Dicke Wolken hatten sich über der Blumenwiese gebildet. Die wenigen Blüten, die auch schon im Winter zum Vorschein kamen, schlossen sich und bereiteten sich auf das schlechte vor. Nur wenige Minuten später begann es zu schneien.
Ein paar Zentimeter tiefer unter der Erde begann jemand zu frösteln.
»Warum muss es im Winter eigentlich immer so kalt sein? Ich bin ja schon froh, dass ich kein Mensch bin, denn sonst hätte ich schon längst kalte Füße. Dafür friert mir aber bald meine Schwanzspitze ein.«
Der Regenwurm hätte sie sich gern unter eine Schulter oder die Kniekehle gesteckt, doch die fehlten ihm natürlich auch. Er kroch zum Kamin und wollte noch ein wenig Brennholz nachlegen, stellte dort aber fest, dass der Vorrat aufgebraucht war.
»Ob es mir gefällt oder nicht, ich werde wohl an die Oberfläche kriechen müssen, sonst wird es hier unten bald richtig widerlich kalt.«
Der Regenwurm machte sich auf den Weg und grub sich nach oben. Doch als er Boden durchstieß, erwartete ihn keine grüne Wiese, sondern jede Menge Schneeflocken.
»Ich muss mich beeilen, sonst friere ich hier oben fest.«
Er kroch hier hin und dort hin und sammelte ein paar vertrocknete Grashalme. Der Rückweg blieb ihm allerdings verwehrt. Das Erdreich war nun durch den Wetterwechsel gefroren. Sich hindurchzugraben war sinnlos.
Der Regenwurm bekam Panik. Wenn er nicht bald in die Unterwelt zurück kam, würde er als Eis am Stiel enden.
»Komm her, kleiner Regenwurm. Ich werde dich vor dem Schneesturm schützen.«
Ein Gänseblümchen hatte alles mit angesehen und öffnete nun seine Blüte. »Such unter mir Schutz. Ich werde die Schneeflocken und die Kälte aufhalten.«
Dankbar nahm der Regenwurm das Angebot an und schlängelte sich um den Blumenstiel zusammen. Vor Angst und Kälte zitterte er am ganzen Körper.
Wild wehte der Wind über die Wiese. Der Schnee wurde immer höher. Irgendwann waren weder das grüne Gras noch die Blumen zu sehen. Erst nach mehreren Stunden wurde es wieder ruhiger.
»Du hast mir das Leben gerettet.« Der Regenwurm war mehr als nur dankbar. »Ich weiß gar nicht, wie ich mich revanchieren kann.«
Das Gänseblümchen lächelte ihn an. Du hast mir schon geholfen. Dein Zittern hat Wärme erzeugt. Das hat uns beide vor dem Sturm gerettet. Zusätzlich hast du damit den Boden unter dir aufgetaut. Du kannst nun wieder nach Hause zurückkehren. Und wenn du mir einen Gefallen tun möchtest, dann grabe ganz vorsichtig einen Tunnel zu meinen Wurzeln und hinterlasse dort ein paar Tropfen geschmolzenen Schnee. Ich habe nämlich großen Durst und möchte auf keinen Fall unter der dicken Schneedecke vertrocknen.«
Der Regenwurm grinste. »Das werde ich sofort erledigen. Du hast mir das Leben gerettet, jetzt rette ich deines.«