Weltmeister werden in Deutschland häufig zur Legende. Wer aber kennt heute noch Emanuel Lasker? Der war 27 Jahre lang Schachweltmeister. Am 26. Januar 1907 verteidigte er den Titel. Wieder einmal.
Manche Berufe finden sich in keinem Jobratgeber. Zum Beispiel: Berufsspieler. Zugegeben: es ist kein Ausbildungsberuf. Und einige Voraussetzungen muss man schon mitbringen: Risikobereitschaft, Durchhaltevermögen, Konzentrationsfähigkeit, Training von Jugend an, Resistenz gegen mütterliche Ermahnungen, und ... die Höhe des Einkommens ist unberechenbar.
Schachvirus-Infektion
Emanuel Lasker beispielsweise wurde im Alter von zwölf Jahren von seinem Bruder mit dem Schachvirus infiziert. Das war im Jahr 1880. Seine Mutter bemerkte mit sicherem Blick, dass seine Leidenschaft für das Königsspiel ihn von seinen Schulpflichten abhielt. Da alle Ermahnungen nichts nützten, trennte sie die beiden Brüder und schickte Emanuel auf ein anderes Gymnasium. Zu spät:
Seine Laufbahn war schon da nicht mehr aufzuhalten. Lasker studierte Mathematik. Doch damit haben die Schlagzeilen nichts zu tun, in denen sein Name bald zu lesen sein sollte. "Schach" und "Meister" waren die Worte, die ihn von nun an begleiteten.
Lasker hatte schon nach zwei Jahren sein Studium unterbrochen und war als Berufsspieler nach London gezogen. Er hielt die Augen auf nach interessanten Gegnern. So heftete er sich dem Österreicher Wilhelm Steinitz an die Fersen und reiste ihm hinterher nach New York. Steinitz nämlich hatte im Jahr 1886 ein Weltturnier gewonnen und trug als erster den Titel "Schachweltmeister".
Welch ein Leckerbissen für Laskers Leidenschaft! Lasker fieberte nach einem Duell um diesen Titel. Er brauchte noch einige Jahre, bis genügend Sponsoren für das Preisgeld gefunden waren, um einen Weltmeisterschaftskampf auszurichten.
Lasker gewann den ersehnten Weltmeistertitel im Jahr 1894. Und er hielt ihn
27 Jahre lang – länger als jeder andere vor oder nach ihm. Zugegeben: zwischen zwei Spielen, die er um diesen Titel führte, vergingen einmal ganze zehn Jahre. In dieser Zeit schloss er dann doch sein Studium ab, promovierte in Mathematik, schrieb philosophische Essays, veröffentlichte eine Schachzeitschrift, bewarb sich auf Stellen an verschiedenen Universitäten. Sie wollten ihn nicht. Anders die Schachspieler von Weltrang: viele bewarben sich darum, gegen ihn anzutreten.
Showdown in Havanna
Lasker konnte aussuchen. Wer nicht genügend Preisgeld mitbrachte, schied schon mal aus. Am 26. Januar 1907 hatte sich endlich ein Gegner gefunden:
Frank Marshall, ein Meister aus den USA, der viele internationale Turniere gewonnen hatte. Lasker spielte ihn in Grund und Boden.
Erst 1921 endete seine Weltmeisterkarriere. Schauplatz des schicksalswendenden Turniers war Havanna. Der gebürtige Brandenburger, gewöhnt an raues Wetter, unterlag dem tropischen Klima. Nach 14 Partien gab er schweißgebadet auf - besiegt vom tropenfesten Kubaner José Raúl Capablanca.
In Laskers weiterem Leben herrschte von da an ein raueres Klima; er war nun arbeitslos, versuchte sich als Landwirt, trainierte Schachmeister in der Sowjetunio, emigrierte in die USA um als Jude den Nazis zu entgehen,
und starb nach entbehrungsreichen Jahren 1941 in New York.