Und dann begann das Sandrohr:
„Ihr müßt wissen, daß es eigentlich eine große Schande ist, wenn das Sandhaargras in dem Rufe steht, den Sand in den Dünen zu binden; denn das besorge ich weit mehr.“
„Da sehen wir es!“ rief das Sandhaargras verletzt.
„Ich finde, ihr habt keinen Grund zum Zanken,“ sagte die Erde. „Aber wenn die Krippe leer ist, beißen sich die Pferde.“
„Es ist so, wie ich sage,“ fuhr das Sandrohr fort, „und ich finde, ihr sollt es wissen, weil mein Schicksal so unglücklich ist. Wenn ich aus meinem Samen hervorwachse, dann versende ich meine feinen Wurzeln weit und tief durch den Sand hin. Da, wo ich heraufkomme, treibe ich einen kleinen Büschel von Blättern, und von ihm aus kriechen meine Wurzelstöcke weit, weit über den Sand hin, schlagen wieder feine Wurzeln, bauen neue Blattbüschel usw., solange ich lebe.“
„Das ist ja gewiß sehr interessant,“ sagte das Sandhaargras höhnisch. „Aber diese Geschichte hätte ich ebensogut erzählen können, denn ich mache es genau so.“
„Interessant kann man es nicht nennen,“ verkündete die Erde. „Aber es ist rührend. Die Vorstellung, daß das Sandrohr in dem kläglichen Sande wachsen und wachsen soll, ist geradezu herzzerreißend.“
Aber das Sandrohr fuhr fort, ohne sich um das Gerede der anderen zu kümmern:
„Ich liebe den Sand wie keiner von den anderen, die hier wohnen; und alles, was ich besitze und habe, ist für den schönen fliegenden, stiebenden Sand eingerichtet. Die Blätter in meinen Knospen sind so zusammengerollt, daß die Knospen steif und stechend scharf sind und den Sand leicht durchbrechen können. Meine Blätter sind stark und fest, und ich lasse sie stets zusammengerollt, damit ich den Saft in ihnen bewahren kann. Alle meine Atemlöcher sitzen auf der oberen Seite, und ich drehe dem Winde stets die untere Seite zu, damit er mir keinen Verdruß bereitet.“
„Gott behüte, wie die Person prahlt!“ rief das Sandhaargras.
„Ich finde, sie hat nichts zu prahlen,“ sagte die Erde. „Das alles ist ja so unendlich ärmlich, trist und kläglich.“