Ein hohes Alter des Elfenwesens ergibt sich aus dem frühen Dasein verschiedener dabei vorkommender Benennungen, welche wir an den passenden Orten nachgewiesen haben. Aber es fehlt auch nicht an (bisher noch von niemand aufgesuchten) Zeugnissen, die sich auf den Inhalt der Sagen selbst beziehen und insoweit ein noch größeres Gewicht haben, als ihre Beweiskraft mehr in die Sinne fällt. Zwar hätten sie sich gleichfalls einfügen lassen, doch schien es teils vorteilhafter, sie der Reihe nach zu übersehen, teils war es nicht gut möglich, sie anders als hier, vorzüglich nachdem das Wesen des Hausgeistes dargestellt ist, vollständig zu erläutern.
1. Cassianus (im 5ten Jahrh. Geistlicher zu Marseille) collationes patrum VII. c. 32.
Nonnullos (immundos Spiritus), quos faunos vulgus appellat, ita seductores et joculatores esse manifestum est, ut certa quaeque loca seu vias jugiter obsidentes nequaquam tormentis eorum, quos praetereuntes potuerint decipere, delectentur, sed derisu tantummodo et illusione contenti fatigare eos potius studeant, quam nocere; quosdam solummodo innocuis incubationibus hominum pernoctare.
Er beschreibt die Kleinen, welche das Volk Waldgeister nennt, die sich an Spielen vergnügen und die Menschen anlocken. Sie haben ihre Lieblingsplätze, wollen den Vorübergehenden nicht schaden, nur sie necken und auslachen, wie alles die Elfen zu treiben gewohnt sind. Zuletzt gedenkt er des Alps, der nächtlich die Menschen drückt.
2. Isidorus hispal. (Anfang des 7ten Jahrh.) Etym. Lib. VIII. c. ult.
Pilosi, qui graece panitae, latine incubi appellantur - hos daemones Galli Dusios nuncupant. Quem autem vulgo Incu-bonem vocant, hunc Romani Faunum dicunt.
Die pilosi sind die haarigen Erdelfen, wie der schottische Brownie noch jetzt zottig und im Wolfdieterich die rauche Eis ausdrücklich dargestellt wird. Der gallische Name Dusii findet sich schon ein paar Jahrhunderte früher bei dem heil. Augustin de civ. Dei c. 23. daemones, quos Dusios Galli nuncupant, von dem vielleicht Isidor diese Bemerkung entlehnt hat, so wie aus einem von beiden nachher Hincmar de divortio Lotharii p. 654. und Gervasius I. 989. Sämtlich führen sie an, daß Frauen unerlaubten Umgang mit diesen Geistern gepflogen hätten. Die Erklärung von Incubo durch Faunus, welche gleichfalls aus dem Augustin genommen ist, zeigt, wie wir Faunus in der Stelle bei Cassian verstehen müssen; vgl. incubo in der oben angeführten Stelle des Petronius.
3. Eine Stelle bei Dücange (v. aquaticus) aus dem cod. reg. 5600, welcher um das Jahr 800 geschrieben ist:
Sunt aliqui rustici homines, qui credunt aliquas mulieres, quod vulgum dicitur, strias esse debeant et ad infantes vel pecora nocere possint, vel dusiolus vel aquaticus vel geniscus esse debeat.
Die Dusii werden also auch als kleine Geister gedacht und es bestätigt sich durch den Gegensatz zu den andern angeführten, daß sie Wald- oder Hausgeister sind, denn unter aquaticus wird ohne Zweifel ein Nix, unter geniscus aber (von genius, Alp) ein eigentlicher Elfe oder Lichtgeist verstanden; beide Worte enthalten wörtliche Übersetzungen. (Hincmarus remensis, opp. Paris 1645. T. I. p. 654. nennt lamiae, sive geniciales feminae). Sie schaden den Kindern, indem sie Wechselbälge an ihre Stelle legen und daß sie das auch bei den Tieren tun, sagt die schottische Sage ausdrücklich.
