Mama wird´s schon richten, dachte sich Herzogin Sophia von Brabant und unternahm es mit dem Schwert in der Hand, ihrem Sohnemann ein ordentliches, ergo üppiges Erbe zu verschaffen. Autorin: Ulrike Rückert
“Danach zog Frau Sophia mit ihrem Sohn vor Eisenach und heischte Einlass.
Und als sie nicht eingelassen ward, da ging sie vor das Tor und stieß und trat dagegen. Und nahm eine Axt und hieb ins Tor, dass man die Zeichen über zweihundert Jahre sah im Eichenholz. Und zeigte so großen Jammer, dass die Bürger wurden bewegt und ließen sie ein, und taten ihr huldigen.“
So berichtet es die Chronik, aber vermutlich wurden die Eisenacher anno 1260 weniger von Mitgefühl bewegt, als vom Schicksal des nahen Creuzburg, das Sophia kurz zuvor in Schutt und Asche gelegt hatte. Dass eine Frau mit einem Kriegsheer durch die Lande zog, scheint die Zeitgenossen dagegen nicht irritiert zu haben. Sophia war entschuldigt, denn sie handelte “von ihres Sohnes wegen“.
Verworrene Verwandtschaft
Sophia selbst war die Tochter eines Landgrafen von Thüringen und verheiratet mit dem Herzog von Brabant. Weil der auch einen Sohn aus früherer Ehe hatte, würde für Sophias Spross nicht viel abfallen. Also wollte sie dem ein standesgemäßes Erbe verschaffen, als der regierende Landgraf, ihr Onkel, 1247 kinderlos starb.
Damals brach in Thüringen Chaos aus, mindestens sechs Parteien zankten sich um die Beute. Einige hatten schwache Argumente, sie schnappten sich ein Stück vom Kuchen und zogen sich zurück. Übrig blieben Sophia, der vom onkel bestimmte Nachfolger, nämlich ihr Cousin Markgraf Heinrich von Meißen, und der Erzbischof von Mainz, der große Kirchenlehen zurückhaben wollte. Man hätte den Streit vor den Kaiser tragen können, aber den hatte der Papst für abgesetzt erklärt.
Erst nahm Sophias Ehemann für sie die Sache in die Hand, wie es üblich war. Dann starb auch der.
Doch Sophias Mutter war die heilige Elisabeth von Thüringen gewesen.
Von deren Demut fand sich bei der Tochter keine Spur, aber ihre eiserne Entschlossenheit hatte sie geerbt. Also nahm die vierundzwanzigjährige Witwe ihren kleinen Sohn und reiste nach Thüringen.
Zu ihrem Hauptquartier machte sie Marburg, wo Elisabeth begraben lag. Ohne Skrupel setzte sie deren Ruhm für ihren Kampf ein: “Tochter der heiligen Elisabeth“ stand auf ihrem Siegel. Eide leistete man zur Bekräftigung auf Reliquien - sie benutzte dafür eine Rippe ihrer Mutter.
Geschickt eingefädelt
Sophia erwies sich als geschickte Taktikerin. Sie verbündete sich mit Vetter Heinrich gegen den Erzbischof von Mainz und spannte ihn erfolgreich für ihre Zwecke ein, später bekämpfte sie Vetter Heinrich erbittert in dem Krieg, in dem sie auch Creuzburg und Eisenach eroberte. Um einen neuen starken Alliierten zu gewinnen, schreckte sie nicht davor zurück, ihre noch nicht zwölfjährige Tochter zu verheiraten - gut, vielleicht nicht ungewöhnlich in einer Zeit, in der man mit zwölf schon volljährig war.
Als dieser neue Schwiegersohn in die Gefangenschaft des besagten Cousins Heinrich geriet und nur mit einem enorm hohen Lösegeld befreit werden konnte, waren Sophias Mittel erschöpft. Sechzehn Jahre lang hatte sie gegen zwei mächtige Gegner gekämpft. Gewonnen hatte sie die hessischen Besitztümer der Landgrafen: zwei geographisch getrennte Gebiete um Marburg und um Kassel.