Es war Naßwetter, da ein alter Bettler platschend nach Uannet kam, um in Gottes Namen um eine Kleinigkeit zu bitten. Er kam auch zu Ibs hinein. Sie ließen ihn neben der Küchentür sitzen, »er würde etwas zu beißen bekommen« und etwas in den Sack.
Da er es bekommen hatte, fing er an zu klagen: es wäre so spät und so kalt für ihn, den Abend noch weiterzukommen, und bat die Leute um Nachtherberge.
Die sagten Ja dazu und verwiesen ihn an den Ofen, da war es warm, vom Backen her.
Der Bettler kroch hinein, und da lag er.
Es ging gegen Abend. Sie hatten ihre süße Grütze gegessen und was sie sonst hinterher bekamen, und die Gäule hatten ihre letzte Ration bekommen und die Saaltür war abgesperrt und sie hatten einen Weihnachtspsalm gesungen, wie sie immer taten, und machten sich bereit, zur Ruhe zu kommen.
Aber hört nun, was der Bettler nun machte: er kroch aus dem Ofen und hob die Stange von der Außentür und nahm den Haken ab, und kaum hatte er das getan, so kamen noch fünf gesiebte Kerle. Und die in die Stube und der Bettler mit ihnen; und nun konnte er ebenso fest auftreten wie sie.
Und nun muß ich sagen, das waren die Räuber, die der Aunsbjerger wollte, daß Sejer sie finden und binden sollte; und der Bettler, das war der Vater von den andern fünf.
Es sah schlimm aus für die armen Leute bei Ibs. Der Mann und seine alte Mutter und seine Tochter, sie wurden so vertattert; denn sie dachten, ihr Leben wäre nun aus; kaum konnten sie sich fassen, darum zu flehen.
Der größte und älteste von den jungen Räubern – und das war gerade er, der Kohlenbrenner – er führte das Wort und sagte: »Tischt erst mal auf, was ihr habt! Dann können wir nachher über das andre sprechen.« Ma-Ibs griff nach der Türklinke; aber der Räuber sagte: »Bleib du nur hier, und laß die Alte da etwas für uns besorgen! Denn sonst könnte es dir leicht einfallen, wegzulaufen. Und wir möchten doch gleich etwas von dir haben und uns belustigen, wenn wir gegessen und getrunken haben.«
Das Mädchen sank auf einem Stuhl nieder und war nicht weit davon, vor Entsetzen ohnmächtig zu werden. Ib saß auf dem Bett und legte seine Hände ineinander und bat zum Herrgott, der Macht hat zu befreien, wen er will. Die alte Frau setzte alles auf den Tisch, was sie an Speise und Trank hatten; und es war eigentlich merkwürdig, daß sie es konnte.
Aber nun hört nur weiter. Ib hatte einen Hütejungen, er lag in einem Klappbett hinter dem Ofen und hörte das alles hier. Da nimmt er ganz still ein Paar Strümpfe und ein Paar Hosen an, und hinaus mit der alten Frau, als sie einmal das Licht anzünden ging, das einer der Räuber aus Versehen gelöscht hatte. Und er hinüber auf den andern Hof und zu Sejer hinein und erzählt ihm, wie es bei ihnen zu Haus stand.
Sejer überlegte nicht lange: »Nimm das mausohrige Pferd von unsern«, sagt er, »und gleich los nach Aunsbjerg und sage ihnen, wie es hier steht und daß sie schnell hier herunterkommen; dann können sie vielleicht noch alle Räuber fangen, ehe sie wieder fort sind.«
Der Junge hinaus und aufs Pferd und davon.
Sejer nahm einen Schwengel in die Hand und eilte hinüber zu Ibs. Da saßen alle die sechs Strolche auf der einen Bank mit dem Rücken gegen die Fenster.
»Was bist du für ein Kerl«, riefen sie ihm zu, »du willst wohl deinen Wanst eingerissen haben!«
Damit erhoben sie sich und wollten ihn fassen. Aber er kam ihnen zuvor und faßte die Platte und wälzte den Eichentisch auf sie und klemmt sie mit dem Rand gegen die Wand.
»Nun will ich mal sehen, ob ich eure Wänste klemmen kann«, sagte er, und während er sie mit der einen Hand festhielt, schwang er den Schwengel und drohte, er würde jedem den Arm brechen, der sich rührte.