4. Monachus Sangallens. (starb 885.) de Carolo M. (Bou-quet V. p. 116.).
Daemon, qui dicitur larva, cui curae est ludicris hominum illusionibus vacare, fecit consuetudinem ad cujusdam fabri ferrarii domum (in Francia quae dicitur antiqua) venire et per noctes malleis et incudibus ludere. Cumque pater ille familias signo salutiferae crucis se suaque munire conaretur, respondit pilosus: "mi compater, si non impedieris me in officina tua jocari, appone hie potiunculam tuam et quotidie plenam invenies illam. Turn miser ille plus penuriam metuens corporalem, quam aeternam animae perditionem, fecit juxta suasionem adversarii. Qui adsumpto praegrandi flascone cellarium bromii vel ditis illius (eines habsüchtigen Erzbischofs) irrumpens, rapina perpetrata, reliqua in pavimentum fluere permisit. Cumque jam tali modo plurimae cubae exinanitae fuissent, animadvertens episcopus quia daemonum fraude periissent, benedicta aqua cellam adspersit et invecto crucis signaculo tutavit. Nocte autem facta furis antiqui callidus satelles cum vasculo suo venit et cum vinaria vasa propter impressionem sanctae crucis non änderet attingere, nee tarnen ei liceret exire, in humana specie repertus et a custode domus alligatus, pro füre ad supplicium productus et ad palum caesus, inter caedendum hoc solum proclamavit: "vae mihi! vae mihi! quia potiunculam compatris mei perdidi!"
Deutlich wird hier der Hausgeist beschrieben und die ganze leicht tausendjährige Sage ist so sehr in dem Geist der noch heute umgehenden, daß man glauben könnte, sie sei daraus entnommen. Man nennt ihn larva, das heißt, Wicht, Schrat, wie die oben angeführten alten Glossen übersetzen; dann auch wie bei Isidor: Pilosus; er zeigt gleich den Wichtlein menschliche Gestalt. Er kommt nachts, und hat sein Spiel mit den Werkzeugen des Schmieds, so wie der Cluricaun klopft und man die Unterirdischen nächtlich hämmern hört. Er ist ihm dafür gewogen, macht ein Geschenk mit einer nie versiegenden Weinkanne, um nach Art des Kobolds für den Vorteil des Hauses zu sorgen. Er macht sich kein Gewissen daraus den Wein anderwärts zu stehlen, wie der irische Cluricaun nächtlich in die angefüllten Keller schlüpft, und um nach seiner Art Gerechtigkeit zu üben und den Geizigen zu bestrafen, läßt er den Wein aus den Fässern fließen.
5. Odericus Vidalis (geb. in England im Jahr 1075, lebte in der Normandie) hist. eccl. V. p. 556.
Deinde Taurinus fanum Dianae intravit Zabulonque coram populo visibilem adstare coegit, quo viso ethnica plebs valde timuit. Nam manifeste apparuit eis aethiops niger et fuligo, barbam habens prolixam et scintillas igneas ex ore mittens. Deinde angelus Dei splendidus ut sol advenit cunctisque cernentibus ligatis a dorso manibus daemonem adduxit. Daemon adhuc in eadem urbe degit et in variis frequenter formis apparens, neminem laedit. Hüne vulgus Gobelinum appellat et per merita S. Taurini ab humana laesione coercitum usque hoc affirmat.
6. Poenitentiale in einer Wiener Handschr. aus dem 12ten Jahrh. (Cod. univ. 633.); wahrscheinlich ist das Werk älter.
fol. 12. Fecisti pueriles arcus parvulos et puerorum sutula-ria et projecisti eos in cellarium sive in horreum ut satyri vel pilosi cum eis ibi jocarentur et tibi aliorum bona comportarent et inde ditior fieres.
Den Hauswichtlein werden, da sie klein sind, Kinderspielsachen, in den Keller oder die Scheune, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort, hingelegt: ein Bogen, um kleine Pfeile auf die Menschen abzuschießen und sie damit, wie sonst mit Steinchen zu necken, denn der gefährliche Elfenpfeil der schottischen Sage hat gewiß sein Gegenstück in einem unschädlichen. Ein paar Kinderschuhe, das sind die sutularia (bei Notker, Capella 16. 37. suftelâre, petasus, subtalare, was man unter den Fuß bindet, sie wurden nur bei Nacht und im Sommer getragen, s. Dü Cange), denn die Wichte lieben Kleidungsstücke über alles. Das tut der Hausherr, damit der listige Kobold andern heimlich etwas (meist Nahrungsmittel) stehle und es ihm bringe, denn wo er haust, da ist Zufluß von allen Dingen.
