Die Richter hingegen erklärten, das könnten sie nicht verantworten, wenn aber meta wirklich die Stieftochter der Verstorbenen sei, so solle sie dies durch Zeugen beweisen.
Die Erben bestanden jedoch auf ihrem Willen und da sie lauter vornehme Leute waren, so gaben die Richter ihnen endlich nach, und die arme meta wurde in ein Gefängniß geführt, wo man ihr sagte: sie habe nun vier Wochen Frist, ihre Rechte durch glaubwürdige Zeugen zu beweisen, wenn sie das aber nicht könne, so werde sie als eine Betrügerin zu schwerer Strafe verurtheilt werden. Damit schlossen sie die Gefängnißthür und meta war allein.
Da hatte sich nun die gute meta eine schöne Suppe eingebrockt! Sie fühlte sich so unglücklich, so verlassen, und wie sollte sie wohl der Strafe entgehen, da sie ja keine Zeugen aufbringen konnte!
Plötzlich hörte sie leise an's Fenster klopfen; sie öffnete und siehe da: die sechs Däumlinge, welche sie in einem stattlichen Wagen bis zu dieser Stadt geführt hatten, stiegen durch das Fenster herein.
– Ich wußte ja, daß Ihr mich nicht verlassen würdet! rief meta erfreut und trocknete ihre Thränen.
Die Däumlinge aber meinten, das sei eine böse Geschichte, aus der sie meta mit allen Ehren herausziehen müßten, denn eine solche Wendung der Dinge hätten sie nicht erwartet.
Nun hielten sie einen Rath und noch an demselben Tage wurde ein Bote nach dem Dorfe geschickt, in welchem meta früher gelebt hatte. Dieses Dorf aber war so weit, daß der Bote erst in drei Wochen frühestens wieder zurück sein konnte. meta mußte sich daher in Geduld fassen; die Däumlinge thaten alles Mögliche, ihr die Gefangenschaft zu erleichtern, und die Richter gestatteten ihr, alle Tage zwei Stunden in dem Hofe des Gefängnisses spazieren zu gehen.
Bei solchen Gelegenheiten wurde sie nun von Manchen gesehen und alsbald verbreitete sich der Ruf von ihrer wunderbaren Schönheit in der ganzen Hauptstadt.
Auch der einzige Sohn des Königs, der Kronprinz, hörte davon und war neugierig, die seltene Schönheit zu sehen. Er ließ sich daher eines Tages in das Gefängniß und an ein Fenster führen, von welchem aus er meta im Hofe sehen konnte. Lange schaute er sie an; dann aber wandte er sich plötzlich vom Fenster, trat mit seinem Begleiter vor die Thür, stieg in den Wagen und fuhr davon. Wahrscheinlich mochte ihm meta doch nicht so schön erschienen sein, wie er sie dem Gerüchte nach erwartet hatte.
Eine Woche verstrich, zwei, drei und vier Wochen verstrichen. Da kam der lange erwartete Bote am Tage vor Ablauf der Frist zurück; aber Zeugen brachte er nicht mit, denn im Dorfe hatten ihm Alle gesagt, die kleine meta sei schon vor sechs Jahren gestorben.
meta weinte wieder und rang in ihrem Gefängniß verzweifelt ihre Hände; die Däumlinge aber suchten sie zu trösten und sagten ihr: sie solle sich nur ruhig von den Richtern verurtheilen lassen, denn wenn sie auch in einen Kerker von Eisen und Granit geworfen würde, so wollten sie meta dennoch befreien, das sei für sie gar kein Kunststück.
Und der Morgen kam, an welchem meta als eine Betrügerin vor die Richter geführt und verurtheilt werden sollte. meta weinte wiederum bitterlich, die Däumlinge aber warfen sich ins Geheim lächelnde Blicke zu und sagten ihr, sie solle nur ganz unbesorgt sein, denn es sei nicht Alles so schlimm, wie es aussehe. meta aber wäre so gern bei den Menschen geblieben, denn wenn es ihr bei den Däumlingen auch sehr wohl erging, so liebte sie doch die freie Natur und die Sonne und die Sterne so sehr, die sie unter der Erde sechs Jahre lang nicht hatte sehen können.
Da hörte sie einen Wagen vorfahren.
– Jetzt holt man mich! rief sie erschreckt.
– Ja, antworteten die Däumlinge, innerlich lachend; man holt Dich, aber es ist doch nicht Alles so schlimm, wie es aussieht.
Die Thür ging auf. meta barg ängstlich das Gesicht in den Händen. Aber anstatt der Richter oder der Gefängnißknechte trat, von vier Hofherren mit Orden auf der Brust begleitet, der Kronprinz herein. Der ging auf meta zu, nahm ihre Hand und sagte zu ihr: er habe sie neulich im Gefängnißhofe gesehen und seiner Mutter, der Königin, von ihr gesagt. Diese sei nun willens, sie zu ihrer Hofdame zu machen, und habe ihm den Auftrag gegeben, sie abzuholen. Sie solle also mit ihm kommen, sein Wagen stehe vor der Thür.
Gleichzeitig hängte ihr einer der Hofherren einen kostbaren Mantel von Hermelin und dunkelrothem Sammet um und der Kronprinz führte die schöne meta hinab in den Wagen, wo er neben ihr Platz nahm.
Nach einigen Minuten hielten sie vor einem Palast, der war mit Blumen und Kränzen ausgeschmückt, zahllose Herren und Damen, alle wunderschön geputzt, hatten sich versammelt. Der Kronprinz aber führte meta zu einem Thron, auf welchem sein Vater und seine Mutter saßen; diese umarmten und küßten meta und nannten sie ihre Tochter.
Jetzt wußte die verwirrte meta endlich, woran sie war, denn ehe sie sich dessen versah, wurde Hochzeit gehalten und sie war die Frau des schönen Kronprinzen.
So wurde die kleine meta Kronprinzessin und nach einigen Jahren eine große und glückliche Königin. Bleich aber ist sie immer geblieben – das kam daher, weil sie sich als Kind in den Finger geschnitten; hätte sie das nicht gethan, so wäre allerdings nicht geschehen, was ich hier erzählt, aber da dieses nicht alle Tage passirt und es überhaupt noch nicht erwiesen, ob diese Geschichte wahr ist, so nehme man lieber seine Finger in Acht, das ist das Sicherste.