Das Schattenspiel hat in China eine lange Tradition. Dazu sitzen zwei oder drei Künstler hinter einer Leinwand. Und im Spiel von Licht und Schatten bewegen sie Menschen- oder Tierfiguren und hauchen ihnen mit Schattenbewegungen und ihren Stimmen Leben ein. Die Szenerie wird untermalt mit Musik, die eine kleine Musikgruppe auf traditionellen Instrumenten spielt. Die Figuren werden übrigens in aufwendiger Handarbeit aus Tierhaut gefertigt und bemalt. Insgesamt ist die Kunst des Schattenspiels eine Kombination verschiedener handwerklicher Kunstformen vom Gestalten, Schnitzen und Färben sowie der Kunst der Darstellung.
Das chinesische Schattenspiel entstand bereits in der Han-Dynastie vor mehr als 2000 Jahren. Der Legende zufolge hatte der Han-Kaiser Wudi seine verstorbene Lieblingskonkubine Li so sehr vermisst, dass er Steinmetze beauftragte, aus einem dem Meer entnommenen Zauberstein die Figur der Konkubine anzufertigen. Nach ihrer Fertigstellung wurde die Steinfigur auf das Bett gelegt. Das Bett war von einem feinen Gazenetz umhüllt. Im Licht warf die Steinfigur einen Schatten auf das Netz, und dann sah es so aus, als ob die Konkubine Li wieder zum Leben erwacht wäre. So soll das Schattenspiel entstanden sein. Zwischen dem 7. und 14. Jahrhundert erlebte das Schattenspiel seine Blütezeit. Und noch bis heute erfreut sich diese traditionelle Kunst in China großer Beliebtheit.
Die Anfertigung der Schattenspielfiguren fordert ungewöhnlich hohe Fingerfertigkeit und eine ausgefeilte Technik. In den Anfangsjahren des Schattenspiels wurde dickes Papier als Material verwendet, später wurde das Papier durch die Haut von Rindern, Schafen oder Eseln ersetzt. Zur Fertigung einer Figur sind 24 Arbeitsgänge erforderlich, dazu gehören das Abschaben der Tierhaut, das Schleifen, das Schnitzen und das Färben.
Beim Schattenspiel werden Stile und Techniken der chinesischen Malerei angewendet. Die Figuren bestehen aus der flachen Tierhaut, die auf beiden Seiten bemalt wird. Die Gesichter der Menschenfiguren sind meist übertrieben dargestellt, die Gliedmaßen sind beweglich angebracht und mit kleinen Stöcken verbunden, so dass der Schattenspielkünstler Bewegungen darstellen kann. Um die Geschichte in einem Schattenspiel gut darzustellen, müssen die Künstler das Stück sehr gut kennen. Darüber hinaus müssen sie wissen, wie sie die Figuren mit ihren Händen unter Lichteinfluss bewegen und dabei die Handlung und auch die einzelnen Rollen mit ihren Gefühlen und Gedanken darstellen. Deshalb muss ein Schattenspieler große Vorstellungs- und Einfühlungskraft besitzen.
In den Schattenspielen geht es hauptsächlich um historische Geschichten und Mythen. Durch das Zusammenwirken von Sprache, Gesang und Instrumentenbegleitung wird den Zuschauern ein Schauspiel voller Vitalität, Dramatik und Humor geboten. In der langen Entwicklungsgeschichte des chinesischen Schattenspiels haben sich unterschiedliche regionale Besonderheiten herausgebildet. Beispielsweise sind die Schattenspielfiguren aus Longdong in der nordwestchinesischen Provinz Gansu durch besonders große künstlerische Übertreibung sowie Deformationen und starke Farbenkontraste gekennzeichnet. Die Schattenspielfiguren aus der Provinz Shaanxi, ebenfalls in Nordwestchina, sind schlicht, prägnant und lebendig. In der Nachbarprovinz Shanxi sind die Figuren eher fein und realitätsgetreu. Figuren und Requisiten tragen oft traditionelle Muster mit symbolischer Bedeutung.
Beim Schattenspiel sind Einflüsse der Lokalopern erkennbar. Das zeigt sich beispielsweise bei der hohen und rhythmischen Gesangsmelodie, die auch bei Lokalopern üblich ist. Nicht selten sind aus dem Schattenspiel neue Lokalopern hervorgegangen.
Das Schattenspiel ist bei den Chinesen weit verbreitet. Sein Einfluss erstreckt sich sogar bis in die Filmbranche. Prominente Vertreter der internationalen Kunst wie beispielsweise Johan Wolfgang von Goethe oder Charlie Chaplin haben die Kunst des chinesischen Schattenspiels hoch geschätzt.
Die wunderschön gefertigten Schattenspielfiguren finden auch als Spielzeug und als Zimmerdekoration Verwendung. Als ein Produkt des traditionellen chinesischen Kunsthandwerks werden die Schattenspielfiguren gern von Museen, Sammlern, und Schattenspielliebhabern gesammelt.