Bald trat die anmutige Gestalt eines kleinen Mädchens zu ihm. Sie hieß Elisabeth und mochte fünf Jahre zählen; er selbst war doppelt so alt. Um den Hals trug sie ein rotseidenes Tüchelchen; das ließ ihr hübsch zu den braunen Augen.
»Reinhard!« rief sie. »Wir haben frei, frei! Den ganzen Tag keine Schule und morgen auch nicht.«
Reinhard stellte die Rechentafel die er schon unterm Arm hatte, flink hinter die Haustür, und dann liefen beide Kinder durchs Haus in den Garten und durch die Gartenpforte hinaus auf die Wiese. Die unverhofften Ferien kamen ihnen herrlich zustatten. Reinhard hatte hier mit Elisabeths Hilfe ein Haus aus Rasenstücken aufgeführt; darin wollten sie die Sommerabende wohnen; aber es fehlte noch die Bank. Nun ging er gleich an die Arbeit; Nägel, Hammer und die nötigen Bretter lagen schon bereit. Währenddessen ging Elisabeth an dem Wall entlang und sammelte den ringförmigen Samen der wilden Malve in ihre Schürze; davon wollte sie sich Ketten und Halsbänder machen; und als Reinhart endlich trotz manches krumm geschlagenen Nagels seine Bank dennoch zustande gebracht hatte und nun wieder in die Sonne hinaustrat, ging sie schon weit davon am anderen Ende der Wiese.
»Elisabeth!« rief er. »Elisabeth!« Und da kam sie und ihre Locken flogen. »Komm«, sagte er, »nun ist unser Haus fertig. Du bist ja ganz heiß geworden; komm herein, wir wollen uns auf die neue Bank setzen. Ich erzähl' die etwas.«
Dan gingen sie beide hinein und setzten sich auf die neue Bank. Elisabeth nahm ihre Ringelchen aus der Schürze und zog sie auf lange Bindfäden; Reinhard fing an zu erzählen: »Es waren einmal drei Spinnfrauen...«
»Ach«, sagte Elisabeth, »das weiß ich ja auswendig; du mußt auch nicht immer dasselbe erzählen.«
Da mußte Reinhart die Geschichte von den drei Spinnfrauen steckenlassen, und statt dessen erzählte er die Geschichte von dem armen Mann, der in die Löwengrube geworfen war. »Nun war es Nacht«, sagte er, »weißt du, ganz finstere, und die Löwen schliefen. Mitunter aber gähnten sie im Schlaf und reckten die roten Zungen aus; dann schauderte der Mann und meinte, daß der Morgen komme. Da warf es um ihn her auf einmal einen hellen Schein, und als er aufsah, stand ein Engel vor ihm. Der winkte ihm mit der Hand und ging dann gerade in die Felsen hinein.«
Elisabeth hatte aufmerksam zugehört. »Ein Engel?« sagte sie. »Hatte er denn Flügel?«
»Es ist nur so eine Geschichte«, antwortete Reinhart, »es gibt ja gar keine Engel.«
»O pfui, Reinhart!« sagte sie und sah ihm starr ins Gesicht. Als er sie aber finster anblickte, fragte sie ihn zweifelnd: »Warum sagen sie es denn immer? Mutter und Tante und auch in der Schule?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete er.
»Aber du«, sagte Elisabeth, »gibt es denn auch keine Löwen?«
»Löwen? Ob es Löwen gibt! In Indien; da spannen die Götzenpriester sie vor den Wagen und fahren mit ihnen durch die Wüste. Wenn ich groß bin, will ich einmal selber hin. Da ist es vieltausendmal schöner als hier bei uns; da gibt es gar keinen Winter. Du mußt auch mit mir. Willst du?«
»Ja«, sagte Elisabeth, »aber Mutter muß dann auch mit und deine Mutter auch.«
»Nein«, sagte Reinhard, »die sind dann zu alt, die können nicht mit.«
»Ich darf aber nicht allein.«
»Du sollst schon dürfen; du wirst dann wirklich meine Frau, und dann haben die andern dir nichts zu befehlen.«
»Aber meine Mutter wird weinen.«
»Wir kommen ja wieder!« sagte Reinhard heftig, »sag es nur gerade heraus, willst du mit mir reisen? Sonst geh'ich aIlein; und dann komme ich nimmer wieder.«
Der Kleinen kam das Weinen nahe.
»Mach nur nicht so böse Augen«, sagte sie, »ich will ja mit nach Indien.«
Reinhard faßte sie mit ausgelassener Freude bei beiden Handen und zog sie hinaus auf die Wiese. »Nach Indien, nach Indien«, sang er und schwenkte sich mit ihr im Kreise, daß ihr das rot Tüchelchen vom Halse flog. Dann aber ließ er sie plötzlich los und sagte ernst »Es wird doch nichts daraus werden; du hast keine Courage«
– – »Elisabeth! Reinhard!« rief es jetzt von der Gartenpforte. »Hier! Hier!« antworteten die Kinder und sprangen Hand in Hand nach Hause. 顷刻,一个可爱的小女孩子的形态出现在他面前。她叫伊利莎白,年纪五岁左右;他自己的岁数要比她大一倍。她的脖子上围着一条红绸的小围巾;配着她的褐色眼睛显得很漂亮。
“莱因哈特!”她叫道,“我们放假了,放假了!今天一整天不上学,明天也不去。”
莱因哈特把已经夹在臂下的石板赶忙放到门背后,随即两个孩子穿过屋子跑进花园,又穿越园门跑到外面的草地上。
这次出乎意料的放假对他们简直是太有用了。莱因哈特在伊利莎白的帮助下已经在这里盖了一间草皮房子;他们打算在夏天的夜晚住在里面;可是还缺一条长凳。于是他马上就动手干起活来;钉子、锤子和必需的木材都是现成的。在他干活的时候,伊利莎白便沿着围墙捡野锦葵的环形花子放在她的围裙里;她想用它们给自己做链子和项圈;当莱因哈特敲弯了不少钉子终于把长凳做成,回到外面阳光下时,她已经走得很远,到草地的另一端去了。
“伊利莎白!”他呼唤,“伊利莎白!”她来了,一路上卷发飘拂着。“来吧,”他说,“现在我们的房子造好了。你跑得很热;进来吧,