Als der Bär davongetrollt war, sahen die Bäume einander nachdenklich an.
„Jetzt wollen wir sehen, was daraus wird!“ sagte die alte Eiche.
Und dabei beruhigten sie sich. — Dann kam der Winter und beraubte sie all ihrer Blätter; der Schnee lag fußhoch, und jeder Baum stand in seine Wintergedanken versunken da und träumte vom Frühling.
Und als der Frühling kam, prangte das Gras in seinem frischen Grün, und die Vögel sangen da weiter, wo sie das letztemal aufgehört hatten. Die Blumen schossen zu Tausenden hervor, und alles strahlte in üppiger Frische.
Nur die Eiche hatte noch keine Blätter.
„Es ist am vornehmsten, wenn man zuletzt kommt,“ sagten sie. „Der König des Waldes stellt sich erst ein, wenn die ganze Gesellschaft beisammen ist.“
Aber schließlich kam auch ihre Zeit. Die Blätter brachen aus den dicken Knospen hervor, und die Bäume sahen sich an und sagten sich gegenseitig Schmeicheleien, wie schön sie sich ausnähmen. Die kleine Eiche war um ein großes Stück gewachsen. Darauf bildete sie sich nicht wenig ein und meinte, jetzt dürfe sie mitreden.
„Aus den Buchen des Bären wird nichts,“ ver[S. 204]kündete sie spöttisch, aber schielte gleich ängstlich zu der alten Eiche hinauf, die es ja gewöhnlich auf ihren Kopf abgesehen hatte.
Die alte Eiche hörte wohl, was der kleine Nachwuchs sagte, und die anderen Bäume hörten es auch. Aber sie schwiegen. Keiner hatte vergessen, was der Bär ihnen erzählt hatte; und jeden Morgen, wenn die Sonne schien, guckten sie verstohlen hinunter, um nach den Buchen zu sehen. Eigentlich war ihnen recht beklommen ums Herz, aber sie waren zu stolz, es sich anmerken zu lassen.
Und eines Tages kamen endlich die zarten Keime zum Vorschein. Die Sonne schien darauf, und der Regen tränkte sie; es dauerte gar nicht lange, so schossen sie ein ordentliches Stück in die Höhe.
„Nein, wie niedlich die sind!“ riefen die großen Eichen und verdrehten ihre krummen Zweige noch mehr, damit sie sie ordentlich zu sehen bekämen.
„Ihr sollt uns willkommen sein!“ sagte die alte Eiche und nickte den Buchen gnädig zu. „Ihr sollt meine Pflegekinder sein und sollt es ebenso gut wie meine eigenen Kinder haben.“