Ich habe freilich einen Brief vom Wolfgang hier im Rheingau erhalten, er schreibt: »Halte meine Mutter warm und behalte mich lieb.« Diese lieben Zeilen sind in mich eingedrungen wie ein erster Frühlingsregen; ich bin sehr vergnügt, daß er verlangt, ich soll ihn lieb behalten; ich weiß es wohl, daß er die ganze Welt umfaßt; ich weiß, daß ihn die Menschen sehen wollen und sprechen, daß ganz Deutschland sagt: unser Goethe. Ich aber kann Ihr sagen, daß mir bis heute die allgemeine Begeistrung für seine Größe, für seinen Namen noch nicht aufgegangen ist. Meine Liebe zu ihm beschränkt sich auf das Stübchen mit weißen Wänden, wo ich ihn zuerst gesehen, wo am Fenster der Weinstock, von seiner Hand geordnet, hinaufwächst, wo er auf dem Strohsessel sitzt und mich in seinen Armen hält; da läßt er keinen Fremden ein, und da weiß er auch von nichts als nur von mir allein. Frau Rat! Sie ist seine Mutter, und Ihr sag' ich's: wie ich ihn zum erstenmal gesehen hatte und ich kam nach Haus, da fand ich, daß ein Haar von seinem Haupt auf meine Schulter gefallen war. Ich verbrannte es am Licht, und mein Herz war ergriffen, daß es auch in Flammen aufschlug, aber so heiter, so lustig wie die Flammen in blauer, sonnenheller Luft, die man kaum gewahr wird, und die ohne Rauch ihr Opfer verzehrt. So wird mir's auch gehen: mein Leben lang werde ich lustig in die Lüfte flackern, und die Leute werden nicht wissen, woher sich diese Lust schreibt; es ist nur, weil ich weiß, daß, wenn ich zu ihm komme, er allein mit mir sein will und alle Lorbeerkränze vergißt.