7. Radevicus (im 12ten Jahrh.) de gestis Frid. I. L. II. c. 13. bemerkt die Vorzeichen, ehe die Kirche zu Freisingen abbrannte, darunter:
Pilosi, quos Satyros vocant, in domibus plerumque auditi.
Man hört nämlich die Kobolde in den Häusern klopfen und pochen, als Warnung, wie die Wichte dem Bergmann den Tod anklopfen (Deutsche Sagen Nr. 47.) und die Hausgeister Unglück voraus verkündigen.
8. Hieran schließen sich die in den vorigen Abschnitten angeführten Stellen aus dem Gervasius Tilburensis, dessen Otia imperialia in das 1316 Jahrh. gehören, worin der Glaube von dem Brownie, Wechselbalg und Nachtmahr übereinstimmend mit den heutigen Sagen dargestellt wird.
9. Endlich führen wir ein Märchen von einem Hausgeist an, das in einem Heidelberger Codex (Nr. 341. f. 371. 372.) sich befindet und dessen mit der heutigen Sage völlig übereinstimmender Inhalt ebenso merkwürdig, als seine Darstellung artig ist. Die Handschrift gehört in das 1416 Jahrhundert, das Gedicht selbst aller Wahrscheinlichkeit nach ist älter und noch in dem 13ten Jahrhundert abgefaßt. Was die Quelle dieser Erzählung betrifft, so scheint am natürlichsten anzunehmen, daß ein Deutscher im Norden die Sage gehört, oder ein reisender Norwege sie in Deutschland erzählt habe.
Der König von Norwegen will dem König von Dänemark einen zahmen, weißen Bären zum Geschenk machen. Der Normann, der ihn dahin führt, kehrt unterwegs in einem Dorfe ein und bittet einen Dänen um Nachtherberge. Dieser schlägt es nicht ab, klagt aber dem Fremden, daß er seines Hauses und Hofes nicht Herr sei, weil ihn ein Geist darin quäle:
mit niht' ich daz ervarn kan
swaz creatiuren ez sî.
sìn hant ist swär' alsam ein blî:
wen ez erreichet mit dem slage -
ez slät in, daz er vellet nider.
sin gestalt unt sinin gelider
diu moht ich leider nie gesehen,
wan daz ich des vürwâr muoz jenen
unde sage ez iu ze wunder,
daz ich gevriesch nie kunder
sô stark noch sô gelenke:
tische, stuele unde benke
die sint im ringe alsam ein bal;
ez wirfet ûf unde ze tal
die schüzzeln unde die töpfe gar,
ez rumpelt stäte vür sich dar,
ovenbrete unt ovensteine,
körbe, kisten algemeine,
die wirfet ez hin unde her.
ez gêt ot allez daz entwer
waz ist in dem hove mîn.
Darauf habe er mit seinem Gesinde das Haus verlassen und sich lieber auf dem Feld eine Hütte gebaut. Der Normann will nur die Nacht über in dem Haus zubringen, kehrt in die Küche ein, brät sich bei angemachtem Feuer die Speise und ist guter Dinge; endlich legt er sich schlafen. Der Bär, der auch gefressen hat, und wegmüde ist, ruht neben dem Feuer aus:
dô nû der guote man gelac
unde slâfes nâch der muede pslac
unt ouch der muede ber entslief,
hoeret, wie ein schretel dort her lief,
daz was kûme drîer spannen lanc,
gein dem viure ez vaste spranc.
ez was gar eislich getàn,
unde hat ein rôtez keppel an.
daz ir die wàrheit wizzet,
ez hät ein vleisch gespizzet
an einen spiz îsenîn,
den truoc ez in der hende sin.
