Eher wird das Fluchen in der Hölle verboten, als das Rauchen in einem irischen Pub - das meinten alle, bis der irische Gesundheitsminister die Probe aufs Exempel machte. Autor: Johannes Roßteuscher
Diese Geschichte beginnt im 16. Jahrhundert - und sie endet in der Hölle. In einer Hölle, in der nicht einmal mehr geflucht werden darf.
Drastische Maßnahmen
Es war wohl im Jahr 1590, als Papst Urban der Siebte das erste bekannte Rauchverbot der Geschichte aussprach. In Kirchen sollte fortan nicht mehr geraucht werden dürfen, befand der Papst und stellte für Sünder mindestens die Exkommunikation in Aussicht. Sein Nachfolger, Urban der Achte, hielt das ganze schriftlich fest und erhöhte das Strafmaß. 50 Jahre später wagten es dennoch fünf Mönche, das Verbot zu brechen und sie bekamen, was sie verdienten: sie wurden eingemauert.
Nochmal mehr als 300 Jahre später aber, passiert etwas noch viel drastischeres. In Irland. An allen Arbeitsplätzen der grünen Insel, also auch in allen Restaurants, Clubs und Pubs - wird das Rauchen verboten.
Und wieder steckt ein Katholik dahinter: Michéal Martin, der katholische Gesundheitsminister, setzt etwas durch, was eigentlich alle für ausgeschlossen halten. Eher wird das Lobpreisen im Himmel verboten oder das Fluchen in der Hölle, als das Rauchen im Pub, hatten die Iren prophezeit.
Aber wenn ein Katholik päpstlicher sein will als ein Papst und auch noch protestantischer als ein Protestant - ja dann schafft er es sogar, das Fluchen in der Hölle zu verbieten. Und auf dem Weg dorthin auch noch das Rauchen im Pub.
Dabei argumentierte der katholische Gesundheitspolitiker ganz platt mit der Gesundheit. Irland hatte damals, zumindest nach Martins Aussage, die höchste Rate an Herzerkrankungen in Europa. 150 Menschen im Jahr wollte Martin alleine durch ein Rauchverbot am Arbeitsplatz das Leben retten.
Einsamkeit gefährdet die Gesundheit
Die irische Raucher-Lobby sah das minimal anders: Im Falle eines Rauchverbots, so der Raucherverband, würden mehr Iren an Vereinsamung sterben als vorher an der Zigarette, weil sie nicht mehr ins Pub gehen würde.
Aber vielleicht hatten die Raucherlobby und all die Wirte, die im Falle eines Rauchverbots den Untergang von Welt, Himmel und Hölle, also von ALLEM prophezeiten, auch den Bogen überspannt. Jedenfalls hatte Martin offenkundig die Mehrheit hinter sich, denn laut Umfragen wollten zwei Drittel der Iren damals das Rauchverbot. Warum das so deutlich war, weiß niemand. Wie auch immer: Am 29. März 2004, trat in Irland das Rauchverbot in Kraft. Das erste weltweit, das ein Staat verordnet hatte.
Und es funktionierte. Was Martin möglicherweise mehr überraschte als alle anderen. "Wir erwarteten einen Massen-Ungehorsam" sagte Martin. Ein Fernsehreporter machte am ersten Tag den Undercovertest in einem Pub im Hafenviertel von Dublin und zündete sich vor dem Tresen eine Zigarette an. Der Barmann blieb cool - und setzte Maßstäbe. "Sorry, das geht heute nicht. Es ist der erste Tag des Rauchverbots". Es war die Nacht auf den 29. März 2004.
Der Rest ist – zumindest aus Sicht des Gesundheitsministers – eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. 7000 Iren hörten im ersten Jahr mit dem Rauchen auf, in 66 Ländern der Welt gibt es mittlerweile Rauchverbote, und in Irland hat das Rauchverbot nach mehreren Studien bereits mindestens 4000 Menschen das Leben gerettet. Mehr als Martin prophezeit hatte. Noch krasser: Der Präsident der irischen Wirtevereinigung sagt heute: Wir wollen die Raucher nicht im Pub zurück haben."