Da schaut man auf eine große Karriere zurück, war immer der Stärkste im Haifischbecken. Und dann passiert so ein dummer Fehler. Der 8. Januar 1687 war ein Schicksalstag für den Komponisten Jean-Baptiste Lully.
Verdammt. Hundert Mal. HUNDERT Mal schon diese Treppe runter gegangen und dann: EINMAL nicht aufgepasst. Zack. Verdammt!
Tausend Mal, TAUSEND Mal schon Kaffee gemacht, nie was gewesen, und HEUTE Morgen gegen die heiße Tasse....
Obacht! Sonst geht`s bös aus. Wie, ganz am Ende, bei Jean-Baptiste Lully.
Jean-Baptiste Lully hat eigentlich immer aufgepasst. Genau aufgepasst, dass ihm niemand seinen Posten streitig macht, als Herr über die Musik am französischen Hof. Regelrecht neu erfunden hatte er sich für die Karriere. Aus Giovanni Battista Lulli, dahergelaufener Italiener aus Florenz, musste Jean-Baptiste Lully werden, französischer Komponist, geadelt, mit aufgehübschtem Stammbaum.
Ludwig XIV. tanzt
Von Lulli zu Lully … mit freundlicher Unterstützung von Louis XIV., Ludwig XIV., französischer König. Als sich die BeidenMitte des 17. Jahrhunderts näher kennenlernen,ist Ludwig zwar schon König, darf aber noch nicht regieren. Also tut er was ihm Spaß macht: er tanzt. Lully hat ebenfalls Spaß am Ballett. Schon jung wurde er als Italien-import nach Paris geholt, zur Unterhaltung einer adeligen Dame. Der jugendliche Italiener ist musikalisch, zeigt Talent, er bekommt eine musikalische Ausbildung.
So kommt es, dass Ludwig und Lully am Pariser Hof zusammen auftreten, bei einem königlichen Nachtballett. Ein stundenlanges barockes Kostümspektakel ohne tiefergehende Handlung, zum Finale geht unter großem Tamtam die Sonne auf … seht ihn: den König selbst.
Lully, nicht nur Tänzer, sondern auch einer der Komponisten des Balletts, hat seine Berufung gefunden - als Experte für musikalische Propaganda zu Ehren des Sonnenkönigs.
Aber Obacht! Andere Komponisten sind auch talentiert, nur: Lully ist raffinierter. Ein intrigantes Meisterstück gelingt ihm zur Hochzeit Ludwigs, im Juni 1660.
Eine Oper ist bestellt, nur leider nicht bei Lully, sondern beim italienischen Konkurrenten Francesco Cavalli. Lully soll nur ein paar Ballette beisteuern.
Von wegen. Er komponiert geschlagene 18 Tanzeinlagen. So schaut´s aus, Cavalli! Schon bald ist Lully "Oberintendant der königlichen Musik".
Ludwig wünscht Zerstreuung? Lully liefert ein lustiges Ballett. Ludwig will ordentlich protzen, im neuen Park in Versailles? Lully liefert festliche Musik zu Feuerwerk und Festumzug.
Lully sammelt Posten
Immer Obacht geben. Mit den Jahren sichert er sich Posten um Pöstchen, dehnt seine Macht aus, vom Ballett auf die Oper - und sitzt schließlich am Hebel:
Wer auch immer ein Stück mit Musik aufführen will braucht Lullys persönliche Genehmigung.
Doch was nützt alle Wachsamkeit, wenn sich eine Frau einmischt:
Madame de Maintenon, einflussreiche Geliebte des Königs. Madame mag Opern nicht sonderlich, und hegt auch keine Sympathie für Lully. Was der Konkurrenz nicht schafft, schafft die Maintenon: Der König wendet sich ab.
Lully kämpft. Obacht, 8. Januar 1687, eine festliche Hymne auf Ludwig:
ein "Te Deum"! Lully dirigiert selbst, klopft mit einem schweren Stab den Takt auf den Boden. Hundert, tausend, hunderttausend Mal gemacht.
Tam tatam, tam tatam ... einmal nicht aufgepasst. Der Dirigierstab saust herab und bohrt sich in seinen Fuß. Die Wunde entzündet sich, und 73 Tage nach dem einzigen folgenschweren Fehler seiner Karriere stirbt Jean-Baptiste Lully,
an einer Blutvergiftung.