„Nein,“ erwiderte der Lehrer, „das ist es auch nicht, und darum ist man auch noch im Zweifel, ob es wirklich ein Hünengrab ist. Vielleicht ist es nur ein großer Steinhaufen, der von Hirten zusammengetragen wurde. Es mögen auch die Überreste menschlicher Wohnungen sein, denn der Sage nach soll dort früher ein Dorf gestanden haben. Etwas Genaueres läßt sich darüber allerdings nicht ermitteln.“
Die Kinder lauschten gespannt den Erklärungen; jetzt fanden sie es sehr dumm, daß sie zuerst gedacht hatten, Hühner lägen unter den großen Steinen begraben. Schulzens Jakob tat wichtig und tuschelte seinen Nachbarn zu: „Wie konntet ihr nur so dumm sein und denken, Hühner liegen da!“
„Na, du hast es doch zuerst gesagt,“ rief Heine Peterle halblaut. Ein Weilchen gab es ein erregtes Tuscheln und Wispern, und der Lehrer ließ die Kinder gewähren; er lächelte über ihren Eifer und sah dabei Traumfriede an, der still und versonnen dasaß. Der Bube fühlte den Blick des Lehrers, er hob seine schönen Augen zu ihm auf und fragte leise, traurig: „Wird nun der Steinberg abgetragen werden?“
Der Lehrer nickte. „Ja, Friede, es geht an unsern Lieblingsplatz, er wird wohl etwas zerstört werden.“ Der Bube wurde rot. Daß der Lehrer gesagt hatte, Seite 82‚unsern Lieblingsplatz‘, das gab ihm eine heimliche Freude, aber dann wurde er wieder traurig, und während die andern Kinder nach Schluß der Schule laut und lustig auf die Dorfstraße eilten, ging er still seinen Weg. Die Buben und Mädel redeten daheim gewaltig klug von dem Hünengrab. Annchen Amsee meinte, vielleicht könnte ein Topf voll Gold darin gefunden werden. „Oder eine Krone und ein goldenes Schwert,“ rief Heine Peterle, und zuletzt redeten alle nur noch von den goldenen Schätzen des Hünengrabes.