"Um Gottswilln! Franziska!" Ferdinand stand hilflos neben der röchelnden Frau. "Mama! So dua halt irgendwos!""Mei Bua!" Die Alte stand daneben und knetete ihre Hände, "i woas doch a ned! Klopf ihr halt amal aufn Rückn." Franziska hustete und würgte, Ferdinand klopfte. "Ned so leicht Ferdinand, fester!" rief seine Mutter. "Fester! Wia na!? A so eaba?" Und schlug fest zwischen die Schulterblätter. "Hööööööuu" Machte Franziska, krebsrot im Gesicht. "Na ruaf halt an Notarzt! Schnell! Mama du siegst doch, dass sie koa Luft mehr kriagt!" Ferdinand gestikulierte Richtung Gang in dem das Telefon stand.
Seine Mutter schlurfte davon: "Der Notarzt, wo hab ich etz die Nummer hin gschrieben?" Und blätterte in ihrem Telefonbücherl. Unterdessen redete Ferdinand auf Franziska ein: "Du musst versuchen langsam ein und aus zu atmen. Laaaangsam. Ned so hektisch. Probiers a mal….." Aber Franziska hustete röchelte, fasste sich an den Hals und die Gesichtsfarbe wurde noch dunkler.
"Ich find die Nummer nicht. Ferdinand! Wie geht denn die Nummer?!" Rief seine Mutter aus dem Gang, immer noch in ihrem Bücherl blätternd. "Neunzehn-zwo-zwo-zwo, ah, geh weida, Mama!" Ferdinand kam in den Gang, nahm mit der linken Hand das Telefon aus der Halterung, schob mit beiden Händen seine Mutter zur Wohnungstür, öffnete diese mit der Rechten, tippte mit dem Zeigefinger die Zahlen, hielt den Hörer links ans Ohr "Geh du schon mal runter und schau ob die kommen. Des mach i scho. Die sind bestimmt auch glei da - Ja? Hallo? Hallo? - Geh zua Mama!", und schob sie nochmals, mit der rechten Hand, ein Stück weiter in den Hausgang.
"Hallo? Hier Winkenbichler, Sonnenstraße 10, bitte kommen sie schnell, meine Freundin hat was im Hals und kriegt keine Luft mehr…." Er ging zurück zu Franziska ins Wohnzimmer Seine Mutter stieg Stufe für Stufe, sich fest am Geländer haltend, aus dem zweiten Stock nach unten. Vor dem Haus auf dem Bürgersteig nervös auf und abgehend sah sie sich nach dem erwartenden Krankenwagen um, während Ferdinand oben im Wohnzimmer das Fenster öffnete, anschließend Franziskas Bluse, ihr ein Glas Wasser anbot "vielleicht kannst du`s runterspüln, versuch es doch mal, des hast du noch gar ned probiert…." Diese schlug ihm das Glas aus der Hand versuchte sich aufzurichten, fiel hin und blieb bewusstlos liegen. Ferdinand hatte das Glas auf den Tisch gestellt, an dem Wasserfleck herum gewischt, "Oh mei, wenn des de Mama sicht! Bleib doch liegn, Franziska. Franzi!" Stürzte auf sie zu, packte sie an den Schultern, schüttelte sie. Draußen hörte man den Krankenwagen kommen und bremsen. Türen schlagen. "Hier! Hier her!" Frau Winkenbichler aufgeregt rufen. Dazwischen Männerstimmen, Schritte im Hausgang, Wohnungstüren "Is was bassiert?" Die neugierige Stangelmeier vom Parterre. "Gehns nur nauf. Im zweiten Stock. Die Tür steht offen. Ich komm schon nach.", seine Mutter dazwischen "Nix gibt's" zur Stangelmeier gezischt. Schuh getrappelt. Dann zwei weißgekleidete Männer in der Wohnung. Ferdinand stand auf, wusste nicht recht was er tun solltte. Die Hand reichen? Begrüßen? Wurde zur Seite geschoben. Einer bückte sich zu Franziska, hob ein Augenlid nach dem anderen, leuchtete in ihre Pupillen. "Was ist passiert?" fragte ihn der Andere. "Na. Mia, mia ham Kaffee getrunken. Die Mama hat Honig-Kokos-Schneemänner gemacht. Handgemacht. Wissens, des is nämlich ihre Spezialität." Ferdinand versuchte an dem einen Sanitäter vorbei zu sehen, wollte wissen, was der andere mit Franziska machte. "Hallo? Können sie mich hören?" Der maß ihren Puls und versuchte mit ihr zu reden. "Franziska heißt sie. Franziska Wiesmeisl." Sagte Ferdinand leiser werdend. "Frau Wiesmeisl…." Der Sanitäter oder war es ein Arzt, Ferdinand konnte es nicht sagen, sprach Franziska mit Namen an. "Und weil Franziska Kokos so mag und Schneemänner so süß findet…Mama hat ihr zu liebe extra ein paar mehr gemacht…aber zwischen dem Kopf und dem Körpa, wissens, das des hoid…also, damit er ned oba fallt da steckts sie imma a Steckerl nei, de Mama." Ferdinand versuchte jetzt an der anderen Schulter des Sanitäters vorbei zu schauen. "Des hat aba di Franziska ned gwusst, des mit dem Steckerl," murmelt er vor sich hin.…."
