Unätsi war das schönste Mädchen unter den Wyandot-Indianerinnen. Alle jungen Männer dieses Stammes machten ihr daher auch fleißig den Hof, doch keiner davon konnte sich einer besonderen Begünstigung rühmen. Die heiratslustigen Jünglinge beriefen daher eine heimliche Versammlung ein, um über die Art und Weise zu konferieren, wie Unätsi zu einer bestimmten Erklärung zu zwingen sei. Nach langem Debattieren wurde dann beschlossen: erstens, daß jeder von ihnen seine Bewerbungen einzustellen habe, und zweitens, daß ihr alter Chief beredet werden sollte, die schöne Jungfrau zu freien.
Der letzte Beschluß gefiel dem alten Häuptling außerordentlich; gleich bemalte er sich mit den schönsten Farben und nahm seine besten Waffen zur Hand, als ob er in einen gefährlichen Krieg zöge. Aber er marschierte sichtlich doch nur halb so freudig, als wenn er der Kriegstrommel folgte oder dem fliehenden Feind nachjagte. Der Gang kam ihn offenbar recht hart an; aber der erste Tag des Liebäugeins und Scharmierens noch härter. Am zweiten wurde es ihm schon bedeutend leichter ums Herz, und am dritten schwor er sogar bei Homendisu und Dairschuuruno, der liebenswürdigen Unätsi jeden Wunsch zu erfüllen, den sie an ihn richten würde.
Das war denn gerade, was die Schöne wollte; sie nahm ihn daher auch gleich beim Wort und befahl ihm, ihr in Bälde den Skalp eines bestimmten Seneca-Chiefs zu bringen, den sie bitter haßte.
Nun bereute der verliebte Wyandothäuptling seine Voreiligkeit zu spät und suchte sie mit dem ganzen Aufwand seines Rednertalents und der untertänigsten Liebenswürdigkeit, deren er fähig war, zu bewegen, doch um alles in der Welt davon abzustehen, denn jener Chief sei sein bester und intimster Freund, sie seien zusammen aufgewachsen, hätten zusammen gegessen, getrunken und sich in ihrem Leben noch nie beleidigt; einen solchen Freund könne er unmöglich umbringen.
Aber er predigte tauben Ohren; das einzige, was Unätsi erwiderte, war, daß, wenn er nicht bei allen Leuten seines Stammes als unverschämter Lügenhund ausgeschrien werden wolle, er schleunigst sein Versprechen erfüllen müsse.
Und er erfüllte es auch. Gegen Abend schlich er sich ungesehen in die Hütte seines Freundes und skalpierte ihn. Doch als er den erschütternden Skalpruf ertönen ließ, wurde er von einigen schnellfüßigen Senecas ergriffen und ebenfalls skalpiert. Darauf entspann sich zwischen beiden Stämmen ein dreißigjähriger Krieg, der damit endete, daß die Wyandots fliehen und ihre Weiber und Kinder größtenteils zurücklassen mußten, die dem unbarmherzigen Tomahawk und dem Skalpiermesser der Senecas zum Opfer fielen.