Wie er sich da nun niederbeugte und schon die Hand um ein paar prächtige, saftige Salatpflanzen gelegt hatte, da hörte er eine Stimme rufen:
„O Gott, o Gott! Muß ich jetzt sterben?“
Der Mann wich zurück und starrte entsetzt auf den Salat.
„Bist auch du lebendig?“ fragte er.
„Warum sollt’ ich denn nicht?“ sagte der Salat.[S. 286] „Etwa weil ich nicht fliege wie ein Vogel, oder laufe wie eine Maus, oder miaue wie eine Katze? Siehst du nicht, wie ich wachse und gedeihe? Ich nehme Nahrung auf mit meinen Wurzeln, wie du mit deinem Munde, und verarbeite sie in meinen Blättern, wie du in deinem Magen. Ich freue mich an der Sonne so gut wie der Vogel und du. Läßt man mich am Leben, so treibe ich Blüte und Samen, und die Samen sind meine Kinder. Aber jetzt soll ich also sterben!“
„Nie und nimmermehr,“ rief der Mann. „Nicht um alles in der Welt will ich dir ein Leids antun. Ich begnüge mich eben mit den Radieschen.“
Er machte, daß er zum Radieschenbeet hinüberkam, und zog eines der größten heraus.
„O weh!“ seufzte das Radieschen, und dann starb es.
Mit einem Schrei ließ der Mann es los.
„Warst du auch lebendig?“ fragte er.
Darauf konnte es selber nicht antworten, denn es war tot. Doch eins von den andern, die auf dem Beet standen, nahm das Wort:
„Natürlich sind wir lebendig. Was denn sonst? Aber wir wissen wohl, daß wir sterben müssen. Wir sind bloß ausgesät, um zu wachsen und einst den Menschen als Nahrung zu dienen... diesen fürchterlichen Essern, die nie an etwas anderes als an Magenzufuhr denken und alles verzehren, was in ihre Nähe kommt. Schlimmere Räuber und Mörder gibt es nicht in der ganzen Welt.“
„Ich bin kein Räuber und kein Mörder,“ versicherte der Mann. „Ich werde euch niemals mehr essen! Ich will meinen Hunger mit ein paar Erdbeeren stillen...“