Die Geschichte, die nun kommt, klingt ganz unglaublich.
Darum kann sie aber recht gut wahr sein. Ich kenne viele unglaubliche Geschichten, in denen jedes Wort Wahrheit ist.
Die Geschichte ist auch sehr unheimlich.
Darum kann sie aber recht gut unterhaltend sein. Es gibt unheimliche Geschichten, die sehr unterhaltend sind.
Die Geschichte beginnt ganz friedlich an einem schönen, warmen Sommersonntag um halb neun Uhr morgens.
Da stand eine Mutter in ihrer Haustür und sagte zu ihrem kleinen Jungen, der mit einem Korb in der Hand auf der Treppe stand: „Lauf schnell zum Krämer, mein Junge, und denk daran, daß es Sonntag ist, und daß er um neun Uhr zumacht. Es liegt ein Zettel im Korbe mit allem, was du mitbringen sollst. Du kannst durch den Garten des Schmieds laufen, dann bist du schneller da.“
Der Junge ging, wie die Mutter es wünschte, durch den Garten des Schmieds.
Es war ein sehr netter Junge, aber er sah etwas verschlafen aus. Und das hatte auch seine Richtigkeit, denn er war wirklich schläfrig. Er war[S. 255] spät zu Bett gekommen, weil er eine Waldpartie mitgemacht und daher nicht ausgeschlafen hatte. Das konnte man auch an seinem Anzug sehen, der gar nicht richtig saß. Seine Mutter hatte keine Zeit gehabt, ihn nachzusehen. Denn es war ja Sonntag, und der Krämer schloß um neun Uhr.
Als nun der Junge durch den Garten des Schmieds ging, sah er ein schönes Stiefmütterchen auf dem Rasen.
Er ging darauf zu und pflückte es. Und er kniete nieder und sah sich auch die andern Blumen an. Er guckte in die Luft, einer Libelle nach, die vorbeischwirrte. Und wie es nun zuging, weiß niemand — auf einmal lag er auf dem Rücken und sah in die Wolken hinauf.
Kurz darauf schlief er ein. Neben ihm stand der Korb mit dem Zettel darin. Die Sonne schien. Die Uhr auf dem Kirchturme schlug neun, der Krämer setzte die Läden vor seine Fenster und schloß seine Tür. Die Mutter aber saß zu Hause und wartete.
Das war nun schon ziemlich unheimlich. Aber es kommt noch viel ärger.