Wenn der Wetterexperte im Fernsehen Service bieten will, erzählt er nicht nur etwas von Tiefs und Hochs. Er sagt auch, was das für die Kleiderwahl am nächsten Tag bedeutet - darum die "gefühlte Temperatur". Aber wie wird diese Angabe eigentlich bestimmt?
Willkommen im Herbst: Der Blick aufs Thermometer zeigt zehn Grad Celsius an, draußen pfeift grimmig der Wind, dazu fällt ein unangenehmer Nieselregen vom Himmel. Wie jetzt, zehn Grad? Trotz Mütze, Schal und Handschuhen fühlt es sich viel eher nach einer Temperatur um den Nullpunkt an.
Diese sogenannte gefühlte Temperatur ist oft Teil der Wettervorhersagen in Funk und Fernsehen. Sie hängt neben der Lufttemperatur auch noch von einigen anderen Faktoren ab. Doch wie wird diese subjektive Klimaangabe eigentlich bestimmt?
"Die gefühlte Temperatur drückt aus, wie ein Mensch die Temperatur in seiner Umgebung wahrnimmt", erläutert die Medizinmeteorologin Christina Koppe vom Deutschen Wetterdienst. "Zum besseren Verständnis wird sie, wie die Lufttemperatur, in Grad Celsius angegeben."
Die gefühlte Temperatur wird vom Deutschen Wetterdienst mit Hilfe des "Klima-Michel-Modells" bestimmt. "Dieses Modell berücksichtigt neben der Lufttemperatur noch andere äußere Faktoren, aber auch individuelle Einflüsse, die unsere Wahrnehmung der Temperatur beeinflussen", sagt die Meteorologin.
Ja, friert denn der alte Klima-Michel noch?
Die mittlere Strahlungstemperatur drückt aus, ob und wie stark die Sonne scheint und von der Umgebung reflektiert wird. Ist das der Fall, zum Beispiel bei Hauswänden, die von der Sonne beschienen werden, steigt die gefühlte Temperatur. Hohe Windgeschwindigkeiten verringern hingegen die wahrgenommene Wärme.
Außerdem wirkt sich die Luftfeuchtigkeit abhängig von der Situation auf die gefühlte Temperatur aus. "Bei einer großen Wärmebelastung gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit können wir unseren Körper nicht mehr so gut über das Schwitzen abkühlen. Das verstärkt unsere Wahrnehmung der Wärmebelastung, und wir empfinden sie als schwüle und stickige Hitze", so Christina Koppe. "Hingegen gelangen bei nasser Kälte kleinste Wassertröpfchen auf die Gesichtshaut. Sie entziehen dem Körper bei leichtem Wind durch die Verdunstung zusätzliche Wärme. Dadurch empfinden wir die Temperaturen als noch kälter."
Neben diesen äußeren Faktoren ist der Wärmehaushalt des Menschen auch von individuellen Faktoren abhängig. Die Meteorologen berücksichtigen deshalb beim "Klima-Michel" die Aktivität eines Durchschnittsmenschen und die Wärmeisolation seiner Bekleidung. Der "Klima-Michel" ist männlich, 1,75 Meter groß, wiegt 75 Kilogramm und ist etwa 35 Jahre alt. Er kann seine Kleidung der Temperatur anpassen und zwischen einem T-Shirt mit dünner langer Hose und einem Wollanzug samt Wintermantel variieren.