Samuel Fritz, geboren am 9. April 1654 im Erzgebirge, wird seine Arbeit als Lehrer zu langweilig, und so bricht er zu einer Missionsreise in den Amazonas-Urwald auf. Vor allem vor Menschenfressern wird er gewarnt. Autor: Heiko Dietze
Samuel Fritz war ein einfacher Dorfschullehrer im Erzgebirge, allerdings ein gut gebildeter. Er hatte studiert, erst Philosophie und danach, als Jesuit, Theologie. Und jetzt sah alles so aus, als ob er sein Leben lang Schüler unterrichten würde, Buchstabieren, Schreiben üben und Rezitieren aus der Bibel. Doch dann kam alles ganz anders.
Angst vor Kannibalen
Aber der Reihe nach: Am 9. April 1654 kommt Samuel Fritz zur Welt im beschaulichen Örtchen Trautenau, heute das tschechische Trutnov. Über seine frühen Jahre ist nichts bekannt. In seinen Tagebüchern schreibt er, dass er sich beim Studium in Prag für die Entdeckung der neuen Welt begeistert hat. Er hört vom Peru-Eroberer Pizarro und der Erstbefahrung des Amazonas. Grau und öde kommt dem Lehrer dagegen der Schulalltag in der Provinz jetzt vor, da gibt er seinem Herzen einen Stoß. Mit 29 Jahren erreicht er bei seinem Generaloberen, woanders arbeiten zu dürfen - als Jesuitenpater am Amazonas!
Die Überfahrt nach Cartagena im heutigen Kolumbien verläuft unspektakulär. Doch der Weg zum Zielgebiet am Oberlauf des Amazonas ist für Pater Fritz die erste schwere Prüfung. Es geht durch Sümpfe, wilde Flüsse und dann auf Kanus immer tiefer in den Urwald durch brütende Hitze und prasselnden Regen. Er fürchtet sich vor den "Kariben", die an den Ufern des Rio Magdalena leben und von denen es heißt, sie fressen jeden, der an Land geht. Die einzige Waffe, die er gegen die pfeilbewehrten Indios bei sich trägt ist ein hölzernes Kreuz. Doch als er schließlich schwer erschöpft an seinem Ziel ankommt, ist er überrascht. Die auf Flussinseln lebenden Cambebas-Indianer empfangen ihn freundlich, obwohl sie noch nie einen Missionar zu Gesicht bekommen haben.
Und Samuel Fritz, der Lehrer aus dem Erzgebirge, erweist sich im Umgang mit ihnen als Naturtalent. Schnell lernt er ihre Sprache. Daneben fertigt er den Indios fremdartige Werkzeuge, baut Kapellen und Wohnhäuser.
Und - er heilt einfache Krankheiten, weswegen sie ihn bald für einen weißen Medizinmann halten. Innerhalb eines Jahres bekehrt er den ganzen Stamm und liest die Sonntagsmesse.
Lauernde Krokodile
Einmal, unterwegs im Kanu, gerät er ins jährliche Amazonas-Hochwasser. Auf einem Pfahlhaus ausharrend, bekommt er heftiges Fieber. Ganze drei Monate vegetiert er vor sich hin und isst nur rohen Fisch. Große Krokodile lauern eine Handbreit unter ihm, nachts sieht er ihre glühenden Augen durch die Bretterritzen. Erst hat er Glück, als ihn - halbverhungert - Indianer retten, dann aber Pech, als ihn portugiesische Sklavenhändler gefangen nehmen. Als mutmaßlicher spanischer Spion wird er zwei Jahre lang festgehalten, bevor er auf Königsbefehl aus Lissabon freikommt.
Inzwischen gilt Vater Fritz stromauf- und -abwärts schon lange als tot. Als er jetzt wieder auftaucht, halten ihn die Indianern für ein übernatürliches Wesen, für jemanden, der über Erde und Sonne gebietet. In den Folgejahren tritt er mit weiteren Stämmen in Kontakt, ist Glaubensstifter, Siedlungsgründer; außerdem erbitterter Feind der Sklavenhändler und - Geograph. Von ihm stammt die erste einigermaßen genaue Karte des Amazonas. Seine Zeichnung gilt noch heute als Denkmal der Forschung und lagert in den Kartenschätzen der französischen Nationalbibliothek.