwändige Geschenk mit dem deutlichen Hinweis, dass ihr zu Weihnachten nun nur noch eine kleine Aufmerksamkeit zustünde.
Nun stand Weihnachten vor der Tür, und es kündigte sich an, dass sich in der Küche erneut etwas ändern würde.
Wieder kam der Elektroinstallateur und montierte in der Küche mit geringem und preisgünstigem Aufwand eine zweite Steckdose. Hierzu führte er ein Kabel aus dem Steckkontakt des Herdes über der Tapete senkrecht nach unten, und legte es oberhalb der Fußbodenleiste bis in die Ecke zwischen Spüle und Fenster. Alle zehn Zentimeter befestigte er die Elektroleitung mit einer Krampe. Am Kabelende schraubte er dann eine Steckdose auf die Lamberie. Dabei schwieg er eisern über den Nutzen seiner Arbeit. Das machte die Sache verdächtig. Die ganze Familie, Vater natürlich ausgenommen, rätselte, ob denn nicht doch etwas auf Mutters Gabentisch liegen würde.
Vater beschwichtigte, indem er davon sprach, dass er sich zu Weihnachten einen elektrischen Rasierer gewünscht und, da er nun einmal der Verdiener war, auch schon selbst gekauft habe. Er wolle sich ab Weihnachten immer in der warmen Küche rasieren, was er bisher nur an sehr kalten Wintertagen tat.
Mutter glaubte ihm sofort. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass Vater bei Innovationen meistens an sich dachte. Auch den elektrischen Herd, der den Kohleherd keinesfalls ganz ablösen sollte, hatte Vater unserer Mutter schließlich nur deshalb geschenkt, damit sein Essen immer pünktlich zu Beginn seiner Mittagspause fertig war. Mit dem Herdfeuer, dessen Hitze ständig schwankte, war die Kochzeit nur ungenau abzuschätzen, und Vater ärgerte sich ständig entweder über verkochtes Essen oder, dass er das zu spät garende Essen halb roh runterschlingen musste, um wieder pünktlich an seinem Arbeitsplatz zu sein.
Das betraf wie gesagt nur das werktägliche Mittagessen. Der Elektroherd durfte daher, um die Stromkosten zu minimieren, an anderen Tagen und zu anderen Zeiten nicht benutzt werden. Außer, dass Vater sich hin und wieder, wenn er morgens spät dran war, schnell auf der kleinen Platte etwas Wasser in einem Topf schwach erwärmte, um seine Rasierseife besser anrühren zu können.
Wir Kinder glaubten nicht so richtig an den elektrischen Rasierapparat. Der hätte doch täglich Strom verbraucht. Sicher schenkte Vater unserer Mutter einen Tauchsieder, damit er sich im gegebenen Fall das Rasierwasser kostengünstiger und schneller als mit dem Elektroherd erhitzen konnte.
Auf jeden Fall musste es etwas sehr Kleines sein, denn die Post brachte vor Weihnachten kein auffälliges Paket. Es wurde überhaupt nichts angeliefert. Bestimmt hatte Vater Mutters Elektrogeschenk irgendwann in seiner Hosentasche oder Brotbüchse mit nach Hause geschmuggelt.
Wir mussten uns wirklich überraschen lassen und warten, bis Weihnachten kam.
Dann endlich kam der Heilige Abend. Auf Vaters Gabentisch lag ein brandneuer Philips "Trockenrasierer" Typ 7735 mit einem rotierenden Messer. Auf Mutters Gabentisch lag nichts. Dabei hatte sie selbst für Vater von dem spärlichen Haushaltsgeld eine Dose Astor Filter abgespart, die sie in das frisch gebügelte Papier eines ehemaligen Ostergeschenks eingewickelt hatte.
Als Mutter hörbar nach Luft schnappte, sagte Vater betont beiläufig, als habe er es tatsächlich vergessen: "Ach, ich hätte es beinah vergessen. Ich muss ja noch Mutters Geschenk holen. Wartet bitte hier. Es wird etwas länger dauern."