Der Älteste versuchte doch, den Tisch wieder zurückzuschieben; aber er bekam gleich so eins über den Arm, daß er nur noch an ihm hing. Nun saßen sie alle still wie die Mäuse und baten Sejer nur, er möchte doch nicht so fest klemmen.
Ib hatte nun auch wieder Mut gefaßt und eine Zimmeraxt ergriffen, mit der er sich an Sejers eine Seite stellt; und seine Liebste stand an der andern mit der Feuerzange.
So standen nun die Sachen, und es war auf keiner Seite angenehm. Die Räuber wurden von Furcht über das Ende dieser Klammer gepeinigt, da sie nicht ausfinden konnten, was Sejer vorhatte, oder wie bald das entschieden werden sollte – das machte die Pein nur noch ärger. Ib und seine Tochter schwebten in derselben Ungewißheit; denn Sejer konnte ja nicht ausposaunen, was oder wen er erwartete. Und glaubt mir, das war ein langes Warten für ihn; wenn die vom Gut zu lange warteten oder gar nicht kamen – der Junge konnte ja unterwegs gestürzt sein – was dann?
Endlich kam der Aunsbjerger mit sieben, acht Knechten, und er war nicht der letzte, als die Tür aufging. Aber da saßen sie: Still war es in der Stube, und trotzdem draußen Mondschein war, konnten sie drinnen nichts deutlich sehen; denn das Licht war ja mit dem Tisch zusammen umgeworfen.
Da rief Sejer: »Wo haben wir die Lichttorfstücke? Steckt ein paar davon am Schornsteinfeuer an!«
»Da liegen welche auf dem Herd,« rief die alte Frau.
Man zündete sie an und es wurde hell.
»Könnt ihr sehen, Herr? Nun habe ich sie gefunden und gebunden – sozusagen. Wollt ihr sie besser verschnürt haben, da hängt das Zaumseil in der Ecke, wie ich sehe.«
Das nahmen sie und zerteilten es in ebenso viele Stücke wie Räuber da waren. Und dann zogen sie hinter der Tischplatte hervor, einen nach dem andern, und banden ihnen die Hände auf dem Rücken und schnürten ihnen auch die Beine zusammen und warfen sie in eine Reihe auf den Boden. –
Nun begann der Gutsbesitzer sie zu fragen: woher sie waren, wo sie ihre Grube hatten, ob sie mehr waren, und dergleichen mehr. Aber er konnte auch nicht ein halbes Wort aus ihnen herausbringen. Da drohte er ihnen mit grausamen Foltern. –
Da sagte der alte Räuber – nicht zu ihm, sondern zu seinen Söhnen: »Laßt ihn nur machen, was er will! Denn jetzt hat er die Macht. Aber ebenso wie er gegen uns ist, so soll es ihm und den Seinen ergehen; die drei daheim auf dem Berg werden ihn nicht vergessen und nicht die guten Leute in Uannet. Und jetzt haltet ihr den Mund, bis das Halsband ihn aufmacht!«
Mit dieser Drohung hatten sie nichts gewonnen; denn als die Feiertage vorüber waren, ließ Jörgen Marsviin sie auf die Folter legen, erst den alten und dann die jungen. Sie hielten alle die Presse aus, nur nicht der jüngste. Er bekannte alle ihre Untaten, und auch, wo die Höhle war.
Denselben Tag wurde diese nun aufgesucht, und da ergriffen sie das Räuberweib und die beiden Söhne, die auch gehenkt wurden, zusammen mit den andern sechs. In der Höhle fand man einen großen Haufen Silber und Gold, und darunter einen Ring; er wurde als dem Herrn gehörig erkannt, dessen lügenhafte Aussagen Ma-Ibs so großen Nachteil gebracht hatten.
Nun bekam sie ihren Lohn; der Herr richtete selbst ihre und Sejers Hochzeit aus und tat ihnen alles, was er vorher gelobt hatte, und gab ihnen nicht wenig von den guten Dingen, die in der Räuberbehausung gefunden worden waren. –
Stark-Sejer (wie seitdem sein Spitzname war) lebte mit seiner Frau viele, viele Jahre. Und alle ihre Kinder und ihre wiederum behielten den Spitznamen. Aber nun ist der wohl ausgestorben, ebenso wie der adlige Name und das Geschlecht des starken Herren.
Aber der Heiligabend, von dem ich hier erzählt habe, endete doch froh, sowohl auf Aunsbjerg, als noch mehr in Uannet.