Orm, ganz erschrocken, zog den Kopf zurück, er uns Aslog blieben nun im Dunkeln, so still, dass sie kaum zu atmen wagten.
Die Prozession rückte dem Hause zu, wie man das deutlich an dem Näherkommen des Geschreies bemerken konnte. sie waren nun Alle eingetreten; leicht und tätig sprangen die Zwerge jetzt auf den Bänken umher; schwer und dumpf tönten die Schritte des Riesen dazwischen. Orm und seine Frau hörten sie den Tisch decken, mit den Schüsseln klappern und mit Freudengeschrei ihr Fest feiern. Als es vorbei und die Mitternacht nahe war, fingen sie an zu jener bezaubernden Weise, die die Seele in süße Verwirrung versetzt und die einige Leute in den Felsentälern gehört und von den unterirdischen Spielleuten durch Horchen erlernt haben, zu tanzen. - Sobald Aslog die Weise vernahm, fühlte sie eine unbeschreibliche Sehnsucht den Tanz zu sehen. Orm war nicht im Stande, sie zurückzuhalten. - "Lass mich hinblicken, sagte sie, oder mir bricht das Herz." Sie nahm ihr Kind und stellt sich an das äußerste Ende des Bodens, wo sie, ohne bemerkt zu werden, Alles sehen konnte. Lange schaute sie, ohne ihre Augen abzuwenden, dem Tanze und den kühnen und wundervollen Sprüngen der kleinen Wesen, die in der Luft zu schweben und die Erde gar nicht berühren schienen, zu, während die entzückende Weise der Elfen ihre ganze Seele füllte. Unterdessen wurde das Kind auf ihrem Arm schläfrig und atmete schwer, und ohne an das der Alten gegebene Versprechen zu denken, schlug sie, wie es Sitte ist, ein Kreuz über des Knabens Mund und sagte: "Christus segne dich, mein Kind." Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, als sich ein fürchterliches, durchdringendes Geschrei erhob. Die Geister taumelten über Hals und kopf sich drängend und stoßend aus der Tür, ihre Lichter gingen aus und in wenigen Minuten war das ganze Haus von ihnen verlassen. Orm und Aslog, tödlich erschreckt, versteckten sich im entferntesten Winkel des Hauses. - Sie wagten es nicht, sich zu rühren, bis der Tag anbrach, und fühlten erst, als die Sonne durch das Loch im Dache auf den Herd schien, den Mut hinabzusteigen.
Der Tisch war noch gedeckt, wie die Unterirdischen ihn verlassen hatten, mit allem ihrem köstlichen, wundervoll aus Silber gearbeiteten Geschirr darauf. In der Mitte des Zimmers stand auf dem Boden ein hoher kupferner Kessel, halb mit süßem Met gefüllt, und ihm zur Seite ein Trinkhorn von reinem Golde. In der Ecke lag ein besaitetes Instrument, einem Hackebrett ähnlich, auf dem die Riesinnen spielen,wie man glaubt. - Sie schauten Alles bewundernd an, wagte jedoch nicht, er zu berühren; ihr Erschrecken war aber groß, als sie sich umwandten und eine ungeheure Gestalt, in der Orm gleich den Riesen, den Guru umarmt hatte, erkannte, am Tische sitzen sahen. Es war jetzt ein kalter harter Stein. - Während sie ihn anstarrten, trat Guru selbst, in ihrer Riesengestalt, ins Zimmer. Sie weinte so bitterlich, dass ihre Tränen auf die Erde fielen. - Es dauerte lange, ehe sie vor Schluchzen ein Wort äußern konnte: endlich sagte sie:
"Großen Kummer habt ihr über mich gebracht, und ich muss von nun an mein Leben lang weinen; da ich aber weiß, dass ihr es nicht aus böser Absicht getan habt, so vergebe ich euch, wiewohl es mir ein Leichtes wäre, euch das Haus über dem Kopfe" wie eine Eierschale zu zerdrücken."
"Ach rief sie, da sitzt mein Gatte, den ich mehr liebe, als mich selbst, für immer versteinert, und wird nie wieder die Augen öffnen. - Dreihundert Jahre lebte ich bei meinem Vater auf der Insel Kuman glücklich, in jugendlicher Unschuld, die schönste der Riesenjungfrauen. - Mächtige Helden bewarben sich um meine Hand; das Meer rund um jene Insel ist voll Felsenstücken, die sie im Kampfe gegen einander warfen. - Andfind gewann den Sieg, und ich verlobte mich mit ihm. Aber ehe ich mich vermählte, kam der abscheuliche Odin in das Land, besiegte meinen Vater und trieb uns von der Insel fort. -