Und es dauerte länger. Wir warteten sicher mehr als 20 Minuten. Vom Flur her war Keuchen und Schnaufen, aber auch die Stimme von Herrn Heinrich, unserem Nachbarn, zu hören. Kurz darauf öffnete sich die Tür, und Vater stand schweißgebadet und erschöpft im Türrahmen und bat uns um noch eine Sekunde Geduld. Dann löschte er bedeutungsvoll das Licht in Flur und Wohnzimmer, nahm eine Weihnachtskerze vom Baum und ging geweihten Schrittes Richtung Küche. Wir folgten andächtig.
Auf den ersten Blick fiel uns keine Veränderung auf, bis ein leises Brummen unseren Blick in die Ecke zog, in der jüngst die Steckdose installiert worden war. Dort stand ein weißes Ungetüm mit abgerundeten Kanten und einem großen, verchromten, senkrechten Handgriff an der Vorderseite. Mutter stieß einen Freudenschrei aus. Vater sagte nur ein Wort, "Eisschrank !", zog an dem großen Griff und öffnete damit die Fronttür. Der Innenraum war hell erleuchtet. Nie hätten wir geglaubt, dass elektrisches Licht so hell sein kann. Das war etwas ganz Anderes als die Sparfunzeln in unseren Deckenlampen.
"Das Licht geht aus, wenn ich die Tür schließe", sagte Vater mit wissender Miene. "Hat jedenfalls Herr Heinrich gesagt", fügte er schon etwas nachdenklicher hinzu.
Nach etwas Drucksen erklärte er dann, dass er den Kühlschrank günstig über Herrn Heinrich bezogen habe, der einen Arbeitskollegen habe, dessen Vater mit gebrauchten Elektrogeräten handele. Herr Heinrich habe den Eisschrank auch bis Weihnachten in seinem Keller versteckt. Und er habe die Zeit genutzt, den Eisschrank neu zu streichen.
Nun stellte Vater als Krönung des Weihnachtsgeschenks, als offizielle Indienststellung sozusagen, eine Flasche Wein in den Eisschrank, kniete sich links neben die Tür und schloss die Tür ganz langsam.
"Mist", sagte er dann, "ich habe es nicht gesehen. Ich konnte nicht sehen, dass das Licht ausgeht."
Wir hatten zwar nicht ausdrücklich darauf geachtet, aber wir konnten auch nicht bestätigen, dass das Kühlschranklicht beim Schließen der Tür erloschen war. Daher belagerten wir nun auf Anweisung Vaters den Kühlschrank wie die kaiserlichen Infanteristen, die erste Reihe - das waren ich und mein Bruder - liegend, die zweite Reihe - unser Vater - kniend und die letzte Reihe - meine Mutter - stehend.
Mit einem Ruck riss Vater die Tür auf, so als wolle er den Eisschrank überlisten, indem er schneller als das Licht war. Wir starrten in den hell erleuchteten Eisschrank und auf die Weinflasche, die durch den Ruck aus der Türmulde geschleudert worden war und nun zerbrochen auf dem Küchenboden lag. Vater fluchte und knallte vor Wut die Eisschranktür zu. Wir vergaßen vor Schreck darauf zu achten, ob dabei das Licht im Eisschrank ausging. Mutter kehrte die Flaschenscherben auf und wischte den Boden.
Wieder kauerten wir uns seitlich vor den Eisschrank. Vater legte sich sicherheitshalber das Geschirrhandtuch unter, damit seine Hose nicht schmutzig wurde, und öffnete die Eisschranktür dieses Mal extrem langsam und vorsichtig. Wir konzentrierten all unsere Sinne. Das Licht war an, sobald auch nur zu bemerken war, dass sich die Tür öffnete. Er schloss sie wieder in winzigen Bewegungsschritten. Das Licht blieb an, bis die Tür letztendlich zu und kein Spalt mehr vorhanden war, der Blickkontakt zum Innenraum hätte bieten können. War das Licht nun noch an, oder war es aus?
"Solange das nicht geklärt ist", meinte Vater, "bleibt der Stecker draußen. Ich habe mein Bier bisher auch ohne Eisschrank trinken können." Mit diesem Machtwort zog er den Stecker aus der Dose und verließ demonstrativ die Küche.
