Die chinesische Redewendung „Yi Yi Dai Shui" bedeutet wörtlich „Ein schmaler Streifen Wasser". Der Ausdruck steht heute für zwei Gebiete oder Staaten, die zwar geografisch von einander getrennt sind, zwischen denen aber trotzdem Beziehungen möglich sind. Der Ursprung der Redewendung kommt aus der Zeit der Sui-Dynastie am Ende des 6. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung.
Yang Jian, der Kaiser Wen der Sui-Dynastie, hatte in Nordchina einen militärisch starken und reichen Staat errichtet. Nun war er darum bemüht, auch den Südteils des Landes zu erobern. Doch bildete der Jangtse-Fluss die Grenze zur Chen-Dynastie im Süden. Der dortige König Chen Shubao soll ein unfähiger Herrscher mit einem liederlichen Lebenswandel gewesen sein. Er wusste, dass Yang Jian sein Reich angreifen wollte, doch verließ er sich auf den Jangtse als eine natürliche und kaum zu überwindende Barriere.
Yang Jian fragte seinen Minister Gao Ying nach einem Plan, wie man das Chen-Reich erobern könnte. Gao antwortete: „Die Feldfrüchte südlich des Jangtse-Flusses reifen früher als das Getreide im Norden. Wenn wir während der Erntezeit dem Süden mit Angriff androhen, werden sie auf den Ackerbau verzichten und die Verteidigung vorbereiten. Wenn sie sich sehr gut vorbereiten, sehen wir vom Angriff ab. Wir machen das mehrmals, bis uns der Süden nicht mehr glaubt und seine Vorräte erschöpft sind. Danach können wir den Fluss überqueren und das Land erobern."
Yang Jian gefiel der Plan des Ministers und er begann mit seiner Ausführung. Sieben Jahre lang hat man den Süden getäuscht. Schließlich stellte der Kaiser eine Truppe von 500 000 Mann unter die Leitung seines Sohnes Yang Guang und befahl einen wirklichen Angriff. Vor der Abreise hielt er vor den versammelten Truppen eine Rede: „Ich bin der Vater des Volkes im ganzen Reich. Kann es sein, dass ein Wasserstreifen, so Schmal wie ein Kleidungsärmel, mich davon abhält, mein Volk jenseits des Jangtse-Fluss zu befreien?" 588 war das südliche Reich gefallen und ganz China nach langer Zeit wiedervereint.