Draußen in der Abendluft schwärmte ein großer Brummer, der kam an das offene Fenster eines reichen Mannes, flog in das Zimmer und machte hier einen Mordspectakel, wie es die Brummer zu thun pflegen. Bald summte er in der einen, bald in der andern Ecke, bald an dieser, bald an jener Seite und bald wieder stieß er sich den Kopf an den Fensterscheiben, der dumme Brummer, der keine Ahnung davon hatte, daß es Glaser in der Welt gebe.
– Summ, summ, summ! ging es im Zimmer; summ, summ! an den Fenstern; summ, summ! in allen Ecken. Ihm war das Zimmer viel zu eng und hätt' er es sich recht überlegt, so wäre er lieber draußen geblieben.
Plötzlich fing der Theekessel auf dem Tisch an zu singen, denn das Kohlenbecken unter ihm machte ihm das Leben recht heiß, und der Theekessel meinte, der wilde Brummer sei doch ein recht glückliches Thier, der habe Flügel und könne fliegen, wohin er wolle.
– Simm, simm, simm! klagte der arme Theekessel, als die Abendkühle ins Fenster drang, denn er stand wirklich auf Kohlen.
Brummer hörte den Theekessel; er setzte sich oben auf den Rand des Ofens, von wo aus er das Zimmer übersehen konnte, und horchte, wer hier außer ihm im Zimmer noch singen möge.
Da erblickte er den Theekessel und machte sich wieder auf den Weg.
– Summ, summ, summ ... supp! Da saß er auf der Tischdecke und glotzte den Theekessel groß an.
– Was machst Du denn da für eine dumme Musik? sagte er zu dem Theekessel, nachdem er sich einige Male unwillig mit den Vorderfüßen über den dicken Kopf gefahren war.
– Simm, simm, simm! sang der Theekessel, denn ihm war ja so heiß.
– Das ist gar nichts gesagt! fuhr der Brummer fort; wenn Du Dir einbildest, Du könntest singen, so thust Du mir wirklich sehr leid.
– Ich muß ja singen, wenn ich heiß werde, antwortete der Theekessel; das ist so meine Gewohnheit... Simm, simm! sang der Theekessel.
– Du mußt singen? Wo liegt denn die Nothwendigkeit, wenn ich hier schon singe? Ich gehöre zu den Singvögeln, sagte der Brummer und spazierte näher, als wäre er ein ganzer Polizeimeister.
– Laß mich in Ruhe! rief der Theekessel.
– Willst Du zugeben, daß ich besser singen kann als Du? fragte der Brummer.
– Jeder nach seiner Weise! antwortete der Theekessel; wenn es darauf ankommt, singe ich doch höher als Du.
– Das ist nicht wahr, Du einfältiger Theekessel! Gieb nur Acht, ich will es Dir beweisen!
Damit flog der Brummer auf, wirthschaftete im Zimmer hin und her und sang so hoch er konnte; aber es war doch immer nur die alte Tonart.
– Nun, was sagst Du jetzt? fragte er, sich wieder auf den Tisch setzend.
– Ich will nicht mit Dir streiten, aber ich kann doch höher singen; das ist so meine Natur... Simm, simm, simm! rief der Theekessel und sang die höchsten Töne, denn je heißer ihm ward, desto höher mußte er singen.
– Oho! So hoch kann ich auch! Was ist wohl die Natur gegen die Kunst! rief der Brummer.
Und abermals flog er auf, aber es ging doch immer nur summ, summ! Der gute Brummer sang einen erschrecklichen Baß. Der Theekessel jedoch stimmte noch höher mit ein und ließ dabei aus dem kleinen Loch in seinem Deckel den Dampf in die Höhe steigen.
Brummer sah wohl ein, daß er nicht so hoch kommen könne, aber er wollte es doch nicht zugestehen.
– Laß uns noch einmal von vorn anfangen, sagte er; ich werde anstimmen!
Und wieder flog er auf und machte summ, summ, und der Theekessel ließ seinen Dampf aufsteigen und machte simm, simm! noch einmal so hoch als vorhin.
Das war dem Brummer doch zu toll; in seinem Aerger umkreiste er den Theekessel.
– Komm mir um Gotteswillen nicht zu nahe, denn ich bin sehr heiß! warnte ihn der Theekessel.
Brummer aber war zu böse; er glaubte nicht anders, als daß der Theekessel aus dem kleinen Loch singe durch welches er den Dampf aufsteigen ließ, und umschwärmte dieses immer enger.
– Bleib mir vom Leibe! rief der Theekessel. Brummer aber besaß einen entsetzlichen Künstlerneid und ließ sich nicht warnen.
– Summ, summ, summ ... supp! Da saß er auf dem kleinen Loch, durch welches der heiße Dampf ausströmte, und im nächsten Augenblick lag er todt auf der Tischdecke.
– Simm, simm! Ich kann nicht dafür. Jeder nach seiner Weise! sagte der Theekessel.