Mutter fing an zu weinen. Sie tat mir leid. Wie konnte ich ihr nur helfen. Ich öffnete die Tür des Eisschranks. Der Innenraum war dunkel. Logisch. Vater hatte ja den Stecker herausgezogen. Vom Wohnzimmer erklang Vaters drohende Stimme: "Wehe jemand steckt den Stecker wieder rein. Das muss erst geklärt werden." Hastigen Schrittes kam er wieder in die Küche.
Derweilen untersuchte ich die Tür. Logisch, damit das Licht überhaupt ausgehen konnte, musste im Türrahmen ein Schalter sein, ähnlich, wie ich es bei unserem VW-Käfer gesehen hatte. Richtig, da war ein kleiner Druckkontakt. Triumphierend zeigte ich Vater meine Entdeckung. Der wiegte nachdenklich seinen Kopf. Dann wies er mich an, den Knopf mit dem Finger einzudrücken, während er den Stecker wieder in die Dose steckte. Der Eisschrank fing wieder an zu brummen, aber das Licht blieb aus. Vater drängte mich zu Seite. Das Licht ging an. Nun drückte Vater den Knopf ganz langsam ein, bis das Licht erlosch. Dann ließ er den Knopf wieder langsam los, bis das Licht wieder anging. So machte er das viele Male, um dann wieder langsam die Tür zu schließen und wieder zu öffnen. Auch das mehrere Male.
Endlich stand er auf, zog den Eisschrankstecker wieder heraus und sagte knapp: "Das beweist gar nichts. Niemand kann feststellen, ob der Schalter von der Tür so weit eingedrückt wird, dass das Licht auch wirklich ausgeht. Bei unserem VW ist das doch auch so. Bei der linken Tür geht das Licht direkt an, sobald ich die Tür nur aus der Verriegelung löse. Die rechte Tür muss ich zur Hälfte öffnen, bis das Innenlicht endlich brennt. Ich werde es euch beweisen.
Also gingen wir alle auf die Straße, wo vor unserem Haus Vaters alter VW Käfer geparkt war. Vater schloss die Fahrertür auf. Kaum hatte er den Sperrknopf eingedrückt, schaltete auch schon die Innenbeleuchtung an. Dann schloss er die Fahrertür, ging zur Beifahrertür und öffnete diese. Jetzt schaltete die Innenbeleuchtung erst an, als die Tür schon fast ganz offen war. "Seht ihr", sagte Vater besserwisserisch, "bei der Fahrertür ist der Schalter so knapp eingestellt, dass er beim Türeschließen gerade noch das Licht ausschaltet. Wer sagt mir, dass der Schalter im Kühlschrank nicht noch schlechter funktioniert?"
Ich überprüfte die Schalter in den vorderen Innenleisten der VW-Türrahmen. Sie schalteten absolut gleich. Der Unterschied lag in den Türscharnieren. Während die rechte Tür noch stramm saß, wackelte die Fahrertür durch den ständigen Gebrauch beachtlich in den Scharnierbolzen. Der Unterschied lag also in den Scharnieren und nicht in den Schaltern. Aber Vater ließ das nicht gelten. "Wer sagt uns denn", meinte er, "dass die Scharniere des Eisschranks nicht auch ausgeschlagen sind? Schließlich ist der Eisschrank nicht viel jünger als mein VW." Es muss ihm so herausgerutscht sein, denn unser Brezelfenster-VW war schon sehr, sehr alt.
Entmutigt gingen wir wieder ins Haus. Vorher pochte Vater noch einige Male mit der Faust gegen die Fahrertür des VW, um sicher zu sein, dass das Innenlicht nicht etwa bei Erschütterung anschaltete.
Wie konnte ich Mutter nur helfen. "Lass mal", sagte Mutter, "das wird sich nach Weihnachten sicher gelöst haben. Geht ihr doch erst einmal zu euren Geschenken."
