"Sie kämpften wie Schotten - und gewannen ihre Freiheit", heißt es in "Braveheart" über Bannockburn. Freiheit! Aber nur für kurze Zeit. Und auch die jüngste Niederlage, das Referendum von 2014, wird den Stolz der Schotten nicht brechen. Autor: Thomas Grasberger
Nationalhymnen sind manchmal ganz schön martialisch. Da ist viel von Heimaterde und Vaterland die Rede, vom Blut, das die Furchen der Äcker tränkt; von Schwertern und heiligen Gebeinen, von Helden, Ruhm und dem Krachen der Büchsen. Manchmal werden auch Recht und Freiheit und die Schönheit des jeweiligen Landes besungen. Da geht's dann oft sehr blumig zu. "Einst ringt sich deine Blüte los/ Reif aus der Knospe Zwang", tönt zum Beispiel der Finne zu besonderen Anlässen. Und die Tschechen freuen sich lauthals, weil
"Föhren hoch den Fels umsäumen/ Wo der Lenz an Blüten reich".
Die tapferen Schotten …
Unter den Botanik-Freunden des patriotischen Liedes stechen besonders die Schotten hervor. Immerhin tragen sie die Blume oder Blüte bereits im Titel:
"The Flower of Scotland" lautet die populärste der inoffiziellen Nationalhymnen, von denen die Schotten gleich drei haben. Obwohl man als Teil Großbritanniens ja eigentlich "God save the Queen" singen müsste. Was schottischen Patrioten aber nur schwer über die Lippen geht, nicht nur, wenn ihr Rugby- oder Fußball-Team gegen den Erz-Rivalen England spielt.
Deshalb setzt man lieber auf Flower-Power! Was Außenstehenden seltsam erscheinen mag. Schließlich ist das karge und raue Schottland ja kein klassisches Blumenparadies. Viel Gras und Torf, Farne und Flechten hat´s dort oben. Zum Thema Blumen fällt einem höchstens die gewöhnliche Kratzdistel ein. Doch auch um die geht`s nicht in "The Flower of Scotland". Sondern um die Jugend des Landes, die einst - in der Blüte ihres Lebens - mit Schwertern gegen die Engländer antreten musste. Und siegte. Nämlich in jener berühmten Schlacht von Bannockburn, die am 23. und 24. Juni 1314 geschlagen wurde. In der Hymne heißt es dazu: "O Blüte Schottlands, wann werden wir wieder Euresgleichen sehen, die Ihr gekämpft habt und starbt, für euer kleines bisschen Hügel und Tal". Was blumig beginnt, endet also wieder einmal blutig - naja, das alte patriotische Lied halt!
… warten immer noch auf ihre Freiheit
Und blutig ging's tatsächlich zu, in den schottischen Unabhängigkeitskriegen des 14. Jahrhunderts. Sechzig Jahre lang versuchten die englischen Könige, das stolze Königreich im Norden zu unterwerfen. Aber die Schotten gaben nie auf, machten den Besatzern mit Guerilla-Angriffen aus dem Hinterhalt das Leben schwer. Bis es im kurzen Sommer 1314 zum Showdown kam, an jenem Bach namens Bannock in Mittelschottland. Zwei Tage lang wurde dort gefochten:
König Robert the Bruce war Anführer der aufständischen Schotten. Nur 5000 bis 8000 Mann hatte er hinter sich, die Engländer unter König Edward II. waren drei Mal so viele. Und doch siegte Robert und stieg zum Nationalhelden auf. Obwohl - oder gerade weil - sich die schottische Unabhängigkeit nicht dauerhaft halten ließ.
Viel Wasser ist seither den Bannock-Bach hinunter gelaufen. Und Robert the Bruce blickt dort weiterhin grimmig von seiner Reiterstatue herab. Denn Schottlands Unabhängigkeit lässt immer noch auf sich warten. Das Referendum im September 2014 scheiterte knapp, und die Separatisten holten sich bei der Volksabstimmung ein veritables Veilchen. Die blumigen Zeilen von
"The Flower of Scotland" werden sie aber wohl weiterhin singen, bis ihre patriotische Saat einst aufgeht: "To be the nation again!"