Das Meer brauste und der Sturm tobte. – Weiße Möwen flogen krächzend darüber hinweg. – Der Mond lugte dann und wann zwischen zerrissenen Wolken hervor – traurig – einsam. – –
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Da schaukelt ein kleines Schiff auf den hohen Wogen und nähert sich dem Strande. Ein junges Mädchen sitzt allein darin. Leichtfüßig schwingt sie sich aus dem Schiff und setzt sich auf ein Felsstück, das von den Wellen des Meeres umspült wird und hart am Strande liegt.
Tief seufzt sie auf und ihre großen Vergißmeinnichtaugen füllen sich mit Thränen.
›Was soll ich beginnen?‹ flöten ihre Lippen und in ihrem süßen Blumenangesichte drückt sich ein schmerzliches Entsagen aus. ›Er liebt mich – und ich ihn! Aber Aurora liebt ihn auch und sie ist meine geliebte Schwester! Kann ich sie leiden sehen? – Nein – nimmermehr! Und sollte ich darüber an gebrochenem Herzen sterben!‹
Sie seufzte tief. ›O sterben! Aber ich fühl’s, ich werde nicht sterben – mein Herz wird nicht brechen, – es wird weiter schlagen, – – wenn es auch besser wäre, das zähe Ding stände zur rechten Zeit für ewig still!‹ – –«
Hier machte Flora eine kleine Pause und Nellie konnte es nicht unterlassen, sie zu unterbrechen.
»O wie furchtbar traurig!« rief sie aus, »das arme Blumenangesicht mit die Vergißmeinnichtsauge und das zähe Herz! Wo ist sie denn hergekommen auf ihres kleines Schiff, – so allein auf die brausende Meer?«
Und sie lachte mit ihren Schelmengrübchen so herzlich über Floras Unsinn, daß ihr die Thränen in die Augen traten.
»Wie abscheulich von dir, Nellie,« fuhr Flora sehr erzürnt auf, »daß du mich so unterbrichst! Wenn nur ein Funken Poesie in deinem Busen schlummerte, würdest du meine Werke verstehen. Aber du bist nüchtern vom Scheitel bis zur Sohle!«
»O, o!« lachte Nellie ausgelassen, »o, wie komisch bist du, Flora! Lies nur weiter dein ›Schmerzensopfer‹, ich will nun artig hören und kein Laut mehr lachen.«
Aber Flora nahm schmollend ihre Blätter zusammen. Das heißt, es war ihr nicht so recht Ernst damit, denn als auch Ilse sich aufs Bitten legte, sie möge doch nun auch den Schluß ihrer Novelle vorlesen, da ließ sie sich erweichen. Schon hatte sie die Lippen geöffnet, um fortzufahren, da wurde sie unterbrochen durch Melanies hastigen Eintritt.
»Kinder!« rief diese aufgeregt, »es ist etwas furchtbar Interessantes passiert! Denkt euch, eben ist eine höchst elegante Dame vorgefahren mit einem reizend netten, kleinen Mädchen. Fräulein Raimar empfing sie schon an der Thür und Orla hat deutlich gehört wie sie sagte: ›Sie bringen das Kind selbst, gnädige Frau!‹ – Es bleibt also hier in der Pension, und wir haben nichts davon gewußt! Warum wird nun die ganze Geschichte so furchtbar geheimnisvoll gemacht? Wir haben doch stets gewußt, wenn eine neue Pensionärin ankam! Ich finde das, aufrichtig gesagt, klassisch!« –