Natürlich. Vor aller Aufregung hatte ich mein eigenes Geschenk bisher noch gar nicht beachtet. Das lag natürlich auch daran, dass ich genau wusste, was man mir schenkte. Ich hatte mir eine Kamera-Ausrüstung gewünscht und selbst ausgewählt. In der Verpackung befand sich alles, was ein angehender Fotograf benötigte. Eine Kamera, ein aufschraubbarer Selbstauslöser, ein Blitzaufsatz mit 12 Blitzbirnen und ein Rollfilm für 12 Bilder. Ich konnte sofort fotografieren. Und das tat ich auch.
Zuerst knipste ich Vater, der so tat, als würde er mit seinem neuen elektrischen Rasierapparat die Nadeln vom Weihnachtsbaum rasieren, während er eine Dose Astor-Zigaretten auf dem Kopf balancierte. Dann knipste ich Mutter, wie sie stolz in der zerfledderten Gebrauchsanleitung des Eisschranks las. Danach knipste ich meinen Bruder mit seinem Märklin Baukasten. Anschließend knipste mich Vater mit dem leeren Karton der Kameraausrüstung unter dem Arm. Nun gruppierten wir uns vor dem Weihnachtsbaum. Diese Szene knipste ich zur Sicherheit gleich zweimal, denn mit dem Selbstauslöser hatte ich keine Erfahrung, und wie leicht macht einer im Moment des maschinellen Auslösens der Kamera gerade ein blödes Gesicht.
Schließlich kam Vater auf die Idee, dass wir uns auch auf den Küchenboden vor den Eisschrank setzen könnten. Hierzu würde er extra noch einmal den Stecker einstecken. Er ging stolz voraus.
In der Küche machten wir zuerst noch einmal drei Aufnahmen mit dem Selbstauslöser. Eine von der Familie vor geschlossener Eisschranktür. Eine weitere vor der geöffneten Tür ohne eingestecktem Stromstecker, aber dafür, damit der Eisschrank nicht so öde aussah, statt mit Weinflasche mit Vaters Rasierapparat darin.
Zu guter Letzt, als fotografische Herausforderung, eine Aufnahme der Familie im Gegenlicht der Eisschrank-Innenbeleuchtung bei geöffneter Eisschranktür und eingestecktem Stecker.
Dabei kam mir eine Idee, wie wir herausfinden konnten, ob die Innenraumbeleuchtung wirklich ausgeht, wenn die Eisschranktür geschlossen wird.
Ich erklärte Vater, dass ich lediglich die Kamera mit aufgezogenem Selbstauslöser in den Eisschrank stellen müsste, während er anschließend schnell die Tür schließt. Die Kamera würde dann auf dem Bild festhalten, ob nun das Licht an oder aus sei.
Vater leuchtete die Idee ein. Er bestand aber darauf, auch das Blitzlicht einzusetzen.
Ich bereitete alles vor, drehte den Selbstauslöser auf und stellte die Kamera gegenüber der Eisschrank-Innenbeleuchtung auf. Vater schloss die Tür ganz vorsichtig, damit die Kamera nicht umkippte. Er wartete einen Moment, dann riss er die Tür wieder auf, als wolle er die Kamera in flagranti erwischen. Und genau das tat er auch. Durch den Sog der öffnenden Tür fiel die Kamera vornüber aus dem Eisschrank und fast zeitgleich löste der Selbstauslöser den Blitz aus. Ein Glück, dass Vater das Geschirrhandtuch, auf dem er bei den ersten Untersuchungen gekniet hatte, kurz zuvor mit dem Fuß achtlos an den Kühlschrank geschoben hatte. Das zusammengeknüllte Tuch dämpfte den Sturz der Kamera hervorragend ab. Nun, das Bild wäre ohnedies kein Beweis geworden, denn Vater hatte die Tür zu früh geöffnet und dass das Licht des Eisschranks bei geöffneter Tür brennt, wurde nie in Frage gestellt und war längst bewiesen.
Also noch einmal dasselbe. Sicherheitshalber baute mein Bruder mithilfe seines Märklin-Baukastens schnell noch eine kleine Kamerahalterung, die er mit dem mittleren Eisschrankboden gegenüber der Eisschrankglühbirne verschraubte. Mein Vater stoppte in der Zwischenzeit mit seiner alten Wehrmachtsuhr die Laufzeit des Selbstauslösers. Nun musste es klappen.
