Ich mag Spinnen. Ehrlich.
Zugegeben, man kann mit ihnen nicht kuscheln oder herumtoben, wie mit Katzen oder Hunden. Man kann sie nicht einmal streicheln, weil sie sich sofort abseilen, oder sich sonst wie davon machen - obwohl ich im Fernsehen mal eine zahme Vogelspinne gesehen habe, die sich neckisch in den langen Haaren ihres Menschen versteckt hat. Aber vielleicht war jenes Tier ja auch narkotisiert oder stand unter Drogen. Da fällt mir gerade ein: wisst ihr, das eine Spinne unter LSD kein anständiges Netz mehr zustande bringt? Aber Spinnen sind ja nicht blöd. Sie verzichten auf das bewusstseinserweiternde LSD und bauen lieber wie eh und je ihre wunderschönen Netze. Ja, diese Netze sind einfach unglaublich. Auch die modernste Technik soll bis anhin nichts Reißfesteres zuwege gebracht haben. Das könnte so manche Fliege bezeugen.
Aber deren Begeisterung über das Wunderwerk der Spinnentechnik hält sich wohl in Grenzen. Ist zu verstehen. Wenn ich die Größe einer Fliege hätte, oder Spinnen so groß wie Elefanten wären - nein, das mag ich mir lieber nicht ausmalen.
Aber unsere Haus-, Garten-, Kreuz- und weiß der Kuckuck was sonst noch für Spinnen sind ja glücklicherweise so klein, dass wir uns in aller Ruhe ihrer Betrachtung widmen können. Einer Kreuzspinne beim Nestbau zuzuschauen zum Beispiel ist ein schon fast meditatives Erlebnis. Je nach Größe des Netzes braucht sie dafür drei bis sechs Stunden. Immer rundherum und rundherum und rundherum. Und jeden einzelnen Faden bei jeder einzelnen Kreuzung sorgfältig befestigt und verknüpft. Welches Wesen aus der ganzen Tierwelt, die so genannte Krone der Schöpfung mit eingeschlossen, ist schon in der Lage, Seide zu scheißen? Außer den Spinnen tun das nur noch die Raupen. Aber Schmetterlinge kommen ja nicht als Schmetterlinge zur Welt. Um Schmetterlinge, oder Bienen, oder Käfer oder sonst ein Insekt zu werden, müssen die sich erst mal verpuppen.
Spinnen jedoch verwandeln sich nicht. Als fixfertige, winzige Ebenbilder der Erwachsenen krabbeln sie zu Hunderten aus dem Kokon heraus, den ihre Mama bis zu ihrem Schlüpfen bewacht hat. Dass sie sich nach dem ersten Atemholen vor ihren Artgenossen am besten so schnell wie möglich in Sicherheit bringen, sei hier taktvoll verschwiegen ... Mutter Evolution hat das eben sehr weise eingerichtet: Nur die Klügsten und Schnellsten überleben. Dem Gerücht, dass das Überleben den Stärksten vorbehalten sei, schenke ich persönlich keinen Glauben. Wären die Dinosaurier sonst ausgestorben? Spinnen wird es jedoch noch geben, wenn wir Menschen schon längst von der Bildfläche verschwunden sind. Vorausgesetzt, dass wir nicht vorher die ganze Erde versaut haben.
Die allergrößten Überlebenskünstler sollen ja die Kakerlaken sein. Die seien möglicherweise sogar imstande, einen Atomkrieg zu überstehen.
Trotzdem mag ich Spinnen lieber als Kakerlaken.