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欧也妮葛朗台-Eugénie Grandet 127

时间:2018-09-14来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: 欧也妮葛朗台
Mit dreißig Jahren kannte Eugénie noch nicht eine der Glückseligkeiten des Lebens. Ihre bleiche, traurige Jugend hatte sich im Schatten einer Mutter abgespielt, deren verkanntes, zertretenes Herz nur von Leid wußte. Diese Mutter schied mit Freuden aus dem Leben und beklagte nur die Tochter, weil sie noch leben müsse, und pflanzte in ihre Seele viel Reue und ewiges Wehklagen.
 
Eugénies erste, einzige Liebe war für sie Trauer und Schwermut geworden. Als sie ihren Geliebten kaum flüchtig kannte, hatte sie ihm zwischen zwei heimlichen Küssen ihr Herz geschenkt. Dann war er abgereist und hatte eine ganze Welt trennend zwischen sie gelegt. Diese Liebe, die ihr Vater verwünscht und die ihrer Mutter und ihr fast das Leben gekostet hatte, brachte ihr nur tiefe Schmerzen, vermischt mit spärlichen Hoffnungsstrahlen. So hatte sie also bislang dem Glück entgegengestrebt und ihre Kräfte aufgezehrt für nichts und immer wieder nichts.
 
Auch im geistigen Leben gibt es wie im körperlichen ein Ein- und Ausatmen. Die Seele hat das Bedürfnis, die Empfindungen einer andern Seele in sich aufzunehmen, einzusaugen, für sich zu verarbeiten und – nun reicher geworden – zurückzuerstatten. Das Herz lebt nicht, solange es dies schöne Wunder noch nicht kennt, es fehlt ihm die Luft, es leidet und siecht dahin. Eugénie begann zu leiden. Für sie hatte das Geld weder Macht noch Tröstung; sie konnte nur in der Liebe leben, im Glauben, in der Hingabe an eine frohe Zukunft. Die Ewigkeit – das war für sie die Liebe. Ihr Herz und das Evangelium verhießen ihr zwei Welten. Tag und Nacht stürzte sie sich in das dunkle Wirrsal zweier unendlicher Gedanken, die wohl für sie in eins verschmolzen. Sie zog sich in sich selbst zurück, liebte und glaubte sich geliebt. Seit sieben Jahren hatte diese Leidenschaft an Macht gewonnen und alles andere erstickt. Eugénies Schätze! Das waren nicht die Millionen, deren Einkünfte sich immer mehr vergrößerten, das war das kleine Köfferchen, das Charles ihr anvertraut hatte; das waren die beiden Porträts, die über ihrem Bett hingen; das waren die ihrem Vater abgekauften Schmucksachen, die in ihrer Kommode sorgsam auf Watte ausgebreitet lagen; das war der Fingerhut ihrer Tante, den auch ihre Mutter benutzt hatte und den sie alle Tage fromm zur Hand nahm, um an einer Stickerei zu arbeiten, einer Penelopearbeit, die nur unternommen wurde, um dieses kostbare, erinnerungsreiche Gold am Finger zu haben.
 
Es schien nicht wahrscheinlich, daß Mademoiselle Grandet sich noch während der Trauerzeit verheiraten würde. Ihre aufrichtige Frömmigkeit war zu bekannt. So begnügte sich auch die Familie Cruchot, deren Vorgehen der alte Abbé stets weise leitete, die Erbin durch hingebende Anhänglichkeit zu umgarnen. Jeden Abend füllte sich der graue Saal mit den treuesten und ergebensten Cruchotanern der ganzen Gegend, die einander überboten, in allen Tonarten das Lob der Hausfrau zu singen. Man stellte ihr einen Hausarzt, einen Kaplan, einen Kammerherrn, eine Oberhofmeisterin, einen Premierminister und vor allem einen Kanzler – einen Kanzler, der sie in allem bevormunden wollte. Hätte die Erbin noch einen Schleppenträger gewünscht, man hätte ihr auch den aufgetrieben. Sie war eine Königin, und selten wohl wurde eine Königin so eifrig angebetet. 
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