Dieses Mal warteten wir vorsichtshalber 5 Minuten, bevor wir die Eisschranktür behutsam öffneten. Der Blitz hatte ausgelöst. Die Aufnahme musste gelungen sein.
Nun blieb noch ein Bild auf dem Film. Dies wollte ich entgegen Vaters Vorstellung ohne Blitz machen. Schließlich, wenn die Birne im Eisschrank an war, war auch Licht vorhanden. War sie aus, so würde das Bild völlig dunkel bleiben. Auch dieses Foto funktionierte.
Vater zog den Stecker des Eisschranks wieder heraus. "Bis der Film entwickelt ist", so lautete seine Anweisung, "können wir auch ohne Eisschrank auskommen. Wir hatten bisher schließlich auch keinen." Nun, während der Weihnachtsnächte hatte Mutter Vater wie vorhergesagt irgendwie überredet, das Eisschrankeinsteckverbot wieder zurückzunehmen. Aber Vater ließ sich nicht ganz so einfach einwickeln. Er schraubte zuvor die Birne der Innenbeleuchtung heraus.
Endlich konnte ich die Fotos bei der Drogerie abholen. Alle Bilder waren gut gelungen - bis auf die Eisschrank-Innenaufnahmen. Die erste, bei der Vater vorzeitig die Eisschranktür geöffnet hatte, zeigte einen Ausschnitt des Küchenfußbodens mit Geschirrhandtuch und Vaters Füßen. Die zweite Aufnahme mit Blitz war völlig überbelichtet. Sicher hatte der kleine weiße Innenraum des Eisschrankes dafür gesorgt, dass die Blitzintensität viel zu hoch war. Es war nichts auf dem Foto zu sehen. Es war einfach weiß. Das letzte Bild war völlig dunkel. Es war unbelichtet. Ich vermutete, weil die Innenbeleuchtung des Kühlschranks aus war.
Vater interpretierte das Ergebnis anders. Seiner Meinung nach war der Film zum Zeitpunkt der letzten Aufnahme durch den Eisschrank schon so stark gekühlt worden, dass er einfach unempfindlich war. Dieser Effekt wäre noch dadurch verstärkt worden, dass die Innenbeleuchtung im Vergleich zum Blitz so schwach sei, dass auch die Belichtungszeit nicht ausgereicht hätte.
Nach seiner Logik musste das Bild technisch bedingt auch dann sackdunkel werden, wenn die Innenbeleuchtung an war. Der Beweis wäre die überbelichtete Blitzaufnahme. Sie wäre nur deshalb überbelichtet, weil zu dem Blitz noch die Innenbeleuchtung hinzugekommen wäre.
Dass Fotos durch den Blitz alleine nicht überbelichtet würden, das bewiesen alle anderen Aufnahmen, bei denen ebenfalls das Blitzgerät eingesetzt worden war und die gut gelungen waren. So wurde dieser Streit nie geklärt und die Innenbeleuchtungsbirne blieb draußen.
Ein Jahr später führte das dann noch zu Ärger. Herr Heinrich hatte Vaters Ängste aufgegriffen und der Vater seines Arbeitskollegen hatte daraufhin ein Modell entwickelt, bei dem in der Eisschranktür ein Türspion, also ein kleines Kuckloch eingebaut war. Das Modell erfreute sich größter Beliebtheit und Vater erhielt wegen seiner Anregung trotz ansonsten langer Lieferzeit ein Vorkaufsrecht, von dem er am folgenden Weihnachtsfest Gebrauch machte.
Als er dann zur Finanzierung des neuen gebrauchten Eisschranks unseren alten Eisschrank verkaufte, reklamierte der Käufer später verärgert, dass der veraltete Typ der Innenbeleuchtungsbirne nicht mehr beschaffbar war.
Bevor der Käufer unseres alten Eisschranks das jedoch feststellte, hatte er bereits ein Guckloch mit Flaschenkorkenverschluss in die Eisschranktür gebohrt, das sich nun als völlig überflüssig und sinnlos erwies.