Die Schwefelsäure H2SO4, Molekulargewicht = 97,35, spez. Gew. = 1,854, ist auf der Erde in der Form ihrer Salze sehr verbreitet. Sie bildet sich beim Zusammentritt1 von Schwefeltrioxyd und Wasser. Schwefeltrioxyd entsteht leicht durch Oxydation von schwefliger Säure SO2 mittels des Sauerstoffs der Luft. Findet dieser Prozess bei Gegenwart von Wasser statt, so wird direkt aus der schwefligen Säure Schwefelsäure gewonnen:
SO2+O+H2O=H2SO4.
Diese Entstehungsart2 ist die Grundlage der grossartigen Schwefelsäureindustrie.
Auf geeigneten Herden3 wird Schwefel zu schwefliger Säure4 verbrannt (S+O2=SO2) oder es5 werden in geeigneten Rostöfen natürlich vorkommende metallsulfide, z. B. Schwefelkies (FeS2), Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS) in der Glühhitze bei Luftzutritt oxydiert, wobei sich der Schwefel der Sulfide ganz oder teilweise in schwefligsaures Gas verwandelt, z. B.
4 FeS2+ 11 O2 = 2 Fe2O3 (Eisenoxyd)+ 8 SO2
Die bei dieser Reaktion entstehende Wärme ist genügend, um den Röstprozess ohne besondere Feuerung zu unterhalten. Die zum grössten Teil aus schwefliger Säure bestehenden Röstgase werden in Bleikammern mit Wasserdampf und Salpetersäure zusammengebracht, wobei man dafür sorgt6, dass gleichzeitig immer frische Luft zutreten kann und dass im Innern der Kammern eine Temperatur von ungefähr 40° herrscht. Während nun die schweflige Säure durch die Bleikammern strömt und gleichzeitig mit Luft und den Dämpfen der Salpetersäure bei Vorhandensein7 von Wasser in Berührung kommt, wird sie durch den Sauerstoff der Salpetersäure zu Schwefelsäure oxydiert,[Pg 86] während sich die Salpetersäure zu Stickstoffdioxyd (Untersalpetersäure8) reduziert. Sobald aber letzteres mit den vorhandenen Wasserdämpfen in Berührung kommt, zerfällt9 es zu Salpetersäure, die von neuem eine entsprechende Menge von schwefliger Säure zu Schwefelsäure oxydiert, und zu Stickstoffoxyd, das unter Aufnahme von Sauerstoff aus der in der Kammer vorhandenen Luft von neuem in Stickstoffdioxyd übergeht10, so dass also eine kleine Menge Salpetersäure genügt, um grosse Mengen von schwefliger Säure in Schwefelsäure überzuführen11.