Was macht man als jüngerer Bruder eines Thronfolgers? Prinz Heinrich von Preußen, spielte Polo; aber meist hatte er Technik im Kopf - und Autos. Autorin: Christiane Neukirch
Jüngere Geschwister haben es oft schwer. Vor allem wenn der ältere Bruder Kaiser wird und man selbst das Nachsehen hat. Als Prinz Heinrich von Preußen am 14. August 1862 auf die Welt kam, war er der Drittgeborene im Neuen Palais zu Potsdam, nach Wilhelm und Charlotte. Seine Familie stellte Staatsoberhäupter in diversen Ländern Europas. Seine Großmutter Victoria war Königin von England.
Hässlich, aber nicht dumm
"Ich bin sicher, du wirst dieses arme Kind mögen", schreibt Heinrichs Mutter an Victoria; "er kann nichts dafür, dass er so hässlich ist; und er ist wirklich nicht dumm und kann sehr amüsant sein." Zurückgeblieben, faul, langweilig und träge sind weitere Adjektive, die sie für ihren Sohn übrig hat.
Großmama Victoria lässt sich durch die wenig schmeichelhaften Urteile nicht davon abhalten, ihren Enkel bedingungslos zu lieben und ihm dort Wege zu bahnen, wo ihm die Eltern Steine in den Weg legen. Sie erkennt Heinrichs besondere Talente.
Da ist einmal seine Leidenschaft für die See. Da diese in Potsdam nicht direkt zugänglich ist, hat man dem Teenager im Schlosspark einen voll getakelten Schiffsmast hingestellt. Darauf übt der Prinz unter Aufsicht eines Seemanns die Handhabe eines Segelschiffs. Nicht umsonst: der Grundstein für seine Karriere ist damit gelegt. Er wird Großadmiral der deutschen Marine und - befördert von Queen Victoria - obendrein Vizeadmiral der britischen Flotte.
Ein frischer Wischer
Eine weitere Leidenschaft Heinrichs gilt der Technik. Das Automobil ist das angesagte Vehikel des anbrechenden 20. Jahrhunderts. Heinrich besitzt eines und steuert es eigenhändig durch die Welt. Dass er bei Regen mangels Sicht nicht fahren kann, wurmt ihn. Als einfallsreicher Pragmatiker schafft er selbst Abhilfe. Er erfindet einen Scheibenwischer, der sich per Hand vom Fahrersitz aus bedienen lässt. Es ist nicht der erste Wischer der Weltgeschichte: den hat fünf Jahre zuvor eine Engländerin erfunden. Aber offenbar hat es diese Erfindung noch nicht bis Deutschland geschafft. So meldet Prinz Heinrich am 24. März 1908 das erste deutsche Patent für die Vorrichtung an. Ein großer Erfolg ist der Wischer nicht. Ob das an der Technik liegt oder am allzu guten Wetter, ist nicht überliefert. Tatsache ist, dass England, das Land des beständigen Wetterwechsels, weiterhin die führenden Entwickler der Wischertechnik stellt.
Heinrich ist sowieso längst schon wieder einen Schritt weiter, macht anno 1910 den Pilotenschein, setzt sich dafür ein, dass Deutschlands Luftfahrt in Schwung kommt und in Sachen Flugzeugtechnik immer auf dem neusten Stand ist.