Alkohol gilt als gesellschaftlich anerkanntes Genussmittel. Er bringt den Körper aber gehörig durcheinander. Wer mal einige Zeit abstinent lebt, merkt, dass sich manches zum Positiven wendet.
Egal, ob man abends gemütlich auf dem Sofa sitzt, auf einer Party oder beim Abendessen in einem Restaurant ist: Bei sehr vielen Menschen in Deutschland gehört das Bier, der Wein oder die eine oder andere Spirituose wie selbstverständlich dazu. Alkohol wird als Genussmittel betrachtet, nicht als ein Getränk, das auch abhängig machen kann. Dabei ist er, vor allem wenn er regelmäßig, chronisch, konsumiert wird, Gift für den Körper und die Zellen. Das klitzekleine Molekül, das in der Biochemie als Ethanol bezeichnet wird, ist leicht löslich, dringt ungehindert in die Zellen ein und bringt den Stoffwechsel meist gehörig durcheinander. Menschen, die hin und wieder, aber regelmäßig trinken, merken, dass sich das körperliche Wohlbefinden verbessert, wenn sie mal einige Wochen abstinent leben. Das ist kein Wunder, meint Helmut Karl Seitz vom Zentrum für Alkoholforschung (CAR) in Heidelberg:
„Wenn Sie Alkohol weglassen, dann werden ein paar Funktionen relativ schnell geregelt. Da gehören Dinge dazu wie zum Beispiel ein besserer Schlafrhythmus. Sie schlafen besser durch, weil Alkohol Katecholamine aktiviert. Und dadurch kommt man nicht richtig zur Ruhe. Was auch passiert ist bei Leuten, die jetzt zum Beispiel einen sogenannten Borderline haben: Alkohol erhöht diesen Druck. Und wenn sie Alkohol weglassen, dann ist das ganz klar, dann wird der Druck wieder normaler.“
Botenstoffe, die zur chemischen Gruppe der Katecholamine gehören, wirken wie eine Art Aufputschmittel. Zu ihnen gehören beispielsweise das Dopamin und das Adrenalin. Sie aktivieren den Kreislauf, sorgen dafür, dass man nachts unruhig schläft, erhöhen aber auch den Blutdruck. Das merken vor allem diejenigen, die einen leicht erhöhten Blutdruck haben, eine Borderline-Hypertonie. Sie leiden unter Schwindel und Kopfschmerzen. Verzichtet man einige Zeit auf Alkohol, normalisiert sich der körperliche Zustand wieder. Auch eines der wichtigsten menschlichen Organe, die Leber, arbeitet wieder besser, sagt Helmut Karl Seitz:
„Innerhalb von einer Woche haben sie praktisch schon viel Fett aus ihrer Leber wieder herausbekommen. Alkohol ist ja bekannt [dafür], dass Alkohol als erster Schritt die Leber verfettet. Das ist ja zunächst mal nichts Schlimmes. Viele Leute bleiben bei dieser Verfettung der Leber stehen und gehen nicht in eine fortgeschrittene Lebererkrankung über – zum Beispiel das, was wir eine Leberverhärtung nennen oder lateinisch eine ‚Leberzirrhose‘ –, dann arbeitet sie nicht mehr so gut.“
Die Leber hat im menschlichen Körper viele wichtige Aufgaben: Sie sorgt unter anderem für den Abbau aller über den Darm transportierten Giftstoffe, wozu auch Alkohol gehört. Sie produziert einen Eiweißstoff, das Albumin, das unter anderem die Flüssigkeitsverteilung im Körper regelt, und Gallensäure, die beispielsweise dabei hilft, sehr fettes Essen zu verdauen. Wenn jemand zu viel Alkohol trinkt, werden Leberzellen zerstört oder verändert; die Leber wird daran gehindert, Fett abzubauen. Es lagert sich dann in dem Organ ein. Wer dann regelmäßig, selbst geringe Mengen Alkohol trinkt, und sich vielleicht auch noch ungesund ernährt, trägt zu einer Verfettung der Leber bei, weil sie keine Gelegenheit hat, sich zu regenerieren. Der Verzicht auf Alkohol ist für die Leber also wie eine Art Wellnessurlaub – wie für das allgemeine Wohlbefinden insgesamt. Man fühlt sich wacher, fitter, leistungsfähiger. Dabei, so Helmut Karl Seitz, trinkt mancher auch, um gerade diesen Effekt zu haben, vor allem nach einem arbeitsreichen Tag:
„Wenn Sie jetzt ausgepowert sind, gibt’s mal zwei Möglichkeiten: Manche Leute trinken dann abends Alkohol, um etwas runterzukommen, was nicht so empfehlenswert ist – und andere machen ein bisschen Sport, wo [womit] sie auch runterkommen, was viel empfehlenswerter ist. Und wenn Sie Alkohol trinken, können Sie nicht mehr so gut Sport treiben.“
Mancher, der abends erschöpft, ausgepowert, heimkommt, trinkt eine Flasche Bier oder das eine oder andere Glas Wein, um sich zu entspannen, um runterzukommen. Alkohol wirkt auch beruhigend, weil er stimulierende Botenstoffe im Gehirn ausschaltet und in wenigen Minuten dafür sorgt, dass unser Denken ‚ausgeschaltet‘ wird. Auch die Atem- und Herzfrequenz sinkt. Wer dann aber noch Sport treiben möchte, sollte das besser bleiben lassen. Nicht nur, weil Alkohol dem Körper Wasser entzieht, ihn dehydriert, sondern auch, weil die Regeneration der Muskeltätigkeit gestört wird. Denn der Körper ist erst einmal damit beschäftigt, den ‚Giftstoff Alkohol‘ abzubauen.
