Ben hatte schon viel in seinem Leben erlebt. Doch die Ereignisse der letzten Tage waren mit nichts zu vergleichen gewesen.
Vor nicht all zu langer Zeit war er noch ein stattlicher Biber gewesen. Doch dann hatte er es sich in den Kopf gesetzt, einen Schwarm Enten mit einem falschen Schnabel zu erschrecken, welcher ihm dann zur Strafe angewachsen war. Nun musste er als Schnabeltier weiter leben.
»Oh, wie schrecklich. Es war doch kein Traum.«, wimmerte er jeden Morgen nach dem Aufstehen vor sich hin.
»Ich bin kein Biber mehr. Was soll denn nun meine Familie von mir denken? Mein Bruder wird mich bestimmt auslachen, wenn er mich sieht.«
Doch an seinem Schicksal war er selbst schuld und es ließ sich nicht mehr ändern.
Lange Zeit traute sich Ben nicht mehr vor die Tür. So sollten ihn niemand sehen, bis er eines Tages Hunger bekam.
Tief in der Nacht schlich er sich nach draußen und machte sich auf den Weg in den nahen Wald. Zu lange war es her, dass er an einem Baum geknabbert hatte. Nun wollte er seine festen Zähne in das Holz graben, als ihm schmerzlich bewusst wurde, dass er nur noch einen Schnabel besaß.
»Was soll ich denn jetzt machen? Ich werde verhungern.«
Traurig ging er nach Hause zurück, setzte sich an das Ufer des Sees und wartete weinend auf den Sonnenuntergang.
»Hallo Ben.«, rief ein Frosch, der gerade sein Morgenbad nehmen wollte.
»Was ist denn mit dir los?«
Statt etwas zu sagen, zeigte Ben mit den Fingern in sein Gesicht. Der Frosch sah entsetzt auf den Schnabel und verschwand schnell im Wasser.
»Musst du denn schon am frühen Morgen so einen Krach veranstalten? Kannst du nicht in deinem Haus weiter heulen? Meine Kinder wollen noch etwas schlafen.«
Es war Mutter Ente, die sauer aus dem Küchenfenster sah.
»Was beschwerst du dich?«, fragte Ben traurig.
»Mich trifft die Schuld nicht allein. Ich habe euch vielleicht erschreckt, aber du hast mir diesen verdammten Schnabel auf den Leib gewünscht. Und nun weiß ich nicht, was ich damit machen soll. Ich habe entsetzlichen Hunger und kann nicht mehr an Bäumen nagen.«
Wieder begann er zu wimmern. Doch Mutter Ente wusste da eine Lösung.
»Ich werde dir zeigen, wie man damit umgehen kann. Komm mal mit mir in den See.«
Sie nahm das Schnabeltier an die Hand. Gemeinsam schwammen sie ein Stück vom Ufer weg.
»So ein Schnabel ist ein wirklich praktisches Ding. Ich tauche einfach unter die Oberfläche und wühle damit den Schlamm am Boden um. Dabei kommen viele leckere Sachen zum Vorschein. Ich futtere kleine Würmer und Insektenlarven. Wenn ich ganz viel Glück habe, finde ich sogar hin und wieder ein paar Krabben.«
Ben verdrehte es den Magen.
»Und das soll wirklich schmecken?«
Er konnte es sich nicht vorstellen.
»Versuch es doch einfach mal.«, bestand Frau Ente.
Also fügte sich Ben in sein Schicksal. Er holte tief Luft, tauchte zum Boden und wühlte sich mit seinem Schnabel durch den Schlamm. Nach und nach fand er tatsächlich etwas Essbares.
»Du meine Güte.«, rief er, als er wieder an die Oberfläche gekommen war.
»Das schmeckt ja viel leckerer als ein trockener Holzstamm. Wenn ich das nur früher gewusst hätte.«
Schon holte er neue Luft und verschwand wieder im Wasser, wo er sich den Bauch füllen und seinen Hunger stillen konnte.
»Das Leben als Schnabeltier ist ja viel schöner, als das eines Bibers.«, ging es ihm durch den Kopf.