Voltaire fand sie göttlich, die ideale Geliebte! Später hatte er sie nur noch als Freundin gern. Ob so oder anders - Émilie du Châtelet brauchte keinen großen Intellektuellen an ihrer Seite. Die ungewöhnliche Frau machte sich selbst einen Namen in Philosophie und Mathematik.
Als am 17. Dezember 1706 in Paris die kleine Gabrielle Émilie Le Tonnelier de Breteuil das Licht der Welt erblickte, schien ihr Schicksal vorgezeichnet. Sie würde einen standesgemäßen Ehemann haben, viele Kinder, vielleicht ein paar verschwiegene Affären - und sich im Großen und Ganzen schrecklich langweilen. Wie so viele Frauen ihrer Zeit. Doch Émilie, wie der Rufname des Mädchens lautete, wollte in ihrem Leben nichts Geringeres als glücklich sein.
Das verbotene Glück
Mit 16 Jahren wurde sie am Hof von Versailles in die Gesellschaft eingeführt - und war überwältigt. All die goldenen Spiegel, in denen sich das flackernde Licht der Kristalllüster brach und die seidenen Roben der Hofdamen … Zeit ihres Lebens sollte sich Émilie für schöne Kleider und kostbaren Schmuck begeistern.
Doch wirklich "glücklich" machten diese Dinge Émilie nicht. Genauso wenig wie die standesgemäß arrangierte Ehe mit dem Marquis du Châtelet, die drei Kinder, die sie ihm pflichtgemäß gebar, oder ihre erotischen Affären. Was Émilie wirklich im Innersten zum Glühen brachte waren weder Colliers noch Kavaliere - sondern die Wissenschaft. Schon als kleines Mädchen hatte sie sich für die Welt der Bücher begeistert und, vom modern eingestellten Vater ein wenig gefördert, vieles gelernt, was Mädchen gar nicht wissen sollten. Émilies Glück speiste sich aus Philosophie, geometrischen Figuren und algebraischen Formeln. Das waren genau jene Themen, über die Pariser Geistesgrößen leidenschaftlich im Café Gradot zu diskutieren pflegten. Doch Frauen hatten in Kaffeehäusern keinen Zutritt. Émilie, die verheiratete Marquise du Châtelet, betrat kurzentschlossen in Männerkleidung das Gradot - und wurde zum Stammgast.
Die"göttliche Émilie"
So viel Schneid musste auch Voltaire imponieren. Für Voltaire, den Schriftsteller und Regierungskritiker, wurde Émilie du Châtelet zu seiner "göttlichen Émilie". Sie versteckte ihn, als er mal wieder wegen Majestätsbeleidigung per Haftbefehl gesucht wurde, pflegte ihn mütterlich, wenn er unter einer seiner eingebildeten Krankheiten litt und verblüffte ihn mit ihrem scharfen Verstand. Für Émilie wiederum, war Voltaire der Seelenverwandte, den sie gesucht hatte.
Auf Schloss Cirey, dem Besitztum von Émilies Ehemann, verbrachte sie mit Voltaire die schönsten Jahre ihres Lebens. Émilie lernte Englisch, las die Theorien Newtons, studierte Leibnitz und brachte mit scharfer Feder eigene Schriften und Übersetzungen zu Papier. Émilie hatte ihr Glück in Voltaire und in der Wissenschaft gefunden und es war ihr egal, dass konservative Kritiker darüber unglücklich waren. In ihrer "Rede vom Glück"schrieb sie, dass die Leidenschaft nach Wissen zu streben, gerade für Frauen, eine der größten Quellen der Freude sei. Im Jahr 1746 wurde Émilie du Châtelet, als Anerkennung für ihre forscherische Leistung, in die Akademie der Wissenschaften zu Bologna gewählt.