Doch warum ist die eine Person schon nach wenigen Gläsern Bier oder Wein beschwipst, eine andere aber nicht? Der Mediziner hat die Erklärung parat:
„Wenn Sie chronisch auch nicht große Mengen trinken, bauen sie Alkohol schneller ab. Und damit sind Sie Alkohol schneller los. Wenn Sie im Straßenverkehr 1,5 Promille haben, dann kann jemand, der das nicht gewohnt ist, gar nicht Auto fahren. Aber jemand, der chronisch an Alkohol gewöhnt ist, der kann das. Der fährt dann mehr schlecht als recht, aber er fährt.“
In Deutschland gilt eine gesetzlich festgelegte Obergrenze von 0,5 Promille, also der im Blut gemessene Alkoholwert, für all diejenigen, die mit einem Fahrzeug (egal, ob Auto, Fahrrad oder Elektroroller) im Straßenverkehr unterwegs sind. Jemand, der an Alkohol gewöhnt ist und 1,5 Promille im Blut hätte, würde, so Helmut Karl Seitz, mehr recht als schlecht, also nicht besonders gut, aber doch irgendwie fahren. Er könnte aber – im Gegensatz zu jemandem, der nicht an Alkohol gewöhnt ist – das Auto noch steuern, weil sich der Alkohol bei ihm schneller abbaut. Wer einmal einige Zeit abstinent gelebt hat und dann sein altes, gewohntes Verhalten wieder aufnimmt, merkt allerdings schnell, dass er nichts mehr verträgt. Denn die Stoffwechselprozesse, die den Alkohol abbauen, laufen nicht mehr automatisch ab.
Für alle diejenigen, die nicht komplett auf Alkohol verzichten wollen, hat der Mediziner einen Rat:
„Man sollte erstens drauf achten, dass man die empfohlenen Mengen, die man ja nachlesen kann, nicht überschreitet. Und wenn Sie Alkohol trinken, dann sollten Sie auch sehr viel Flüssigkeit in Form von Wasser dazu trinken. Wenn Sie weniger Wasser im System haben, kann es ja sein, dass die Durchblutung schlechter wird, und das ist auch ein Grund, warum Sie zum Beispiel Kopfschmerzen dann bekommen können am anderen Tag.“
Spirituose, -n (f.) — ein Getränk mit einem Alkoholanteil von mindestens 15 Prozent in der Gesamtmenge
klitzeklein — umgangssprachlich für: sehr klein
Molekül, -e (n.) — die kleinste Einheit einer chemischen Verbindung, die aus zwei oder mehreren weiteren kleinen Einheiten (Atomen) besteht
abstinent — so, dass jemand auf etwas verzichtet, was für ihn nicht gut ist (z. B. Alkohol)
Aufputschmittel, - (n.) — ein Mittel, das dabei hilft, wach zu bleiben
Hypertonie (f., nur Singular) — der Bluthochdruck
sich regenerieren — hier: sich erneuern, neues Gewebe bilden
stimulierend — so, dass etwas anregend ist
beschwipst — leicht betrunken
etwas nicht vertragen — hier: etwas aus gesundheitlichen Gründen nicht essen oder trinken können
etwas beherzigen — etwas (z. B. einen Ratschlag) beachten und befolgen
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a) Alkohol wird allgemein nicht als Genussmittel, sondern als Droge betrachtet.
b) Bestimmte Körperfunktionen wie der Schlafrhythmus werden durch Alkoholkonsum negativ beeinflusst.
c) Alkoholkonsum regt die Leber an Fett abzubauen und verändert beziehungsweise baut Leberzellen auf.
d) Durch den Konsum von Alkohol fühlt man sich wacher, fitter und ist leistungsfähiger.
e) Sportliche Betätigungen nach Alkoholkonsum sind nicht zu empfehlen.
f) Menschen, die regelmäßig große Mengen Alkohol trinken, können den Alkohol länger im Blut behalten.
g) Die gesetzlich festgelegte Alkoholobergrenze im fahrenden Straßenverkehr liegt in Deutschland bei 0,5 Promille.
答案 b) e) g)