Es war beinahe mucksmäuschen still im Haus. Die einzigen Geräusche die man hören konnte, waren das leise ticken der großen Standuhr in der Ecke und das regelmäßige Umblättern von Buchseiten. Seit Stunden saß Häschen In seinem großen Ohrensessel und war in eine spannende Geschichte vertieft, dass er nichts um sich herum mehr wahrnahm.
Die Zeiger auf der Standuhr näherten sich immer weiter der großen Zwölf. Als sie sich dort trafen, ertönte ein lauter Gong, der ein Dutzend Mal von einem kleinen Hammer geschlagen wurde.
»Huch«, machte Häschen. »Was?« Es sah sich verwirrt um, weil es mit seinen Gedanken noch ganz tief in der gelesenen Geschichte steckte.
»Fünfzehn Uhr? Ist es wirklich schon so spät?« Häschen sprang auf. »Ich muss mich um die Teezeit kümmern, sonst wird mich irgendwann ein lautes Magenknurren beim Lesen stören.«
Es legte sein Buch auf ein kleines Beistelltischchen und stand auf. Langsam schlurfte es in die Küche, sah in alle Schränke und entschied sich für eine große Blechdose. »Kekse mag ich eh besonders gern und die muss ich nicht extra vorbereiten.«
Häschen öffnete die Dose, schüttete die Kekse in eine Schüssel und warf noch einen Blick in die Dose. Dort war etwas.
»Was ist denn das?« Häschen sah noch einmal genauer hin. »Wer ist das?«
Es ging zur Spüle, reinigte die Dose von letzten Krümeln und riskierte einen weiteren Blick. Da steckte ganz unten auf dem Boden ein weiteres Häschen, das neugierig nach oben blickte. »Hallo!«, sagte Häschen erfreut. »Du schaust ja aus wie ich.« Es lächelte. Schon lächelte das Dosenhäschen zurück. »Freundlich und nett scheinst du auch zu sein.
Häschen dachte nach. So einen unerwarteten Besuch hatte es noch nie bekommen. Dass er auf dem Boden einer Dose saß, war so ungewöhnlich, wie nichts zuvor. »Ich muss dich unbedingt meinem besten Freund vorstellen.«
Häschen naschte schnell zwei Kekse, nahm die Dose vorsichtig unter den Arm und verließ seinen unterirdischen Bau.
»Wir sind gleich da. Es dauert nicht lange. Mein Freund wohnt nämlich im Haus nebenan.«
Wenige Meter neben dem Häschenbau stand ein frostiges Häuschen. Ein runder Iglu aus Schnee und Eis trotzte den warmen Sonnenstrahlen und warf diese mit Wucht wieder zurück in den Himmel.
Häschen drückte die Klingel. Die Tür des Iglus öffnete sich und Pinguin kam heraus.
»Hallo Häschen. Was führt dich denn zu mir? Ist es jetzt nicht Zeit für deine Teezeit? Normalerweise kommst du immer erst am Abend zu mir. Ist etwas passiert?«
Häschen nickte kräftig. »Ich habe unerwarteten Besuch bekommen. Er hat sich in meiner Keksdose versteckt.«
Pinguin wurde neugierig. Er mochte unangekündigten Besuch. »Wo ist er denn und wer ist es?«
Häschen hielt seinem Freund die Dose unter den Schnabel. »Hier drin! Es ist eines der süßesten und schönsten Tiere, die ich jemals gesehen habe.«
Vorsichtig nahm Pinguin die Dose und sah hinein. Auf dem spiegelnden Boden entdeckte er einen Pinguin. Sofort erkannte er, dass es sich dabei um ihn selbst handelte. Dass Häschen das nicht aufgefallen war, wurde ihm trotzdem nicht bewusst.
»Oh, Häschen. Das ist so lieb von dir. Du hast Recht. Das ist das süßeste Tier, das ich jemals gesehen habe. Ich weiß gar nicht, wie ich einen so tollen Freund wie dich verdient habe. Magst du nicht mit rein kommen? Wir können zusammen Teezeit. Ich werd die besten Kekse mit dir teilen, die du jemals gekostet hast.«
Oh ja. Das gefiel Häschen wirklich sehr gut. Es liebte Pinguins Kekse. Sie gingen in den Iglu und stellten die leere Dose vorsichtig auf den Esstisch in der Stube. Abwechselnd sahen die beiden Freunde immer wieder hinein, um sich am Bildnis des süßen Dosentiers zu erfreuen.