Evolutionslehre nein danke! Am 13. März 1925 wurde im US-Bundesstaat Tennessee der "Butler Act" verabschiedet. Danach war es strafbar, in der Schule Darwins Evolutionslehre zu unterrichten.
Die Menschheit zerfällt in zwei Teile: Der eine sammelt neue Erkenntnisse, der andere fühlt sich dadurch beleidigt. Besonders brisant in diesem Zusammenhang sind Erkenntnisse, die das Selbstbild infrage stellen, das der Mensch von sich hat. Etwa jenes, das in der Bibel steht: Gott schuf den Menschen als Ebenbild seiner selbst, als Krone der Schöpfung, als Herr über alle anderen Lebewesen. Wer so ein Bild im Kopf hat, der hört es nicht unbedingt gern, wenn jemand plötzlich ein ganz anderes Bild heraufbeschwört: der Mensch im gemeinsamen Stammbaum mit den Tieren, ein Ebenbild seiner nächsten Verwandten, der Affen. Ein Produkt der Evolution, Ergebnis einer Kette von Entwicklungen aus niederen Lebensformen.
Ein bisschen Geld in die Kasse
Als Charles Darwin Mitte des 19. Jahrhunderts seine Erkenntnis von der Evolution vorstellte, hatte er nicht im Sinn, den Menschen zu beleidigen.
Sie macht bei näherem Hinsehen dessen Existenz auch kein bisschen weniger bewundernswert - ist es doch mindestens ebenso erstaunlich, dass er auf diesem Wege entstehen konnte. Aber Darwins Lehre hatte von Anfang an Feinde. Selbst als sie sich längst an den Schulen der Welt durchgesetzt hatte, meldeten sich die Gegner weiter zu Wort; allen voran evangelikale Christen in den USA. Prediger reisten durchs Land, um Darwins Jüngern den Krieg zu erklären.
Am 13. März 1925 wurde im Bundesstaat Tennessee ein Gesetz verabschiedet, der "Butler Act". Danach war es strafbar, in der Schule die Evolutionslehre zu unterrichten. Bis zu 500 Dollar kostete die Übertretung; für einen Lehrer damals sehr viel Geld. Sofort rief die Gegenseite eine Organisation ins Leben, die Lehrer zum Widerstand aufrief, um das neue Gesetz vor Gericht auf die Probe zu stellen. Das brachte die Bewohner der Kleinstadt Dayton auf eine Idee:
Ein Gerichtsprozess würde Menschen in die Stadt locken und dem wirtschaftsschwachen Ort zu Aufschwung verhelfen.
Der "Affenprozess"
Ein junger Biologielehrer war gerade beim Tennisspielen, als eine Gruppe von Geschäftsleuten auf ihn zukam und ihn überredete, im Dienste der Sache das Gesetz zu übertreten und sich dabei erwischen zu lassen. Ein Anwalt werde ihm gestellt, die Gerichtskosten würden übernommen. Die Rechnung der Daytoner ging auf: Der Prozess brachte 5.000 Leute in den 1.200-Seelen-Ort. Der so genannte "Affenprozess" wurde einer der spektakulärsten Prozesse der amerikanischen Geschichte. Die Anwälte lieferten sich ein heißes Gefecht.
Das Gesetz siegte.
Es zu kippen gelang erst gut 40 Jahre später einem anderen Lehrer. Er verwies auf die Redefreiheit, die ihm laut Verfassung zustehe und durch das Gesetz behindert werde.
Die Debatte ist damit nicht vorbei - im Gegenteil. Sie ist neu entflammt, unter neuem Namen. "Intelligent Design" heißt jetzt, was bisher "Schöpfung" hieß.
Laut Umfragen glaubt die Mehrheit der Amerikaner heute daran, dass die Evolution nicht stattgefunden hat. In Tennessee wurde 2012 wieder ein Gesetzentwurf vorgelegt und verabschiedet: Die Anhänger der Schöpfungstheorie erwirkten, die darwinsche Lehre im Unterricht anzweifeln zu dürfen - mit demselben Argument, das zuvor den "Butler Act" gekippt hatte: der Rede- und Meinungsfreiheit.