daz schretel ungehiure
sich sazte zuo dem viure
unde briet sîn vleisch durch lîpnar,
unz ez des bern wart gewar
ez dâhte in sìnem sinne:
waz tuot diz kunder hinne?
ez ist so griulîche getân!
unde sol ez bî dir hie bestân,
dû muost sin lîhte schaden nemen;
nein, blîbens darf ez niht gezemen.
ich hân die andern gar verjaget,
unde bin ouch noch niht sô verzaget,
ez muoz mir rûmen diz gemach.
nîtlich' ez ûf den bern sach,
ez sach ot dar unt allez dar,
zelest erwac ez sich sin gar
unde gap dem bern einen slac
mit dem spizze ûf den nac.
er rampf sich unde grein ez an,
daz schretel spranc von im hindan
unde briet sin vleischel vürbaz,
unz daz ez wart von smalze naz,
dem bern ez aber einez sluoc,
der ber im aber daz vertruoc,
ez briet sin vleisc vür sich dar
unz daz ez rehte wart gewar,
daz nû der brâte sûsete,
unt in der hitze brûsete,
den spiz ez mit dem brâten zôch
vaste ûf über daz houbet hôch,
daz boese tuster (oder custer?) ungeslaht
sluoc ûz aller sîner maht
den mueden bern über daz mûl.
nû was der ber doch niht sô vûl,
er vuor ûf unde lief ez an.
Nun geht es an ein Balgen und Kratzen zwischen dem Bären und Schretel, der Bär brüllt laut, daß sein Meister erwacht und vor Angst in einen Backofen kriecht
nû bîzâ bîz, nû limmâ lim!
nû kratzâ kraz, nû krimmâ krim!
sie bizzen unde lummen,
sie krazten unde krummen.
Der Kampf ist lange ungewiß, endlich überwindet der Bär und das Schretel verschwindet plötzlich. Der Bär, zerzaust und zerkratzt, legt sich auf dem Estrich nieder und rastet die kampfmüden Glieder. Morgens frühe kriecht der Normann ganz rußig aus dem Ofen, nimmt von dem Dänen Abschied, der sich verwundert, ihn noch lebendig zu erblicken und zieht mit dem Tiere seines Weges fort. Unterdessen rüstet der Däne seinen Pflug:
ze acker er damite gienc,
er mente sîn ohsen, hin treip er,
nû lief daz schretel dorther
unde trat ob im ûf einen stein,
mit bluote wâren sîniu bein
berunnen ûf unt ze tal,
sîn lîbel daz was überal
zekratzet unde zebizzen,
zezerret unde zerrizzen
was sîn kepel daz ez truoc.
ez rief eislîch' unt lûte genuoc
unde sprach dem bûmanne zuo,
ez rief wol drîstunt: "hörest dûz dû?
hörest dûz dû? hörest dûz iedoch?
lebet din grôze katze noch?"
er luoget ûf unde sach ez an, '
sus antwurt' im der bûman:
"jâ, jâ, mîn grôze katze,
dir ze trutze unt ze tratze
lebet sie, dû bösez wihtel, noch:
sam mir daz öhsel unde daz joch!
vümf jungen sie mir hînt gewan,
die sint schoene unde wolgetân
lancsîtic, wîz unde herlich,
der alten katzen alle gelîch."
"vümf jungen?" sprach daz schretelin.
"ja, sprach er, ûf die triuwe mîn,
louf hin unde schöuwe sie,
dû ne gesaehe sô schöner katzen nie,
besieh doch, ob ez wâr sî."
"pfî dich! sprach daz schretel, pfi!
sol ich sie schouwen, wê mir wart,
nein, nein, ich kom niht ûf die vart,
sint ir nû sehse worden,
sie begunden mich ermorden.
diu eine tat mir ê sô wê,
in dînen hof ich niemer mê
kom, die wîle ich hân mîn leben."
diu rede kam dem bûman eben,
daz schretel sâ vor im verswant,
der bûman kêrte heim zehant,
in sînen hof zôch er sich wider
unde was dâ mit gemache sider,
er unde sîn wîp unt siniu kint,
diu lebeten dâ mit vröuden sint.