Die Franzosen schenkten den Amerikanern zur Hundertjahrfeier ihrer Unabhängigkeitserklärung 1876 die Freiheitsstatue. Doch die Grundsteinlegung für den Sockel verzögerte sich ein wenig und fand erst am 5. August 1884 statt.
Für ein schönes Geschenk soll man sich nicht nur bedanken, man soll es auch würdigen und in Ehren halten. Natürlich - wie man das macht, kommt auf das Geschenk an. Ein Buch zum Beispiel würdigt man nicht, indem man es ins Regal stellt, sondern vielmehr dadurch, dass man es liest. Handelt es sich bei dem Geschenk dagegen um, sagen wir, eine hübsche Statue, dann stellt man diese so auf, dass sie gut zur Wirkung kommt. Wenn das Stück etwas größer ist, platziert man es am besten auf einem Sockel. Der darf ruhig etwas höher sein als die Statue selbst. Misst die zum Beispiel 46 oder 47 Meter, dann darf man beim Sockel getrost noch einmal 10 Meter dazugeben, so dass das Ganze eine Höhe von, na ja, 93 Metern erreicht.
Schon, freilich, so was kriegt nicht jeder unter, bei sich daheim. Aber die Fälle, in denen derartige Kolosse verschenkt werden, sind ja auch eher selten. Immerhin hat die französische Nation vor ziemlich genau 120 Jahren den Vereinigten Staaten von Amerika eine Statue von diesen Ausmaßen verehrt. Eigentlich sollte es eine Art Geburtstagspräsent sein, zur Hundertjahrfeier der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776, aber wie es eben bei derart aufwändigen und noch dazu selber gebastelten Geschenken ist: Es wurde nicht rechtzeitig fertig und kam erst mit einer fast zehnjährigen Verspätung an. Das wiederum wird jedoch den Amerikanern gar nicht so unrecht gewesen sein, denn 1876 war der Sockel, auf dem die Statue - die statue of liberty - ihren Platz bekommen sollte, überhaupt noch nicht gebaut. Dessen Grundstein wurde erst am 5. August 1884 gelegt.
Zwei Jahre später kam dann die fertige, in Einzelteile zerlegte und in mehr als 200 Kisten verpackte Freiheitsstatue in New York an. Entworfen hatte sie der Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi, das massive Eisenskelett, das die kupferne Außenhaut von innen stützt, war von Gustave Eiffel konstruiert worden.
"Wir wollen weder vergessen, dass die Freiheit hier ihr Haus gebaut hat; noch wird ihr auserwählter Altar vernachlässigt werden", sagte Präsident Stephen G. Cleveland bei der offiziellen Entgegennahme der Freiheitsstatue im Oktober 1886.
Die Amerikaner haben also getan, was sich gehört: Sie haben sich für das Geschenk bedankt und sie haben es an einem Ort aufgestellt, wo es auf das Trefflichste zur Wirkung kommt.
Nur eins: Das Geschenk soll die Freiheit versinnbildlichen. Die Frauenfigur steht auf den zerbrochenen Ketten der Sklaverei, die Fackel in ihrer Hand ist ein Symbol der Aufklärung. Nun sind aber in der letzten Zeit hie und da Zweifel daran aufgekommen, dass Amerika noch der Hort der Freiheit und Fackelträger einer aufgeklärten Geisteshaltung ist. Ein Karikaturist hat ein Bild von Lady Liberty gezeichnet, das sie, einigermaßen übergewichtig und mit Doppelkinn auf dem Sockel sitzend zeigt; mit der Fackel zündet sie sich gerade eine Marlboro an.
Vor allem seit sie im September 2001 die beiden Türme in ihrer Nähe in sich zusammensinken sah, weht der liberale Geist, den sie verkörpert, nicht mehr ganz so frisch. Und das ist natürlich nicht unbedingt die richtige Art, das schöne Geschenk der Franzosen zu würdigen.