Weiterhin wurde mir versichert, daß der Intendant der königlichen Einkünfte und der Schatzmeister des Klosters jährlich eine Rechnung von dem Ertrage empfangen und davon die mir rechtlich zukommende Hälfte regelmäßig bezogen hätten.
Als ich den Greis fragte, ob mir die Geltendmachung meiner Ansprüche auf die Pflanzung etwas nützen würde, erwiderte er:
»Ja, sicherlich wird es sich der Mühe lohnen. Ihr Gesellschafter ist ein reicher Mann geworden, und wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, so beläuft sich das auf den König gefallene Drittel jährlich über 200 Moedore (= 4800 Mark). Auch wird es keine Schwierigkeiten verursachen, den Besitz Ihrer Pflanzung wieder anzutreten, da Ihr Gesellschafter noch am Leben, also Zeuge Ihres Eigentumsrechtes ist, und Ihr Name überdies noch immer in den Verzeichnissen der Pflanzer eingetragen steht. Auch die Erben Ihrer Faktoren sind brave und redliche Leute, und ich zweifle nicht, daß sie Ihnen bei Ihrem Vorhaben förderlich zur Seite stehen werden. Außerdem aber müssen sie, wenn ich nicht ganz irre, auch eine bedeutende Geldsumme für Sie in Händen haben, die aus den Einkünften der Pflanzung herrührt, welche ihre Eltern zu jener Zeit bezogen, ehe sie vor ungefähr zwölf Jahren dem König und dem Kloster dieselben überlassen mußten.«
Ich vermochte nicht, meinen Unwillen darüber zu unterdrücken, daß meine Faktoren so eigenmächtig über mein Vermögen verfügt hatten, da ihnen doch wohl bewußt war, daß ich ihn – den Kapitän – zum Universalerben in meinem Testament eingesetzt hatte.
Der alte Mann erwiderte, daß er meinen letzten Willen nicht habe vollziehen können, weil er keine Beweise für meinen Tod oder eine ewige Verschollenheit gehabt hätte. »Aber«, fügte er hinzu, »ich habe Ihnen noch etwas zu sagen, was Ihnen vielleicht minder unangenehm sein wird. Auf die allgemein geglaubte Nachricht von Ihrem Tode erboten sich Ihr Gesellschafter und Ihre Faktoren, mich durch die Einkünfte der ersten sechs Jahre abzufinden, worauf ich auch eingegangen bin. Dieselben waren aber nicht bedeutend, weil damals auf die Pflanzung selbst noch große Summen verwendet wurden. Indessen werde ich Ihnen hierüber noch genaue Rechnung vorlegen.«
Nach einigen Tagen empfing ich von dem alten Kapitän wirklich die Rechnung, und es stellte sich heraus, daß er mir 470 Moedore schuldete, die er in Tabak, Zucker, Rum und andern Produkten empfangen hatte, außer 15 Doppelrollen Tabak und 60 Kisten Zucker, die in einem Schiffbruch verloren gegangen waren. Hierauf holte er eine lederne Börse, nahm daraus 160 Moedore und händigte mir dieselben mit der Bemerkung ein, daß ihn viele Unglücksfälle betroffen hätten, wodurch er sich jetzt außer stande sähe, mir die ganze Rechnung auszuzahlen. Für den Rest bot er mir einen Vertrag an wegen der Hälfte des Anteils, den er und sein Sohn an der Fracht eines Schiffes hätten, welches von diesem geführt und in kurzem ankommen würde.
Die Rechtschaffenheit des braven Greises rührte mich bis zu Thränen, besonders als ich an die vielen Wohlthaten dachte, die er mir einst erwiesen hatte. »Jetzt aber, teurer Kapitän«, drang ich in ihn, »sagen Sie mir unumwunden, ob Sie die Entbehrung dieser Summe irgendwie in Verlegenheit setzt?«
»Ich leugne nicht, mein lieber Freund«, entgegnete der Greis, »daß es mir einigermaßen unbequem fällt, aber es ist Ihr Geld, und Sie bedürfen desselben vielleicht noch nötiger als ich.«
Der Mann flößte mir immer mehr Achtung und Teilnahme ein. Ich nahm 100 Moedore und stellte ihm darüber eine Quittung aus, dann gab ich ihm 60 Moedore und seine Papiere mit der Bemerkung zurück, daß ich von einem solchen Ehrenmanne, wie er sei, keine weitere Sicherheit nötig hätte. Der alte Kapitän freute sich über meine Erkenntlichkeit und gab mir dann in betreff meiner brasilischen Reise manche beherzigenswerte Winke, die meiner allezeit raschen Wanderlust Zügel und Zaum anlegten.
In nächster Zeit gingen zwei Schiffe nach Brasilien ab, und mit diesen wurden meine beglaubigten Papiere und Dokumente an den Ort ihrer Bestimmung befördert. Noch waren nicht sieben ganze Monate verflossen, als von den Erben meiner Faktoren ein Päckchen einlief mit den folgenden Papieren:
1. Eine Rechnung vom Ertrage meiner Pflanzung während der ersten sechs Jahre, nach abgeschlossener Rechnung mit dem Kapitän, laut welcher mir zu gute kamen, Moedore 1174
2. Eine Rechnung vom Ertrage derjenigen Jahre, welche der obrigkeitlichen Verwaltung meiner Einkünfte vorhergingen Moedore 3241
3. Eine Rechnung vom Prior des Klosters, welches über vierzehn Jahre zwei Drittel meiner Einkünfte bezogen hatte, noch vorhanden Moedore 872
Moedore 5287