Erstickungserscheinungen, Atemnot, eventuell Vergiftung, Bittermandel Geruch" verstand Ferdinand noch dann war plötzlich eine Trage da auf die sie Franziska hoben. "Wir bringen sie ins Josefi Krankenhaus." Sagte der eine im hinausgehen. "Ich komm mit", dachte Ferdinand. "Wir kommen mit" rief seine Mutter, noch vom Treppen steigen schnaufend, schob ihn mit der rechten hinter den Männern her, griff mit der linken nach den Schlüsseln auf der Kommode und ihrer Handtasche die an der Garderobe hing. "Mein Gott, wieso denn blos, Franziska", dachte Ferdinand und "Hätt i etz an Schal a braucht? Heid is so kalt draußn." Und weil sie beide, er und seine Mutter nicht zusammen in den Krankenwagen passten, fuhr er hinterher. "Wieso denn bloß, wieso denn bloß", murmelte er die ganze Zeit und seine Mutter unterbrach: "Paß auf, glei is Rot!" und hielt sich am Fenstergriff fest, "fahr halt schneller!" und "Oh mei, oh mei, oh mei." Begleitet von Kopfschütteln.
Im Krankenhaus musste er Franziskas Daten aufnehmen. Seine Verlobte, sagte er. Wie des klang. In vierzehn Tagen wären sie zusammengezogen, in der Weihnachtswoche. Mit der Umzugsfirma war auch schon alles geregelt.
Sie mussten am Gang auf den Arzt warten. Mama saß da und strickte. Er wunderte sich, wie die dran denken konnte Strickzeug einzupacken. "Setz di halt amal hin." Sie ließ die Nadeln in den Schoß sinken. "Bub! Du machst einen ganz nervös!" Schüttelte ihren Kopf und strickte weiter. Aber er mochte sich nicht setzen, nur auf und ablaufen. Würde am liebsten davonlaufen. Aber dann würde er nicht erfahren, wie es seiner Franziska ging. Ein paar Mal öffnete sich die Türe. Mutter und Sohn verharrten in ihren Bewegungen. Aber es waren nur Schwestern. Und er wanderte weiter auf und ab und sie strickte: klickerdieklack.
Und dann kam der Arzt raus. Schloß langsam die Tür, sah sich suchend um, kam auf ihn zu: "Herr Winkenbichler?" Ferdinand nickte der Arzt verschränkte die Finger vorm Bauch. "Es tut mir leid. Wir konnten nichts mehr für Frau Wiesmeisl tun. Wenn sie uns vielleicht eher benachrichtigen hätten können…der Zahnstocher hatte sich in die Luftröhre verirrt und quer gestellt. Rechtzeitig mit einem Schnitt hätte man noch etwas unternehmen können…aber so…." Der Arzt breitete ergeben die Hände aus, wünschte sein Beileid und verabschiedete sich. "…aber so" echote es in Ferdinands Kopf. Die Mama wickelte ihre Wolle um das Gestrickte und die Nadeln, packte ihre Sachen in die Handtasche, stand auf, hakte sich bei ihm ein und zog ihn fort. Ferdinand stolperte mit. "Weißt," und er meinte ein Lächeln in ihrer Stimme zu hören "sei Gutes hat de Sach ja a - etz feian mia Weihnachten mitnannt, brauchst nimma ausziehn, sondan bleibst bei mir."