Vor langer Zeit lebten in den Bergen viele Adler oder Donnervögel. Die waren aber schon alle verschwunden bis auf ein Paar, das auf dem Berggipfel der bei S. den Yukon überragt, hauste. Auf der runden Kuppe dieses Berges hatten die Adler eine Vertiefung ausgehöhlt, die ihnen als Nest diente; um den Rand herum war ein Felswall, von dem sie auf das große Dorf am Fluß sehen konnten.
Vom Rand dieses Felswalls erhoben sich die großen Vögel auf ihren breiten Schwingen, wie ein Wolke am Himmel, um manchmal aus vorüberziehenden Herden ein Renntier zu reißen und es ihren Jungen zu bringen. Dann wieder kreisten sie herum, mit donnerartigem Flügelschlag, ließen sich zu einem Fischer in seinem Kanoe auf dem Fluß herab und schleppten Mann und Boot zum Berggipfel. Dort fraßen die jungen Donnervögel den Mann und das Kanoe blieb zwischen Knochen und anderem Abfall am Nestrand liegen und ging zugrund.
Jeden Herbst flogen die jungen Vögel ins Nordland weg, während die alten zurückblieben. Dann kam wieder eine Zeit, wo viele Jäger von den Vögeln verschleppt wurden, sodaß sich nur die allerverwegensten auf den Fluß wagten. Eines Sommertags fuhr ein beherzter junger Mann hinaus, um nach seinen Fischfallen im Fluß zu sehen; bevor er aber wegging, sagte er seiner Frau, sie solle vorsichtig sein und das Haus der Vogelgefahr wegen ja nicht verlassen. Nachdem ihr Mann weggegangen war, bemerkte die junge Frau, daß ihr Wasserkübel leer war und nahm daher einen Eimer und ging nach dem Fluß um Wasser. Als sie zurückkehren wollte, erfüllte ein rollendes Geräusch, wie Donner, die Luft, einer der Vögel stieß herab und packte sie mit ihren Krallen. Als die Dorfleute sahen, wie sie zum Berggipfel geführt wurde, schrien sie vor Schmerz und Verzweiflung auf.
Als der Jäger nach Hause kam, beeilten sich die Leute, ihm von seines Weibes Tod zu erzählen, er sagte aber nichts. Er ging in sein leeres Haus, nahm seinen Bogen und einen Köcher voll Kriegspfeile und brach, nachdem er sie sorgfältig geprüft hatte, nach dem Adlerberg auf. Seine Freunde hielten ihm vor, daß ihn die Vögel sicherlich umbringen würden, aber vergebens. Er wollte sich davon nicht überzeugen lassen, sondern eilte weiter. Mit festen Schritten erklomm er den Rand des großen Nestes und sah hinein. Die Alten waren weg, aber die Jungen empfingen ihn mit gellenden Schreien und fürchterlich funkelnden Augen. Des Jägers Herz war voll Zorn, er spannte rasch seinen Bogen und schoß einen Pfeil nach dem anderen ab, bis der letzte der verhaßten Vögel tot im Nest lag.
Noch immer voll Rachedurst verbarg sich der Jäger hinter einem großen Felsen in der Nähe des Nestes und wartete auf die alten Vögel. Diese kamen. Als sie ihre Jungen tot und blutig im Nest liegen sahen, erhoben sie solche Racheschreie, daß der ganze Sund von der anderen Seite des großen Flusses her widerhallte, während sie sich erhoben, um nach dem Mörder ihrer Jungen auszusehen. Bald erblickten sie den jungen Jäger hinter dem großen Stein und der Muttervogel stieß auf ihn herab und seine Schwingen rauschten dabei, wie ein Sturm im Tannenwald. Der Jäger legte rasch einen Pfeil auf seine Sehne und als der Adler herunterkam, jagte er ihn ihm tief in die Kehle. Mit einem rauhen Schrei wandte er sich um und flog weit über die Hügel nach Norden weg.
Jetzt kreiste der Vogelvater über ihm und kam schreiend auf den Jäger herunter, der sich im richtigen Augenblick hinter den Stein drückte, sodaß des Adlers scharfe Klauen nur den harten Fels faßten. Als der Vogel sich erhob, um wieder herabzustoßen, sprang der Jäger aus seinem Schlupfwinkel und jagte ihm mit aller Kraft zwei schwere Pfeile tief unter seine Schwingen. Wie eine Wolke über den Himmel flog der Donnervogel, seine Flügel weit ausbreitend und Racheschreie ausstoßend, weit ins Nordland und ward nie mehr gesehen.