Wieder ein Raub im Hotel Cosmopolitan!
... schallt es von der sonnigen Straße hinauf durch das Fenster der ersten Etage der Baker Street 221b.
Ein Zeitungsjunge verkauft unter lautem Rufen die frisch gedruckte Neuigkeit:
„Extrablatt! Extrablatt! Das Hotel Cosmopolitan ist schon wieder Schauplatz eines Verbrechens! In sechs Hotelzimmer wurde eingebrochen und ..."
Sherlock schließt das Fenster.
Ich stelle mich an seine Seite und blicke auf die Straße.
„Aber Holmes, sechs Einbrüche in Hotelzimmer? Interessiert Sie dieses aufregende Verbrechen etwa nicht?“, wundere ich mich.
Sherlock schüttelt den Kopf.
„Man darf nicht alles glauben, womit die Zeitungen uns das Geld aus der Tasche ziehen wollen“, antwortet er und lächelt.
„Außerdem werden wir in ein paar Sekunden die Wahrheit erfahren – die ganze Wahrheit über das Verbrechen im Hotel Cosmopolitan", verkündet er.
„Aber wie soll das gehen?", frage ich verblüfft.
Sherlock deutet lächelnd mit dem Zeigefinger auf sein Ohr.
Auf der Treppe in den ersten Stock sind schnelle Schritte zu hören.
Im nächsten Moment reißt unser junger Freund Bob Peterson die Tür auf.
Er trägt seine Pagenuniform aus dem Hotel Cosmopolitan.
Sherlock muss ihn bereits unten auf der Baker Street gesehen haben.
Bob schwitzt und ist ganz außer Atem.
„Sie werden nicht glauben, was heute passiert ist!“, keucht er uns aufgeregt zu.
Ausnahmsweise will ich Sherlock zuvorkommen: „Ich weiß es! Du meinst den Einbruch im Hotel Cosmopolitan.“
Doch zu unserer Verblüffung schüttelt Bob den Kopf und knetet verzweifelt sein Käppi.
„Nein, es ist meine Mutter", sagt er leise.
„Ist ihr etwas zugestoßen?", fragt Sherlock besorgt.
Doch der Meisterdetektiv liegt ebenfalls falsch – zumindest dieses eine Mal.
Bob schüttelt erneut den Kopf und stammelt verlegen: „Sie will ... dass ich im Cosmopolitan kündige! Zu gefährlich ... sagt sie. Zu viele Verbrechen! Sie ist schon auf dem Weg ins Hotel ... um Direktor Tolliver zu sagen ... dass ich nicht mehr komme! Aber ich arbeite doch so gern im Cosmopolitan!“
Tränen stehen in Bobs Augen.
Ohne zu zögern, greift sich Sherlock Mantel und Hut vom Kleiderständer.
Dann nimmt er eine große Ledertasche vom Schreibtisch.
Sie ähnelt meiner Arzttasche, wenn ich Patienten besuche.
„Holmes, wofür brauchen Sie die Tasche? Was haben Sie vor?“, will ich wissen.
„Wir lösen Bobs Problem", sagt er mit fester Stimme.
„Und wir lösen einen Fall. Unseren zweiten Kriminalfall in diesem Hotel."
„Hoffentlich geht es nicht wieder um blaue Edelsteine und Gänse“, murmele ich und ziehe ebenfalls meinen Mantel an.
Sherlock zwinkert mir zu und meint: „Wieso denn nicht, mein lieber Watson? Von Missis Hudson zubereitet, war diese Gans doch äußerst schmackhaft. Oder, Bob?“
Bob lächelt unter Tränen und nickt.
„Also, meine Herren!", sagt Sherlock voller Tatendrang.